Von Branchenberater und AUTOHAUS-Experte Detlef Borscheid
Die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown haben den Verkauf von Gebrauchtwagen auf Talfahrt geschickt. Die Pkw-Besitzumschreibungen gaben in den Monaten März und April um minus 25,8 Prozent und minus 44,4 Prozent nach. Jedoch sanken sie weniger stark als die Neuzulassungen. In den ersten vier Monaten des Jahres war der Rückgang der Halterwechsel etwa halb so groß wie das Minus im Neuwagengeschäft.
Grundsätzlich wird die starke wirtschaftliche Rezession zu einem deutlichen Schrumpfen des Gebrauchtwagenmarkts 2020 führen. Zugleich verursacht die Corona-Krise Veränderungen im Mobilitätsverhalten. Die Bevölkerung nutzt seltener den ÖPNV und häufiger das Auto. Viele Menschen orientieren sich bei der Wahl ihrer Verkehrsmittel infolge der Pandemie um, weil sie sich wegen der möglichen Infektionsgefahr nicht mehr in volle Busse und Bahnen setzen wollen. Der Individualverkehr und damit das Auto gewinnt gegenüber dem öffentlichen Personenverkehr an Bedeutung.
Untersuchungen zeigen, dass Haushalte ohne Pkw das Auto für ihre Mobilitätsbedürfnisse wieder als Alternative sehen. Dies könnte dazu führen, dass sich Haushalte, die zur Zeit keinen Wagen haben, wieder für den Kauf entscheiden. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage – sinkende Einkommen, steigende Arbeitslosigkeit – werden dann eher preiswerte Gebrauchtwagen in Frage kommen als teure Neuwagen, und dies auch eher in den günstigeren älteren Altersklassen.
Auch ist damit zu rechnen, dass die Käufer mit dem Pkw eher innerstädtisch fahren und eine geringe Fahrleistung haben werden. Dies würde für den Kauf eines Gebrauchtwagens in den kleineren Segmenten sprechen. Daher wird der Gebrauchtwagenmarkt im Corona-Jahr 2020 besser abschneiden als der Markt für Neufahrzeuge.
Für das Gesamtjahr werden 6,25 Millionen Pkw-Besitzumschreibungen prognostiziert. Das wären 13,1 Prozent weniger als 2019. Demgegenüber dürften 2,9 Millionen Neuwagen stehen. Das entspräche einem Rückgang um 19,6 Prozent. Diese Prognose berücksichtigt nicht eine mögliche Autokaufprämie, die je nach Ausgestaltung (z.B. Anreize nur für neue Autos) die Gebrauchtwagennachfrage weiter schwächen könnte.
Mögliche Auswirkung von Corona: Mobilitätsbedarf sinkt
Aufgrund der aktuellen Krise ist ein Rückgang des Mobilitätsbedarfs zu beobachten, verstärkt durch Homeoffice und Videokonferenzen, die den Pendlerverkehr und die Geschäftsreisen einschränken. Es ist damit zu rechnen, dass Homeoffice und Online-Meetings sich nicht mehr komplett zurückdrängen lassen, so dass der Pendler- und Geschäftsreiseverkehr tendenziell sinken wird. Aber auch aus sozialen Gründen wird es wahrscheinlich zu einer Kombination von Arbeiten zuhause und im Unternehmen kommen. Auch der Kontakt zum Kunden und Arbeitskollegen an anderen Standorten wird weiterhin wichtig sein, so dass es auch hier eine Kombination zwischen Videokonferenzen und persönlichem Kontakt wahrscheinlich wird. Dies wird längerfristig zu einem geringeren Mobilitätsbedarf und damit zu einer schwächeren Nachfrage nach Neu- und Gebrauchtwagen führen, als es noch vor der Corona-Krise zu erwarten war.