Einige Diesel-Modelle des italienischen Autobauers Fiat stoßen aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums mit Hilfe "unzulässiger" Abschalteinrichtungen deutlich zu viel schädliche Abgase aus. Dies geht aus einem Schreiben des Ressorts von Alexander Dobrindt (CSU) an die EU-Kommission hervor, das der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag. Zuerst hatte die "Wirtschaftswoche" darüber berichtet.
Fiat wehrte sich gegen die Vorwürfe. Es handele sich um ein internes Schreiben, das dem Unternehmen selbst nicht vorliege, sagte eine Sprecherin der Deutschland-Zentrale in Frankfurt. "Wir bleiben dabei, dass unsere Fahrzeuge die Anforderungen erfüllen und keine Abschalteinrichtung besitzen", hieß es. Im Übrigen wolle man sich in die Arbeit der Behörden nicht einmischen.
Nach Informationen des Magazins ist es das erste Mal nach dem Fall Volkswagen, dass eine Behörde bei einem Autobauer eine solche mutmaßlich gezielte Manipulation bei der Abgasbehandlung beanstandet. Bisher hatte nur VW eingeräumt, bei Abgastests getäuscht zu haben – dies hatte die Diesel-Affäre mit Milliarden-Rückstellungen bei Deutschlands größtem Konzern und millionenfachen Rückrufen ausgelöst.
Nach Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hatte es im Frühjahr bei 22 von 53 getesteten Dieselwagen Zweifel daran gegeben, ob das Herunterregeln der Abgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen wirklich nur mit dem Schutz von Motorbauteilen zu tun hat. Betroffen davon war auch Fiat Chrysler. Einen Termin mit der von Dobrindt infolge des VW-Abgas-Skandals eingesetzten Untersuchungskommission ließ das Unternehmen im Mai platzen. Kurz darauf schaltete das Ministerium italienische Behörden und die EU-Kommission ein – verbunden mit dem Aufruf, eigene Maßnahmen zu ergreifen.
Anschließend führte das KBA Untersuchungen an weiteren vier Fahrzeugen des Fiat-Chrysler-Konzerns durch, wie es nun in dem Schreiben des Verkehrsministeriums hieß. Die Ergebnisse bei den Modellen Fiat 500X, Doblo und Jeep Renegade zeigten ein "qualitativ ähnliches Verhalten im Anstieg von NOx-Emissionen" – also dem Ausstoß von gesundheitsschädlichen Stickoxiden. Die Werte seien bis auf das Neun- bis 15-Fache des Grenzwerts gestiegen. Das liege unter anderem an einer Abschaltung der Abgasrückführung nach 22 Minuten.
"Damit ist aus unserer Sicht der Nachweis des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung erbracht", hieß es in dem Papier. Und: "Die Ansicht der italienischen Typengenehmigungsbehörde, die Abschalteinrichtung werde aus Gründen des Motorschutzes verwendet, kann Deutschland nicht teilen."
"Spitze der Dreistigkeit"
Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup erklärte: "Damit ist endlich amtlich, was Beobachter längst vermuteten. Der VW-Skandal ist ein Branchenskandal." Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Abgas-Skandal im Bundestag, Herbert Behrens (Linke): "Es ist längst klar, dass es sich um ein Branchenproblem und nicht um ein VW-Problem handelt."
Von daher reiche es nicht aus, "dass Verkehrsminister Dobrindt nach Gutsherrenart einige Hersteller an den Pranger stellt und andere letztlich unbehelligt lässt". Behrens ergänzte: "Fiat markiert jedoch die Spitze der Dreistigkeit, denn hier wurde nicht nur bei der Abgasnachbehandlung gespart, sondern auch noch billige Betrugssoftware verwendet." Der Autobauer äußerte sich dazu nicht. (dpa)
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