Der japanische Renault-Partner Nissan will sich mit der Entscheidung über einen Nachfolger für den in Tokio in Untersuchungshaft sitzenden früheren Verwaltungsratschef Carlos Ghosn Zeit lassen. Eine mit der Nachfolgefrage befasste Kommission werde ihre Beratungen fortsetzen, teilte der Konzern am Montag nach einer Vorstandssitzung in Yokohama mit. Ghosn war am 19. November wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen worden. Er soll sein Einkommen über Jahre hinweg in Offenlegungsberichten zu niedrig angegeben haben. Nur drei Tage nach seiner Festnahme hatte Nissan ihn gefeuert, kurz darauf auch der Allianzpartner Mitsubishi.
Der französische Bündnispartner Renault, der 43,4 Prozent an Nissan hält, hatte dagegen vergangene Woche beschlossen, Ghosn in seinen Ämtern als Vorstands- und Verwaltungsratschef zu belassen. Man habe bislang kein Fehlverhalten feststellen können. Nissan erklärte, Renault umfassend über Ghosns Fall informieren zu wollen. Die Japaner halten 15 Prozent an Renault, haben aber keine Stimmrechte.
In Japan gibt es Spekulationen, wonach Nissan hoffe, den Einfluss des vom Staat gestützten französischen Partners auf das eigene Management zu reduzieren und die Allianz ausgewogener zu gestalten. Renault dagegen wolle seinen Einfluss auf Nissan behalten.
Man wolle vorsichtig in dem Prozess einer Nachfolgeregelung für Ghosn sein, sagte Nissans Vorstandschef Hiroto Saikawa. Er wolle dies nicht überstürzen. Saikawa wird als möglicher Nachfolger von Ghosn gehandelt.
Sonderkommission zur Verbesserung der Konzernführung
Eine zu gründende Sonderkommission aus externen Experten solle sich nun um eine Verbesserung der Konzernführung kümmern, kündigte Nissan an. Empfehlungen hierfür werden im März kommenden Jahres erwartet.
In Paris kursierten unterdessen neue Spekulationen über die künftige Führung von Renault. Wie die Zeitung "Le Figaro" unter Berufung auf namentlich ungenannte Quellen berichtete, könnte der bisherige Chef des großen Reifenherstellers Michelin, Jean-Dominique Senard, bei Renault eine Schlüsselrolle spielen. Der Staat, der mit 15 Prozent bei Renault beteiligt ist, habe den 65 Jahre alten Topmanager als Präsidenten bei dem Autobauer ins Spiel gebracht. Nach diesem Schema würde Renault-Manager Thierry Bolloré Generaldirektor bleiben. Eine Bestätigung dafür war nicht zu erhalten. (dpa)
@Ralf Pfeiffenberger