Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen ist nach Ansicht von Autoverbands-Chef Matthias Wissmann auch ein Weckruf für striktere Prüfungen. Die Debatte um eine schärfere Aufsicht über die nationalen Zulassungsbehörden und realistischere Tests auf EU-Ebene begleite man "mit Unterstützung und Engagement", sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA) am Mittwochabend beim Neujahrsempfang der Branche in Berlin: "Wir werden in all diesen Themen proaktiv sein und nicht auf Defensive spielen."
Mit Blick auf die VW-Affäre meinte Wissmann, dass "auch ein paar neue Schritte gemacht werden müssen, um die Integrität des Prüfregimes in Deutschland und in Europa sicherzustellen". Von einer "Kumpanei" oder Interessenvermischung zwischen Autoherstellern und Behörden wie dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), die Kritiker aus Umweltorganisationen sehen, könne keine Rede sein. Dennoch seien die im September in den USA aufgedeckten Falschangaben von Stickoxidwerten bei VW-Dieselwagen ein Einschnitt in einem sonst erfolgreichen Autojahr 2015 gewesen.
Der VDA-Chef verglich die Entwicklung mit dem Auf und Ab des April-Wetters. Nach der Automesse IAA im Spätsommer sei dann "so etwas wie der Hagel" gekommen. Wissmann wünschte VW-Chef Matthias Müller, der im Publikum war, "Glück und Erfolg" bei der Aufklärung.
Die Autoindustrie nahm er gegen Pauschalurteile in Schutz. "So klar ich sage 'Manipulation geht nicht', so klar sage ich auch: Die ganz überwiegende Mehrheit der Beschäftigten unserer Industrie - auch in dem einen Unternehmen - verhält sich ordentlich." Zudem sei der Diesel als «Brückentechnologie» weiter nötig, um die strengeren Vorgaben zum CO2-Ausstoß auf europäischer Ebene einhalten zu können.
"Aufarbeitung der Vergangenheit"
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte im Hinblick auf das Diesel-Debakel bei VW: "Ich weiß sehr wohl, dass wir uns in diesem Jahr nicht nur mit den freudigen Entwicklungen in der Automobilindustrie auseinandersetzen müssen, sondern auch mit der Aufarbeitung der Vergangenheit." 2016 werde aber vor allem ein Jahr werden, in dem zentrale Weichenstellungen für den Ausbau der bisher schleppenden Elektromobilität in Deutschland gelingen müssten.
"Jetzt geht es darum, den nächsten großen Schritt zu tun", meinte Dobrindt zur Diskussion um neue Fördermaßnahmen wie die von der SPD vorgeschlagenen Kaufprämien für E-Autos, die er bisher ablehnt. "Für mich ist zumindest klar: Wir brauchen ein Bundesprogramm für den stärkeren Ausbau der Ladeinfrastruktur. Und wir brauchen ein Programm, um den Markthochlauf der E-Fahrzeuge anzureizen."
Dobrindt beschrieb am Mittwochabend in Berlin zudem seine Eindrücke aus einem selbstfahrenden Wagen auf der Autobahn 9. Es sei "unvergesslich gewesen, als ich in dem Fahrzeug die Knöpfe gedrückt habe, das Lenkrad von mir weg fuhr und das Fahrzeug dann selbstständig bei 130 km/h sich auf der A9 bewegt und erste Überholmanöver begonnen hat." Seinen Begleitern - Reportern auf dem Rücksitz - sei dagegen etwas mulmig geworden. "Ich habe mich umgedreht - und die Schweißperlen auf der Stirn der Journalisten gesehen", berichtete Dobrindt. "Es war ein ganz neues, aber gutes Gefühl für die. In diesem Sinne: Wir müssen uns dieser und anderen Herausforderungen stellen." (dpa)