VW-Patriarch Ferdinand Piëch wehrt sich gegen eine Entscheidung des Stuttgarter Oberlandesgerichts, derzufolge er seine Pflichten als Aufsichtsrat verletzt hat. "Eine Pflichtverletzung meinerseits kann ich – auch nach Durchsicht des Urteils des OLG Stuttgart – nicht sehen", teilte Piëch am Sonntag in Stuttgart mit. "Das OLG schätzt die Situation meines Erachtens nicht zutreffend ein". Piëch will nun eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen und damit erreichen, dass er gegen das Urteil in Revision gehen kann. Denn die Richter hatten eine Revision nicht zugelassen.
Hintergrund er Gerichtsentscheidung sind Äußerungen Piëchs bei der Präsentation des neuen VW Polo auf Sardinien im Mai 2009. Im Gespräch mit Journalisten hatte er nach Überzeugung der Richter sinngemäß gesagt, er habe sich keine Klarheit über die Risiken der Optionsgeschäfte von Porsche verschaffen können und wisse nicht, wie hoch die Risiken seien. Das bewerteten die Richter als "schwerwiegende Pflichtverletzung" und erklärten deshalb die Entlastung des gesamten Aufsichtsrates der Porsche SE für das Geschäftsjahr 2008/09 für nichtig.
Doch dem tritt Piëch nun entgegen. "Meine Kernposition, die ich zum Ausdruck bringen wollte, war, dass ich das vom damaligen Vorstand verfolgte Konzept nicht mehr als den richtigen Weg für die Zukunft angesehen habe. Deshalb war ich auch der Auffassung, dass die Optionen – und die damit naturgemäß verbundenen Risiken – nicht länger aufrecht erhalten werden sollten", betonte er am Sonntag.
Niedersächsische Staatskanzlei im Visier
Unterdessen hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft im Zuge der Ermittlungen nach der gescheiterten Übernahme von VW durch Porsche Akten von der Staatskanzlei in Hannover angefordert. Eine entsprechende Anfrage sei eingegangen, sagte der Sprecher der niedersächsischen Landesregierung, Franz Rainer Enste, am Samstag zu einem entsprechenden Bericht der "Wirtschaftswoche". Die Akten würden derzeit zusammengestellt. Weil es sich um ein schwebendes Verfahren handele, wolle er sich inhaltlich nicht weiter äußern, sagte Enste.
Anfang Februar waren Vorwürfe gegen die niedersächsische Staatskanzlei laut geworden, früher als bisher angenommen von den Übernahmeplänen Porsches gewusst zu haben. Damit hätte auch der damalige Ministerpräsident Niedersachsens, Christian Wulff, Kenntnis von der Übernahmeabsicht haben können. Wulffs damaliger Chef der Wirtschaftsabteilung, der heutige CDU-Bundestagsabgeordnete Mathias Middelberg, hatte die Vorwürfe allerdings zurückgewiesen. Das Land Niedersachsen und Wulff hatten ihm zufolge keine Vorab-Kenntnisse von der Übernahme gehabt.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt bereits seit längerem gegen frühere Spitzenmanager von Porsche, darunter gegen den früheren Konzernchef Wendelin Wiedeking. Dabei geht es unter anderem um den Verdacht der Marktmanipulation. Porsche hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. (dpa)