Von Benjamin Bessinger/SP-X
VW kommt mal wieder spät, aber gewaltig. Denn nachdem die Niedersachsen den Trend zum SUV über Jahre verschlafen haben, sind die in den letzten zwei, drei Jahren mit einer ganzen Flut neuer Geländewagen auf die Buckelpiste gestürmt. Und jetzt, wo die Kernsegmente besetzt sind, drängen sie sogar in die Nischen. So, wie sie bei uns deshalb für die IAA in Frankfurt den T-Roc als Cabrio angekündigt haben, bringen sie in den USA am anderen Ende des Portfolios nun den riesigen Atlas als Cross Sport mit Coupé-Heck auf den Weg. Er feiert seine Weltpremiere noch im Oktober bei einem großen Festakt im Werk in Chattanooga im US-Staat Tennessee und soll ab Anfang nächsten Jahres die Lücke schließen, die zwischen dem großen Tiguan und dem eigentlichen Atlas klafft. Und weil er anders als sein großer Bruder durchaus das Zeug zum EU-Import hat, lässt sich VW bei den letzten Abstimmungsfahrten mit dem Prototypen schon mal über die Schulter schauen.
Zwar trägt der noch die komplette Camouflage der Erlkönige, doch die Form kann man trotzdem bereits gut erkennen. Denn vorne orientiert er sich stark am normalen Atlas und hinten lässt sich kaum kaschieren, wie schräg die Heckscheibe steht und wie elegant damit das Dach zum Kofferraum hin abfällt. Auch das Format ist kein Geheimnis: Man muss sich nur an die gleichnamige Designstudie erinnern oder einen normalen Atlas daneben stellen, dann erkennt man auf Anhieb, dass der Crosssport etwa zwei handbreit kürzer ist und so deutlich unter der Fünf-Meter-Marke bleibt. Das kostet zwar innen die dritte Sitzreihe, während der Kofferraum nach wie vor ein riesiges Ausmaß hat und man bei 2,98 Metern Radstand in der zweiten Reihe weiterhin fürstlich sitzen kann. Aber das eröffnet dem Cross Sport womöglich den Weg über den Atlantik. Denn während der siebensitzige Atlas für Europa einfach zwei Nummern zu groß ist, schrumpft er als Coupé auf eine Länge, mit der man in Mannheim genauso gut zurechtkommen sollte, wie in Miami.
VW Atlas Cross Sport (Prototyp)
BildergalerieHinter dem wuchtigen Grill mit den riesigen Scheinwerfern steckt zunächst einer von zwei Motoren, von denen keiner ein Diesel ist. Das Basismodell fährt mit einem 2,0-Liter-Turbo mit 238 PS, die Top-Version mit einem V6-Sauger, der aus 3,6 Litern Hubraum 280 PS holt. Während es den Vierzylinder nur frontgetrieben gibt, bietet VW den V6 auf Wunsch auch mit Allrad an und montiert dann im Grunde das gleiche 4Motion-Paket wie im Tiguan – die entsprechenden Fahrprogramme inklusive.
In den USA ist der Atlas als großer Gleiter ausgelegt und sein schnittiger Bruder macht da keinen Unterschied. Auch der CrossSport-Prototyp lässt es deshalb eher gemütlich angehen, bügelt die Straße glatt wie ein frisch gemangeltes Tischtuch und nimmt mit seiner achtstufigen Automatik nur gemächlich Fahrt auf. Und so tapfer er sich in den wenigen Kurven schlägt, die man im Land der endlosen Geraden finden kann, macht er im aktuellen Set-Up keinen Hehl daraus, dass seine Heimat die Highways sind. Herzrasen jedenfalls soll mit diesem Auto niemand bekommen. Zumindest nicht am Steuer. Beim Design ist das was anderes, sagen die Niedersachsen und schreiben dem Coupé die Rolle als Pulsbeschleuniger unter ihren großen SUV zu. Ob das klappt, wird sich spätestens Ende Oktober zeigen, wenn die Prototypen die Hüllen fallen lassen und sich im vollen Glanz und Gloria präsentieren.
Manfred