Die schwache Branchenlage geht auch am zuletzt gut laufenden Geschäft des weltgrößten Autobauers Volkswagen nicht vorbei. Der Konzern wird bei den Aussichten für das kommende Jahr vorsichtiger, Umsatz und Gewinn werden weniger stark steigen als zunächst geplant, wie das Management um Konzernchef Herbert Diess und Finanzvorstand Frank Witter am Montag in einer Telefonkonferenz mit Analysten einräumte. Die Aktie der Wolfsburger sackte zu Wochenbeginn ab. Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs jedoch um 30 Prozent erhöht. Das ist mehr als die Branchenkonkurrenz der größten europäischen Autobauer und Zulieferer im Durchschnitt
Diess sagte, großes Wachstum werde es auch kommendes Jahr im Markt nicht geben. Witter fügte hinzu, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Automarkt hätten sich geändert: "Das Beste der Party ist vorbei." Die mittelfristige Geschäftsplanung aktualisiert VW jährlich mit den Ergebnissen der fünfjährigen Investitionsplanungsrunde, die der Konzern am Freitag beschlossen hatte. Den regulären Ausblick für das Jahr 2020 will Volkswagen mit dem Geschäftsbericht im März veröffentlichen.
Beim Umsatz plant VW 2020 nun nur noch ein Wachstum von mindestens 20 Prozent zu demjenigen von 2016 ein. 2016 hatte VW gut 217 Milliarden Euro Umsatz gemacht, davon ausgehend kalkulieren die Wolfsburger nun mit mindestens knapp 261 Milliarden Euro Erlös im kommenden Jahr. Vorher hatte Volkswagen mit einem Wachstum von mindestens 25 Prozent über den Zeitraum gerechnet - das wären noch rund zehn Milliarden mehr gewesen.
Kosten sparen und unnötige Investitionen vermeiden
VW achtet nach dem Dieseldebakel mit manipulierter Abgassoftware, das bis dato mehr als 30 Milliarden Euro an Kosten verursacht hat, vor allem aufs Kostensparen und die Vermeidung unnötige Investitionen. Den Absatz zu pushen, stehe auf der Prioritätenliste nicht mehr ganz oben, sagte Witter.
Herbert Diess tritt wegen der ab kommendem Jahr strengeren CO2-Abgasregeln in der EU mit der Elektrooffensive die Flucht nach vorn an und will VW damit auch ein grüneres Image verleihen. Für beide Jahre sei man zuversichtlich, die CO2-Ziele einzuhalten, sagte Diess. 2020 sei es nötig, dafür rund vier Prozent der Autos als Elektroautos zu verkaufen, im Jahr danach wolle VW den Anteil auf acht Prozent verdoppeln.
Um die nötigen Milliarden für die neuen Antriebe und neue Technik freizuspielen, muss VW an vielen Ecken und Enden knapp kalkulieren und will unter anderem Stellen abbauen. In den kommenden fünf Jahren sind 60 Milliarden Euro für Elektromobilität, Vernetzung und Software vorgesehen - rund 40 Prozent des gesamten Investitionsbudgets.
Ausgehend vom geringeren Umsatzwachstum wird im kommenden Jahr aber nun auch weniger Gewinn bei Volkswagen übrigbleiben. Das Renditeziel für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen bleibt bei 6,5 bis 7,5 Prozent.
Absatzflaute bei Audi
Fraglich sind die Renditepläne bei der Premiumtochter Audi. Diese im kommenden Jahr zu erreichen, werde anstrengend und womöglich lande man am Ende noch nicht ganz im Bereich von neun bis 11 Prozent Umsatzrendite, sagte Witter. Audi leidet an einer Absatzflaute und fällt derzeit weiter hinter die Rivalen Mercedes-Benz und BMW zurück. Die Werke sind nicht ausgelastet, was die Ingolstädter teuer zu stehen kommt. Im April wird der ehemalige BMW-Manager Markus Duesmann das Amt als neuer Audi-Chef antreten.
Auch die Gewinnaussichten in China schätzt VW nun vorsichtiger ein. Seit über einem Jahr schwächelt der wichtigste Einzelmarkt vor allem bei den Massenmodellen, bei denen VW im Land Marktführer ist. Zwar steht Volkswagen besser da als so mancher Konkurrent, aber ursprünglich hatten sich die Wolfsburger auch hier für das nächste Jahr mehr ausgerechnet, wie Witter einräumte. China steht bei der Kernmarke VW Pkw für rund die Hälfte aller Auslieferungen, im Konzern für rund 40 Prozent. (dpa)