Von Peter Weißenberg/SP-X
Manager aus der Autoindustrie haben gerade in einer anonymen Umfrage der Unternehmensberatung KPMG zu Protokoll gegeben, dass sie mehrheitlich eher mit einem Scheitern der batteriegetriebenen Elektroautos rechnen. Drei Viertel von ihnen meinen aber, dass Wasserstoffautos die Zukunft gehört.
Da mag Frank Meijer, in Hyundais Europazentrale zuständig für alternative Antriebe, nicht widersprechen - sitzt er doch gerade am Steuer des neuesten Angebotes mit diesem Antrieb. Im Sommer wird der Nexo auf den Markt kommen. In der Hyundai-Zentrale ist der Wagen gerade zur ausgiebigen Begutachtung angetreten - nur Fahren war noch nicht erlaubt.
Auf eigener Plattform produziert
Im Gegensatz zum Vorgängermodell auf Basis des ix35 rechnet Meijer diesmal mit einer größeren Chance, auch mehr als ein paar Hundert normale Kunden für den exotischen Antrieb zu begeistern. Vor allem, weil der Nexo eben selber auch so ein Normalo ist. Er bietet auf 4,67 Meter Länge eine Menge Platz, und dank 2,67 Meter Radstand wohl Reisemöglichkeiten für fünf Personen mit 461 Liter Kofferraum.
Vom Brennstoffzellenantrieb ist im Nexo nichts zu sehen - das SUV ist Hyundais erster Wasserstoffwagen, der eine eigene Plattform maßgeschneidert bekommen hat. Dadurch sind etwa die drei Tanks so montiert, dass eine ebene Ladefläche und klappbare Rücksitze eingebaut werden konnten.
Im Inneren wird’s futuristisch; da wirkt der Nexo vor allem dank zweier hochstehender Riesenbildschirme - vor dem Fahrer in sieben Zoll, rechts daneben ein Zwölf-Zoll-Touchscreen - ähnlich der Mercedes E-Klasse noch moderner als der Volkswagen.
Und bei Assistenzsystemen zeigt Hyundai mit diesem Fahrzeug ebenfalls für die Marke neue Features wie autonomes Spurfolgen bis zu 145 Stundenkilometern oder Einparken per Knopfdruck von außen. Bei entsprechender Rechtslage wäre der Nexo noch per Update zu mehr Aktionen ohne menschlichen Fahrer bereit.
Hyundai Nexo
BildergalerieIntelligentes Cockpit
Saubere Verarbeitung, ordentliche Kunststoffe und auch ein Hauch von Premium-Schick wie voll versenk- und ausfahrbare Türöffner und Alu-Hebelchen werden besagten Normalo wohl ebenfalls anlocken können. Wirklich cool ist das neuartige "intelligente Cockpit", das die Koreaner im Nexo zeigen. Ein Zuruf an die Tür - und sie öffnet sich automatisch.
Das Auto erkennt die Fitness des jeweiligen Fahrers mittels Sensoren im Sitz und warnt bei Schwäche. Und selbst wenn der Fahrer nuschelt: "Fahr nach Hause und mach das Schiebedach auf" erledigt der Nexo Routenplanung und Frischluftbefehl parallel. Per Update könnte der Hyundai später noch andere Funktionen wie das Bedienen des Smart-Home dazulernen. Für Technik-Freaks und Komfortverliebte kann so etwas ein Kaufgrund sein.
Entscheidender Fortschritt soll allerdings das harte Preis-Leistungsverhältnis sein. Beim Einstiegspreis wird der deutlich wertigere Nexo einige Euro billiger als sein kleinerer Vorgänger sein; der kostete rund 65.000 Euro.
Und er wird deutlich bessere Fahrleistungen bieten. 179 Kilometer Höchstgeschwindigkeit, 163 PS und ein maximales Drehmoment von 395 Newtonmetern verhelfen dem Nexo zu ordentlichen Leistungen im Langstreckenverkehr. In 9,5 Sekunden soll es aus dem Stand auf die 100-Stundenkilometermarke gehen - ganze drei Sekunden schneller als im betulicheren ix35 Fuel Cell. Ein komplett neugestaltetes Brennstoffzellensystem ermöglicht zudem einem um 60 Prozent höheren Wirkungsgrad - und fast 800 Kilometer Reichweite nach dem neuen wirklichkeitsnäheren europäischen Fahrzyklus NEFZ. Fast ein Drittel mehr als im Vorgänger.
Aber natürlich weiß auch Manager Meijer dass bei allen Verbesserungen ein Manko auch im Nexo nicht so schnell auszumerzen ist: der eklatante Mangel an Zapfsäulen. Außerhalb großer Metropolen sind oft über mehr als 100 Kilometer weit keine Tankstellen zu finden, und auch in den Städten sind nicht selten die Zapfsäulen defekt oder nicht rund um die Uhr zugänglich. Es gibt derzeit ohnehin nur 42 deutschlandweit, 33 weitere sind im Bau.
Eigene Tanksäule von Vorteil
So gesehen dürften wohl auch den Nexo eher Flottenbetreiber, vorzugsweise mit eigener Säule, oder ausgeprägte Langstreckenpendler zwischen Großstädten kaufen. Meijer kann jedoch auf Rückenwind der deutschen Industrie hoffen: Ein Wasserstoff-Konsortium aus OMV, Shell, Linde, Total und anderen Konzernen will immerhin bis Mitte des kommenden Jahrzehnts die Versorgung flächendeckend sicherstellen - und mit Daimler bringt eines der Mitglieder in diesem Jahr noch einen SUV vom Typ GLC als Brennstoffzellen-Hybriden (plus kleinem E-Motor) auf den Markt. "Das ist gut", sagt Meijer. Konkurrenz belebt schließlich die Nachfrage; vor allem solche aus Deutschland.