Die Chefs großer europäischer Autokonzerne sehen die Übernahme von Opel durch PSA nur als ersten Schritt für weitere Allianzen in der Branche. Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne sagte am Dienstag auf dem Genfer Autosalon: "Ich habe keine Zweifel, dass zur gegebenen Zeit VW auftauchen könnte, um sich zu unterhalten." PSA und Opel zusammen bedrohten Volkswagen am meisten, weil sie dem Marktführer mit dem Zusammenschluss in Europa auf den Fersen folgten.
Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte, in Europa sei noch Fiat Chrysler übrig – alles andere sei schon gut verteilt. BMW-Chef Harald Krüger meinte in Genf: "Die Digitalisierung verlangt neue Allianzen", denn "was an Anforderungen auf uns zukommt, ist schon ein gigantischer Sprung". Zusammen könnten Unternehmen neue Kompetenzen schneller und günstiger aufbauen und auch gemeinsame Standards schaffen. Der milliardenschwere Kauf des Kartendienstes Here durch Audi, BMW und Daimler sei nur ein Beispiel dafür. "In diesem Bereich sehen wir Allianzen, die früher nicht denkbar waren", sagte Krüger.
Für Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn ist es "keine Überraschung, dass die Konsolidierung in der Autoindustrie weitergeht". Die technischen Umbrüche und die erforderlichen hohen Investitionen seien Treiber dieser Entwicklung. Ob man Nummer eins, zwei oder drei auf dem Markt sei, sei unwichtig fürs Geschäft. Größe allein könne sogar schädlich sein, wenn Synergien nicht gehoben würden.
Aber der Zugang zu gemeinsamen Plattformen und Technologien könne eine Situation schaffen, von der alle profitieren. Die 17 Jahre alte Allianz von Renault und Nissan habe zu keiner Kannibalisierung geführt, jede Marke habe ihre Eigenständigkeit behalten – und nach der Ausdehnung der Allianz auf Mitsubishi werde das auch für diese japanische Marke gelten.
Ein VW-Konzernsprecher sagte, VW habe sich seit vielen Jahren strategisch aufgestellt. Mit seinen Marken habe das Unternehmen ein hervorragendes Portfolio, das weltweit einzigartig sei.
Marchionne: Neuer Anlauf bei GM?
Marchionne fordert seit Jahren mehr Zusammenschlüsse speziell unter europäischen Autobauern – die Werke seien zu schlecht ausgelastet und die Entwicklungskosten der Branche zu hoch. Jetzt sehe er keinen Grund, es nicht auch einmal wieder bei General Motors (GM) zu versuchen. Vor zwei Jahren war er bei den Amerikanern abgeblitzt.
GM will sich nun mit Opel und der Schwestermarke Vauxhall von seinem chronisch verlustreichen Europa-Geschäft trennen. Für das Autogeschäft von GM Europe legt PSA 1,3 Milliarden Euro auf den Tisch. PSA-Chef Carlos Tavares sagte in Genf, Opel müsse als deutsche Marke erkennbar bleiben. Die GM-Tochter ist seit 17 Jahren in der Verlustzone. PSA will Opel bis 2020 profitabel machen. Auf die Frage, ob er Opel-Chef Karl-Thomas Neumann freie Hand lasse, sagte Tavares: "Mit der Freiheit ist es sehr simpel: Sie hängt stark von der Profitabilität ab – je profitabler du bist, desto mehr Freiheit hast du." (dpa)