Als Jaguar vergangene Woche seinen neuen E-Pace präsentierte, könnte so mancher Autofahrer zunächst gedacht haben, es handele sich hier um das erste Elektroauto der britischen Traditionsmarke. Mitnichten. Jaguar erweitert sein Angebot um ein SUV. Der E-Pace fährt im Segment des aus gleichem Hause stammenden Range Rover Evoque, beziehungsweise Land Rover Discovery Sport.
Dem E-Pace dürfte es leichtfallen, neue Kunden an die Marke Jaguar zu binden. Einen attraktiveren Einstieg hat es nie gegeben. Nicht nur optisch, sondern auch preislich. Der E-Pace startet bei 34.950 Euro und wird, wenn er Anfang 2018 auf den Markt kommt, vornehmlich gegen BMW X1/X2 und Audi Q2/Q3 sowie die nächste Generation des Mercedes GLA positioniert.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch ein nicht unwesentliches Problem: Jaguar Land Rover hat mittlerweile ein breites Angebot an SUV und damit einen entsprechend höheren CO2-Ausstoß. Und mit den neuen Dieselmotoren – alle mit SCR-Abgasreinigung – sind die Flotten-Emissionen durchschnittlich auf immerhin schon 165 Gramm pro Kilometer gesunken. Dennoch sind die Briten antriebstechnisch gefordert, um ab 2021 Strafzahlungen an Brüssel zu vermeiden. JLR fällt als kleinerer Hersteller (unter 500.000 Neuzulassungen in Europa) zwar nicht unter die strenge 95-Gramm-Regel beim CO2-Flottenausstoß, doch Wolfgang Ziebart, Direktor Technische Entwicklung Jaguar Land Rover, sagt unmissverständlich: "Wir spielen nach den allgemein gültigen Regeln, spekulieren nicht auf irgendwelche Schlupflöcher."
Zauberwort "Elektrifizierung"
Das Zauberwort heißt, wie derzeit überall in der Autobranche, Elektrifizierung. Bis 2020 will Jaguar Land Rover die Hälfte seiner Modellpalette elektrifiziert haben. "Der Kunde hat dann die Wahl zwischen elektrischem Antrieb, Plug-in-Hybrid und konventionellen Verbrennungsmotor", sagt Hanno Kirner, Vorstand Strategie, und plant für 2025 sogar, das gesamte Kernportfolio zu elektrifizieren.
Künftig soll es zwei modulare Haupt-Architekturen geben, auf denen alle Modelle stehen. Eine Ausnahme bildet lediglich der 2018 erscheinende I-Pace, ein Leuchtturmprojekt und Erstlingswerk. Angeblich liegen schon so viele Bestellungen vor, dass die erste Jahresproduktion ausverkauft sein soll. "Wir können Tesla danken, dass sie das Segment der Premium-Elektrofahrzeuge geschaffen haben", freut sich Ziebart.
Während die Batteriezellen für Jaguars ersten Stromer von LG Chem aus Korea geliefert werden, hat man sich von der ursprünglichen Idee, auch den Elektromotor zuzukaufen, verabschiedet. Es ist eine Eigenkonstruktion. Die Leistung beträgt 150 kW / 204 PS, das Drehmoment 350 Nm. Der I-Pace bekommt jeweils einen Motor für die Vorder- und die Hinterachse. Auch Land Rover wird dieses Layout für seine Modelle nutzen. Hier allerdings erhält das sonst verwendete Eingang-Getriebe aufgrund der geforderten Geländefähigkeiten eine Untersetzung.
V8-Motor bleibt
Die Elektrifizierung hat bei JLR auch Einfluss auf den modular aufgebauten Ingenium-Benziner. Derzeit gibt es den Zweiliter-Turbo mit Leistungen von 200 und 250 sowie jüngst auch 300 PS. Für die jeweiligen Plug-in-Hybridvarianten ist ein Dreizylinder mit 1,5-Liter Hubraum in der Entwicklung. Nach oben rundet ein Sechszylinder-Reihenmotor das Angebot ab. Das größte Ingenium-Aggregat ersetzt jedoch nicht den derzeitigen V8-Motor in den Sportmodellen, zumindest vorerst nicht. Aufgrund der relativ kleinen Stückzahlen kann sich Jaguar Land Rover diesen "CO2-Ausrutscher" erlauben. Kirner versichert: "Der Achtzylinder behält mittelfristig seine Daseinsberechtigung."
2019 dürfte bei dem britischen Autokonzern ganz im Zeichen des Plug-in-Antriebs stehen. Die Marke Land Rover stattet damit die zweite Generation des Evoque aus. Zum Einsatz kommt hier erstmals die Kombination aus Elektromotor plus Dreizylinder-Benziner. Noch im selben Jahr könnte Jaguar sein Flaggschiff XJ an den Start schicken. Der XJ soll zumindest sofort als Teilzeit-Stromer unterwegs sein. Gerüchten nach ist sogar von einem vollständigen Elektroantrieb die Rede. Und letztlich bleibt wohl auch der neue Defender von der Elektrifizierung nicht verschont, selbst wenn die Hardcore-Fraktion ihre Geländewagen-Ikone am liebsten und ausschließlich konventionell angetrieben sehen möchte. Medienberichten zufolge, nach denen der Defender erst 2021 erscheinen soll, verneint übrigens Konzernchef Ralph Speth, ohne jedoch zu sagen, wann es denn genau losgeht. Nur so viel: "Wir möchten dieses Fahrzeug so schnell wie möglich auf der Straße haben."