Von Branchenberater und AUTOHAUS-Experte Detlef Borscheid
Das Coronavirus ist in Europa wieder auf dem Vormarsch. Das bekommt auch die Automobilbranche deutlich zu spüren. Im November fiel der Rückgang der Pkw-Neuzulassungen in Europa mit minus 13,7 Prozent fast doppelt so stark aus wie im Oktober (minus 7,1). Insgesamt wurden in den Ländern der EU und EFTA sowie in Großbritannien 1,045 Millionen Pkw zugelassen. In den ersten elf Monaten dieses Jahres schrumpfte der Markt um 26,1 Prozent auf 10,743 Millionen Einheiten.
Die Entwicklung in den einzelnen Ländern verlief wieder recht unterschiedlich, abhängig von der Stärke der Lockdowns und den Stützungsmaßnahmen der Regierungen zur Förderung des Fahrzeugverkaufs.
Deutschland
Hierzulande gaben die Neuzulassungen im Vergleich zum Vorjahresmonat nur um drei Prozent nach. Der relativ geringe Rückgang im Vergleich zu den anderen großen Automärkten in Europa liegt daran, dass:
- der Teil-Lockdown relativ moderat ausfiel, gegenüber den Maßnahmen, die in anderen Ländern getroffen wurden
- starke Verkaufsfördermaßnahmen den Absatz von BEV und PHEV um 444 Prozent gegenüber November 2019 steigen ließ und
- Fahrzeuge zugelassen wurden, die aufgrund von Lieferengpässen nicht in den Vormonaten realisiert werden konnten.
Aufgrund des im November verordneten Teil-Lockdowns, der mittlerweile bis zum 10. Januar 2021 verlängert wurde und wahrscheinlich deutlich verschärfte werden wird, wird sich die Neuzulassungsentwicklung im Dezember abflachen. Teilweise kompensiert wird die schwächer werdende Nachfrage durch zusätzliche Aktionen der Hersteller (u.a. Bewerbung des niedrigeren MwSt.-Satzes zum Ende des Jahres, Zusatzverkäufe von Fahrzeugen mit relativ hohem CO2 Ausstoß).
Frankreich
Die Pkw-Neuzulassungen in Frankreich brachen im November um minus 27 Prozent auf 126.048 Pkw ein. Kumuliert liegen die Zahlen nach den ersten elf Monaten mit 1.463.798 Pkw um 26,9 Prozent unter der entsprechenden Vorjahresperiode.
Im November war der stationäre Autohandel geschlossen. Die Händler konnten aber Fahrzeuge ausliefern, die vor dem zweiten Lockdown bestellt worden waren. Dadurch fiel der Rückgang nicht so stark aus wie bei der ersten Ausgangssperre. Der französische Automarkt wird sich im Dezember weiter nur schwach entwickeln, da die die gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19-Pandemie weiterhin hoch bleiben werden.
Italien
In Italien sanken die Neuzulassungen im November um 8,3 Prozent auf 138.405 Pkw. Dabei gab es recht unterschiedliche Entwicklungen im privaten und gewerblichen Markt. Die privaten Neuzulassungen legten um 12,2 Prozent aufgrund der neuen, im August eingeführten Unterstützungsmaßnahmen der Regierung zu, während die gewerblichen Anmeldungen im November deutlich fielen (minus 32,2 Prozent). Per Ende November liegt das Marktvolumen in Italien bei 1.261.802 Pkw – ein Rückgang von 29,1 Prozent gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode.
Im Dezember wird sich die Nachfrage trotz der staatlichen Förderprogramme nur schwach entwickeln können, da die coronabedingten Einschränkungen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens den Fahrzeugverkauf weiter stark negativ beeinflussen.
Spanien
Das Neuwagen-Geschäft in Spanien schrumpfte im November um 18,7 Prozent auf 75.708 Pkw zusammen. In den ersten elf Monaten dieses Jahres waren es sogar 35,3 Prozent weniger Neuzulassungen. Ohne die im Juli eingeführten Programme "Moves II" und "Renove" wäre der Automarkt noch stärker eingebrochen. Die "Renove"-Anreize für Verbrennungsmotoren sind jedoch ausgeschöpft.
Die strengeren gesundheitspolitischen Maßnahmen, die das wirtschaftliche Leben einschränken und das Konsumentenverhalten negativ beeinflussen, werden die Pkw-Nachfrage in Italien auch im letzten Monat des Jahres schwächen.
Großbritannien
Die Neuzulassungen in Großbritannien sackten im November um 27,4 Prozent auf 113.781 Pkw ab. Der Rückgang für zwischen Januar und November beträgt damit minus 30,7 Prozent. Wesentlicher Faktor für die November-Flaute war, dass der stationäre Handel aufgrund der Corona-Beschränkungen geschlossen war. Der Rückgang fiel weniger gravierend als bei der ersten Schließung des stationären Verkaufs aus, da die Betriebe diesmal besser darauf vorbereitet waren – und der Online-Handel zum Teil den Rückgang im stationären Verkauf kompensieren konnte.
Für Dezember wird ein etwas besseres Neuwagengeschäft erwartet, da der stationäre Verkauf wieder geöffnet ist. Aufgrund der starken restriktiven gesundheitspolitischen Maßnahmen wird der Markt sein Vorjahresniveau allerdings nicht erreichen.
Im Detail: Private und gewerblichen Neuzulassungen in den Top-5-Ländern
Die Privatzulassungen in den "Big 5" entwickelten sich unterschiedlich. Während sie in Deutschland und Italien stiegen, gingen sie in den anderen Ländern teilweise recht deutlich zurück. Der kräftige Anstieg in Deutschland ist darauf zurückzuführen, dass lieferbedingte Verzögerungen im November realisiert wurden. Auch das enorme Wachstum der batterieelektrischen Fahrzeuge aufgrund der hohen Fördermaßnahmen haben dazu beigetragen. In Italien haben die im August eingeführten Unterstützungsmaßnahmen der Regierung geholfen, dass der Privatmarkt im Gegensatz zu den gewerblichen Neuzulassungen positiv abschnitt.
Die gewerblichen Neuzulassungen dagegen waren in allen fünf Ländern rückläufig. Ein wesentlicher Grund für den Rückgang ist, dass die Hersteller bzw. Händler sich mit taktischen Neuzulassungen weiterhin zurückhalten. Auch das Flottengeschäft schwächelt.