Der Autozulieferer Bosch hat Lieferprobleme bei einem Bauteil für BMW und sorgt damit für massive Produktionsausfälle in München, Leipzig und China. Wann der Engpass behoben wird, ist völlig offen. Einkaufsvorstand Markus Duesmann sagte am Montag in München: "Unser Lieferant Bosch ist zurzeit nicht in der Lage, uns mit einer ausreichenden Zahl von Lenkgetrieben für die BMW 1er, 2er, 3er und 4er Reihe zu beliefern."
In München, Leipzig und im Werk Tiexi im chinesischen Shenyang sei die Fertigung deshalb stark eingeschränkt. In Rosslyn in Südafrika seien eigentlich erst für Herbst geplante Wartungsarbeiten vorgezogen worden. "Wir gehen davon aus, dass Bosch als der verantwortliche Lieferant für den uns entstandenen Schaden einstehen wird", sagte Duesmann.
Bosch teilte in Stuttgart mit, das Unternehmen beziehe ein wesentliches Bauteil für die Lenkung von einem Zulieferer in Italien. "Bei diesem Zulieferer kommt es derzeit zu Lieferproblemen. Bosch arbeitet mit Hochdruck gemeinsam mit BMW und unserem Zulieferer daran, um die Lieferengpässe schnellstmöglich zu beenden und die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten."
Wegen des Engpasses seien bislang mehrere Tausend BMW-Fahrzeuge nicht wie geplant gebaut worden. Ein Großteil davon lasse sich jedoch nachholen, sagte ein BMW-Sprecher. Noch hoffe man, dass Kunden nicht länger auf bestellte Autos warten müssen.
Es fehle ein Gussgehäuse für das Lenkgetriebe der 1er, 2er, 3er und 4er Reihe. BMW produziere noch mit vorrätigen Teilen, etwa aus Lagern von Autohäusern, und mit Ersatzlieferungen von anderen Herstellern, aber das reiche bei weitem nicht aus. In München sei der Engpass seit vergangenem Dienstag, in Leipzig seit Freitag, in Tiexi seit Montag akut. Die Mitarbeiter nutzten nun Gleitzeit und Arbeitszeitkonten, nähmen Urlaubstage oder zögen Wartungsarbeiten vor.
Große Abhängigkeit
Der Fall zeigt einmal mehr, wie abhängig Autokonzerne und Zulieferer heutzutage voneinander sind. Duesmann sagte, die meisten Teile würden punktgenau «just in time» für das jeweilige Fahrzeug auf dem Fließband bereitgestellt. Deshalb könne auch ein fehlendes Kleinteil die Wertschöpfungskette unterbrechen - bis hin nach China.
Christian Vietmeyer vom Verband der Zulieferindustrie sagte: "Nach dem Lieferstopp von Prevent im Streit mit VW wurde über die Abhängigkeit von einem einzigen Zulieferer diskutiert - wie sich das Risiko verringern lässt." Weil Teile für den Golf und den Passat im vergangenen August tagelang fehlten, sahen sich damals 18.000 VW-Arbeiter sogar von Kurzarbeit bedroht. Bei sehr hoch entwickelten, komplexen Teilen arbeiteten Autokonzerne mitunter mit nur einem Zulieferer zusammen, sagte Vietmeyer.
Wo früher zwei Zulieferungen pro Tag reichten, müsse heute das richtige Teil "genau im richtigen Moment beim Auto auf dem Fließband ankommen. Ich kenne ein Werk eines großen Herstellers, in dem es täglich 30 Zeitfenster für Zulieferungen gibt", sagte Vietmeyer. Die Anforderungen an die Zulieferer würden immer spezifischer und detaillierter. "Das führt auch dazu, dass immer mehr Zulieferer Werke nahe an die Autowerke bauen. Bei 30 Zeitfenstern kann eine stundengenaue Zulieferung aus Deutschland für ein Werk in China nicht mehr sichergestellt werden."
Risiko wird für Zulieferer immer höher
Trotz steigender Anforderungen könnten die Zulieferer für die zusätzliche Leistung nicht automatisch auch mehr Geld verlangen. "Im Gegenteil: Das Risiko von Vertragsstrafen und Kostenbelastungen wird für die Zulieferer immer höher", sagte der Verbandssprecher. "Dabei bedeutet eine Produktionsverzögerung noch keinen Verkaufsrückgang. Eine Menge kann nachgeholt werden. Bei einem Produktionsausfall von einigen Tagen wird kein Auto weniger verkauft."
In Leipzig ist der Bau des 1er und 2er BMW von dem Zulieferproblem bei Bosch betroffen, im Stammwerk München der Bau des 3er und 4er, in China und Südafrika der 3er. Die Fertigung des Minis, der X-Modelle und der größeren Baureihen 5er, 6er und 7er sei nicht beeinträchtigt.
Einkaufsvorstand Duesmann zeigte sich "zuversichtlich, dass die Firma Bosch die aktuellen Lieferprobleme zügig in den Griff bekommt. Als einer unserer langjährigsten, größten und grundsätzlich zuverlässigsten Lieferanten ist das Unternehmen zweifellos in der Lage, auch diese schwierige Situation zu bewältigen."
Rückruf in USA
Ungemach gibt es für die Münchner derzeit auch in den USA. Dort muss BMW mehr als 45.000 Autos reparieren, weil sich Türen während der Fahrt öffnen könnten. Der Rückruf bezieht sich auf ältere Fahrzeuge der 7er-Reihe aus den Modelljahrgängen 2005 bis 2008, wie die US-Verkehrsaufsicht NHTSA am Freitag mitteilte. Nach Auskunft von BMW beschränkt sich das Problem auf Wagen in den Vereinigten Staaten. (dpa)