Weil in China eine kaufkräftige Mittelschicht heranwächst, denen zwar ein Audi A6 noch zu teuer ist, die aber auch keinen VW Passat oder den ganz ähnlichen Magotan mehr fahren wollen, reagiert Volkswagen nun mit dem Phideon. Die Fünfmeter-Limousine wurde ganz nach den individuellen Wünschen der chinesischen Autofahrer konzipiert und entstand in Zusammenarbeit mit dem langjährigen Joint-Venture-Partner SAIC-Volkswagen in Shanghai. Auch die Produktion erfolgt in China.
Mehr Chrom, mehr Holz, mehr Dekorelemente und ein auf den Fahrer zugeschnittenes, hochmodernes Cockpit zeichnen den Innenraum des Phideon aus. Zentral im Armaturenbrett tickt auf ausdrücklichen Wunsch der Chinesen wie im Luxussegment eine hochwertige Analoguhr. Zusätzlich bietet die Oberklasse-Limousine grandiose Beinfreiheit im Fond. Kein Wunder bei einem Radstand von gut drei Metern. "Der Phideon erfüllt alle Kriterien einer Chauffeurslimousine", sagt VW-Designchef Klaus Bischoff.
Mehr und mehr chinesische Autofahrer lieben es mittlerweile jedoch, sich selbst hinter das Lenkrad zu setzen. Was VW dem Phideon unter die Haube gepackt hat, dürfte sie nicht enttäuschen. Das Messemodell ist mit einem Dreitliter-V6-Benziner (300 PS) und Allradantrieb ausgestattet und wird dann sicher den oberen Rand des Preisrahmens von 400.000 RMB erreichen, umgerechnet rund 55.000 Euro. Die Basis soll bei 300.000 RMB (41.000 Euro) starten und wird den Zweiliter-TSI-Benziner sowie Frontantrieb erhalten. Dieselmotoren mögen die Chinesen nicht. Eher schon Plug-in-Antriebe, weil diese steuerlich subventioniert werden und bessere Aussichten auf die Zuteilung eines Kennzeichens in den Großstädten bieten. VW plant eine GTE-Variante des Phideon im nächsten Jahr.
Modularer Längsbaukasten
Technisch entstand der Phideon – der Name ist ein Kunstwort und soll phonetisch an Fides, die römische Göttin der Treue erinnern – als erster Volkswagen auf dem modularen Längsbaukasten MLB (der Passat basiert auf dem MQB, der Motor ist hier quer eingebaut) und zeigt zudem die neue Designausrichtung der Marke Volkswagen: eine sehr breitenbetontes Gesicht und extrem saubere Karosseriefalze. Die sogenannte Charakterlinie an der Flanke nimmt hier einen Superlativ ein. Mit dem Rekordwert von nur 114 Grad wurde das äußere Karosserieblech so scharf gebogen, dass unterhalb der Linie eine Schattenfuge entsteht, die fast konkav wirkt und dem Phideon eine hohe Präzision verleiht.
Jetzt wird sich Volkswagen die Frage gefallen lassen müssen, warum solch eine Oberklasse-Limousine nicht bei uns angeboten wird? Zumal zwischen dem Passat und dem Phaeton noch wunderbar Platz wäre. Offiziell nimmt VW hierzu keine Stellung. Doch soll der Phideon, so ist zu hören, schon bald auch außerhalb Chinas verkauft werden. Gut möglich, dass eines Tages Europa dazugehört. (sp-x)
Michael Kühn