FDP-Generalsekretärin Nicola Beer hat VW-Chef Matthias Müller nach dessen Vorstoß zur Zukunft des Diesel attackiert und ihn als "Diesel-Judas" bezeichnet. Müller hatte die bestehenden Steuervorteile für Dieselsprit in Zweifel gezogen. Beer schrieb am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit Blick auf Müller: "Frage an den Diesel-Judas: Was tragen Sie denn dazu bei, damit neue Technologien und emissionsfreie Kraftstoffe schneller kommen? Oder nur Abgreifen von noch mehr Subventionen?" In dem Tweet war ein Artikel zu den Aussagen Müllers verlinkt.
Beer konkretisierte später ihre Kritik. Die FDP-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Anstatt berechtigten Forderungen von hohen Wertverlusten betroffener Dieselfahrer nach Entschädigung nachzukommen, will VW-Chef Müller Diesel höher besteuern." Halter und Fahrer dieser Fahrzeuge zahlten bereits heute mehr als 20 Milliarden Euro an Abgaben. "Es gibt also keine Subvention, wie Müller weismachen will. Er will höhere Steuern von Dieselfahrern, die dann als Subvention für Forschung und Entwicklung seinem Unternehmen zufließen sollen."
Der VW-Chef hatte dem "Handelsblatt" gesagt: "Wenn der Umstieg auf umweltschonende E-Autos gelingen soll, kann der Verbrennungsmotor Diesel nicht auf alle Zeiten weiter wie bisher subventioniert werden." Fachleute und Umweltexperten hatten sich ebenfalls gegen dieses Diesel-Privileg gewandt.
VW: "Keine Denkblokaden"
Ein VW-Sprecher sagte in Wolfsburg, VW freue es, dass der Debattenbeitrag von Müller zur Frage, welche finanziellen Anreize wir im Land künftig setzen, um emissionsarme Mobilität voran zu bringen, so breit aufgegriffen worden sei. "Wir brauchen diesen Diskurs. Nichts tun ist keine Option." Dass der moderne Diesel zum Erreichen der strengeren Klimaschutzvorschriften benötigt werde und weiter seinen wichtigen Platz hat, sei völlig klar. "Wenn wir überzeugt sind, dass der E-Mobilität die Zukunft gehört, dann müssen wir aber gleichzeitig die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie aus der Nische fahren kann. Daran sollten Politik und Autoindustrie gemeinsam arbeiten." Dazu gehöre, den richtigen, zukunftsorientierten Rahmen im Verkehrsbereich zu setzen. "Und eben keine Denkblockaden errichten."
Beim Deutschen Kfz-Gewerbe (ZDK) sorgten die öffentlichen Überlegungen von Müller ebenfalls für Kopfschütteln. "Erst löst VW durch manipulierte Dieselfahrzeuge einen Flächenbrand aus, und dann kippt der Chef auch noch Brandbeschleuniger drüber", sagte ZDK-Hauptgeschäftsführer Axel Koblitz am Mittwoch in Bonn. Millionen von Autofahrern hätten sich einen vergleichsweise teuren und als Kfz hoch besteuerten Diesel gekauft in der Überzeugung, bei den Kraftstoffkosten zu sparen und zugleich etwas für den Klimaschutz zu tun. Sie stünden jetzt angesichts drohender Fahrverbote und massiver Wertverluste ihrer Fahrzeuge vor einem Scherbenhaufen.
"Noch schlimmer geht es vielen Händlern, auch denen des VW-Konzerns, die angesichts kaum noch verkäuflicher Gebraucht-Diesel um ihre Existenz fürchten müssten", so Koblitz weiter. Es befremde außerordentlich, dass Müller in einer solchen Situation auf Kosten von Kunden und Vertragspartnern geschmeidig die Seiten wechsele und sich Beifall von Dieselgegnern und dem Bundesrechnungshof abhole.
Bärendienst für Klimaschutz
Die Begründung Müllers, durch seine Vorschläge den Umstieg auf Elektrofahrzeuge fördern zu wollen, sei geradezu abwegig. Der typische Dieselkunde benötige ein langstreckentaugliches Auto, dies könne jetzt und für absehbare Zeit kein Elektrofahrzeug sein. "Wer also dem Diesel den Garaus macht, schürt vor allem den panikartigen massenweisen Umstieg auf Fahrzeuge mit Benzinmotor." Dem Klimaschutz werde damit ein Bärendienst erwiesen, sagte Koblitz mit Blick auf den Anstieg der CO2-Emissionen.
Konkret schlug Müller eine schrittweise Umschichtung der Steuererleichterungen vor. "Das Geld könnte sinnvoller in die Förderung umweltschonender Antriebstechniken investiert werden. Abstriche bei den Diesel-Subventionen, dafür Anreize für Elektroautos, wären das richtige Signal. Das würden wir aushalten, ohne gleich Existenzängste haben zu müssen." (dpa/rp)
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