War die Wahl des VW-Aufsichtsrats 2016 eventuell nichtig? Diese Frage hat am Montag das Landgericht Hannover beschäftigt. Im Fokus stand die Klage eines Volkswagen-Aktionärs und einer Verbraucherzentrale für Kapitalanleger gegen die Bestimmung des VW-Vorstands und -Aufsichtsrats im Vorjahr. Vor der ersten Kammer für Handelssachen machten die Kläger geltend, dass mehrere Beschlüsse der Volkswagen-Hauptversammlung aus dem vergangenen Jahr nicht mit dem Kodex einer guten Unternehmensführung vereinbar seien.
Vor allem vier der gewählten Kandidaten im Aufsichtsrat seien nicht unabhängig genug, um dem Vorstand gründlich auf die Finger zu schauen, kritisierte der Ökonomie-Professor Christian Strenger. Bei der Befragung durch das Gericht zu den Schwerpunkten seiner Klage zählte er dazu unter anderem den früheren VW-Finanzchef Hans Dieter Pötsch. Ein weiterer Kritikpunkt war die Dividenden-Ausschüttung, die nach Ansicht der Kläger nur dank der Auflösung von Rückstellungen möglich war. Die Entlastung des Vorstands angesichts des Debakels durch die Schadstoff-Manipulationen war ein weiterer Klagepunkt.
Der Rechtsanwalt der Gegenseite, Ralph Wollburg, wies dies jedoch mit Hinweis auf geltendes Aktienrecht zurück. "Wir reden hier über die Kompetenz der Hauptversammlung, insofern sehe ich hier keine rechtliche Grundlage", sagte er mit Blick auf die Klagen. Wenn die Mehrheit der Aktionäre auf der Hauptversammlung dem Vorstand durch die Entlastung das Vertrauen ausgesprochen habe, könne das nicht von zwei Aktionären anschließend ohne Weiteres angefochten werden.
Richter Matthias Kannengießer sprach von einem anspruchsvollen und komplexen Verfahren. "Für das Gericht ist es schwierig, da was vorzuschlagen", gab er zu, nachdem ein Schlichtungsversuch angesichts der unterschiedlichen Interpretationen der Rechtslage durch beide Parteien gescheitert war. Das Gericht muss nun vor allem auch die rechtliche Qualität von selbst auferlegten Verpflichtungen des Konzerns prüfen. Nach der Verhandlung am Montag will es seine Entscheidung am 14. September verkünden. Zuvor haben die Kläger noch drei Wochen Zeit, um dem Gericht Ergänzungen zukommen zu lassen.
"Ich bin sehr zuversichtlich heute, beide Seiten haben sich sehr gut ausgetauscht", sagte anschließend Kläger Strenger. Von der Gegenseite gab es dagegen zunächst keinen Kommentar. "Wir äußern uns nicht zu laufenden Verfahren", erklärte VW-Justiziar Jesko Rosenmüller. (dpa)