Zum Auftakt der Einigungsgespräche zur Opel-Sanierung wurde erneut um das millionenschwere Abfindungsprogramm des angeschlagenen Autobauers gestritten. Der Betriebsrat sieht sich von der Arbeitsagentur bestätigt, dass Opel dabei eine Frist nicht eingehalten habe und hunderte Beschäftigte zu früh gehen ließ.
In einem am Montag verbreiteten Flugblatt zitieren die Arbeitnehmervertreter aus einem Schreiben der Agentur, dass Entlassungen nach dem Programm erst ab dem 15. Juni rechtssicher möglich seien. Laut Opel-Personalabteilung haben aber bereits im Mai rund 400 Beschäftigte das Unternehmen mit individuellen Abfindungen verlassen. Das Programm wurde Mitarbeitern angeboten, die nicht für Altersteilzeit oder Vorruhestand in Frage kamen. Hunderte weitere Beschäftigte warten darauf, gehen zu können. Im Einzelfall wurden Abfindungen mit bis zu 275.000 Euro Grundbetrag ausgelobt.
Dem Flugblatt zufolge hatte Opel der Agentur in einer "Massenentlassungsanzeige" angezeigt, sich so von bis zu 1.200 der rund 19.000 Beschäftigten in Deutschland trennen zu wollen. Das Unternehmen wies die Darstellung einer Fristverletzung zurück. Die Anzeige sei für die Freiwilligenprogramme rein vorsorglich gestellt worden und rechtlich nicht verpflichtend, erklärte ein Unternehmenssprecher. Die Umsetzung der Freiwilligenprogramme werde in keiner Weise beeinflusst.
Die hessische Regionaldirektion der Arbeitsagentur bestätigte zwar Gespräche mit Opel zu möglichen Entlassungen, wollte zu den Einzelheiten aber aus Datenschutzgründen keine Stellung nehmen. Den Arbeitnehmern gehen die Abfindungsprogramme zu weit. Nach ihrer Einschätzung kann der geplante Personalabbau allein über Altersteilzeit und Vorruhestand erreicht werden.
Mitten in harter Sanierung
Opel ist im August vergangenen Jahres vom französischen PSA-Konzern übernommen worden und steckt mitten in einer harten Sanierung, die ohne Betriebsschließungen und betriebsbedingt Entlassungen gehen soll. Die Auswirkungen auf die deutschen Standorte sollen bis einschließlich Dienstag in der Einigungsstelle zwischen Unternehmen und Betriebsrat besprochen werden. Die IG Metall hatte im Vorfeld der Gespräche erneut verlässliche Planzahlen zu Produktion und Personaleinsatz verlangt. Erst bei entsprechenden Zusagen seitens PSA könne man dann über die Tarifverträge sprechen, hieß es in Gewerkschaftskreisen.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Opel-Standorten riefen die Teilnehmer zu konstruktiven Gesprächen auf. Zusagen und Tarifverträge müssten eingehalten werden, erklärten Malu Dreyer (SPD), Volker Bouffier (CDU) und Bodo Ramelow (Linke). Es sei unerlässlich, dass die Beschäftigten über einen Zukunftsplan eine verlässliche Perspektive über 2020 hinaus bekommen, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. (dpa)
Wolf Grütter