Von Holger Holzer/SP-X
Auch ältere Autos lassen sich in "Smart Cars" verwandeln. Dafür braucht es neben einem Smartphone und der passenden App lediglich ein kleines Steckmodul, das an die sogenannte OBD-2-Buchse des Fahrzeugs angeschlossen wird. Auch Technik-Anfänger bekommen das hin, spätestens seit auch die großen Hersteller in das Geschäft eingestiegen sind.
Seit kurzem etwa bietet auch VW für 40 Euro mit dem sogenannten "Dataplug" einen eigenen OBD-Stecker an. Der sogenannte Dongle wird einfach in den passenden Anschluss im Cockpit eingesteckt, wo er die Steuerungssoftware des Fahrzeugs ausliest. Die so gewonnenen Informationen werden dann an die Smartphone-App "Volkswagen Connect" (für iOS und Android kostenlos erhältlich) weitergeleitet und dem Nutzer hübsch aufgearbeitet präsentiert. Unter anderem gibt es ein Fahrtenbuch, einen Überblick über Batteriespannung oder Service-Intervalle sowie einen Tankrechner, der Tankvorgänge erkennt und aus den aktuellen Kraftstoffpreisen die Fahrtkosten errechnet. Außerdem ist in der App ein Parkplatzfinder hinterlegt, der den Nutzer auch zu Fuß wieder zum geparkten Auto zurückführt.
Früher brauchte es IT-Kenntnisse, heute ist es kinderleicht
Lange Zeit mussten sich Autofahrer im Internet mit Dongles und Apps nicht immer nachvollziehbarer Herkunft versorgen, wollten sie den Datenschatz ihres Fahrzeugs heben. IT-Kenntnisse und Tüftlergeist waren ebenfalls vonnöten. Seit einigen Jahren jedoch gibt es die Nachrüst-Vernetzung auch als fertiges Paket aus Soft- und Hardware – aufeinander abgestimmt und in der Regel funktionstüchtig. Zu den bekanntesten Anbietern zählt das Start-up Pace, an dem sich kürzlich der Automobilzulieferer Eberspächer beteiligt hat. Der Kunde zahlt einmalig 120 Euro und kann neben zahlreichen Bordcomputer-Funktionen und dem Fahrtenbuch auch auf ein Diagnose-Programm zugreifen, das die codierten Fehlermeldungen der Fahrzeugsteuerung in Klartext übersetzt. Das soll die Abhängigkeit von der Autowerkstatt reduzieren.
Wie der Autohandel vom Einsatz der OBD-Dongles profitieren kann, zeigen die Experten Rainer Schneider und Thomas Rösch von NTT Data in einem Videokurs bei der Wissensplattform AUTOHAUS next. Mehr erfahren!
Ins Zentrum des Dienst-Angebots hat Carly die Onboard-Diagnose gerückt. Der Dongle soll unter anderem dabei helfen, Tachobetrug zu enttarnen. Dazu wird er an den OBD-Port angeschlossen, von wo er sich anschließend diesen mit einem Smartphone oder Tablet verbinden. Die Gebrauchtwagen-Check-App sucht dann nach Plausibilitätslücken im Fahrzeugrechner. So werden Kilometerstände in der Regel in mehreren Speichern im Fahrzeug hinterlegt. Bei der klassischen Tachomanipulation wird hingegen meist nur der Stand des Kilometerzählers verändert. Carly bietet den Gebrauchtwagen-Check derzeit unter anderem für Fahrzeuge von BMW, Mini, VW, Skoda, Porsche und Mercedes an. Der Preis liegt bei rund 45 Euro.
Geschäftsmodell für Werkstattsysteme, Versicherungen oder Automobilclubs
Darüber hinaus sind bei den unterschiedlichen Anbietern und Adaptern unzählige weitere Funktionen möglich, die OBD-Apps künftig zu einem interessanten Geschäftsmodell für Werkstattsysteme, Versicherungen oder Automobilclubs machen. Denn die Apps können nicht nur Fehlerdiagnose betreiben, sondern auch direkt eine Werkstatt empfehlen. Bei einer Panne wird dann eben nicht der nächstbeste Abschlepper gerufen, sondern der eines Kooperationspartners. Und bei einem Unfall informiert die App direkt die Versicherung, die sich dann um die Schadenabwicklung kümmern kann. Nicht immer ist das unbedingt im Sinne des Kunden, will sie doch die Kosten für Werkstatt, Gutachter und Co. möglichst gering halten. Und gerade für die Assekuranzen ist die Technik attraktiv, lässt sie doch auch eine recht genaue Fahrstilanalyse zu. Diese kann als Grundlage für Telematiktarife genutzt werden, bei denen sich die Prämienhöhe an dem Verhalten des Autofahrers im Alltag bemisst.
Nutzbar sind die OBD-Dongles in einem Großteil der Fahrzeuge der deutschen Pkw-Flotte. Grundvoraussetzung ist das Vorhandensein der Schnittstelle für die On-Board-Diagnose. Eingeführt wurde sie Ende des vergangenen Jahrtausends auf Betreiben der amerikanischen Behörden, die mit ihr die Abgasemissionen von Pkw ein Autoleben lang überwachen wollte. Seit 2001 ist sie in der Version OBD-2 auch in Europa in jedem Benziner, seit 2004 in jedem Diesel an Bord. Meist allerdings gut versteckt und abgedeckt, sodass sie ein Großteil der Autofahrer wohl noch nie zu Gesicht bekommen hat. Übliche Orte sind das Handschuhfach, der Sicherungskasten oder der Bereich unter dem Aschenbecher. Auf jeden Fall im Umkreis von 60 Zentimetern um das Lenkrad – ein bisschen Suchen hilft also. Ausschau gehalten wird nach einem 16-poligen Buchse, die entfernt an den SCART-Anschluss des Fernsehers erinnert.
Fritz Wichmann