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Frankreichs Wirtschaftsminister: "Renault kämpft um sein Überleben"

22.05.2020 12:43 Uhr
Frankreichs Wirtschaftsminister: "Renault kämpft um sein Überleben"
Renault wird in der Corona-Krise zum Testfall, wie die französische Wirtschaft und der Staat den beispiellosen Einbruch überwinden können.
© Foto: Renault

Renault gehört zu Frankreich wie Baguette und Camembert. Doch die Corona-Pandemie verschlimmert eine seit längerem schwelende Krise. Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire findet nun deutliche Worte.

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Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire sieht den Autohersteller Renault in einer schweren Krise. "Renault kämpft um sein Überleben", sagte Le Maire der Zeitung "Le Figaro" am Freitag. Der Konzern habe ein staatlich garantiertes Darlehen von fünf Milliarden Euro beantragt, so der Minister. "Ich habe dieses Darlehen noch nicht unterzeichnet." Die Regierung fordere von Renault, "Verpflichtungen in drei Bereichen einzugehen: beim Elektrofahrzeug, beim Respekt gegenüber ihren Zulieferern und bei der Lokalisierung ihrer technologisch fortschrittlichsten Aktivitäten in Frankreich".

Le Maire betonte außerdem, dass Renaults große Fabrik Flins im Pariser Großraum nicht geschlossen werden dürfe. "Dies ist die Position der Regierung und des Staates als Aktionär", sagte Le Maire am Freitagmorgen dem Sender Europe 1. Man warte nun auf die Vorschläge des Renault-Vorsitzenden. "Es besteht dringender Handlungsbedarf", warnte er. "Renault kann verschwinden, die großen Industriehersteller können verschwinden." Er habe den Ernst der Krise nie verheimlicht und verheimliche den Ernst der Situation von Renault nicht, so der Minister.

Allerdings wisse er auch, dass Renault über außergewöhnliche Ressourcen, außergewöhnliche Technologien, motivierte Mitarbeiter und kompetente Arbeitskräfte verfüge. Seiner Meinung nach kann und wird das Unternehmen wieder auf die Beine kommen, wenn es eine Strategie definiere. Le Maire sieht dabei als richtige Strategie, das Unternehmen zu einem der technologisch fortschrittlichsten Hersteller der Welt zu machen, der bei Elektrofahrzeugen an der Spitze steht.

Schon nach dem Skandal um den früheren Konzernchef Carlos Ghosn war der Hersteller in Turbulenzen geraten. Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Absatzeinbruch führten zu der verschärften Krise. Generell sagte Le Maire zu "Le Figaro": "Ich habe keine Skrupel, unsere Unternehmen zu retten. Welche andere Lösung gibt es? Sich mit Hunderttausenden von Entlassungen und Konkursen abzufinden? Das wäre für unsere Wirtschaft tödlich gewesen."

"Es besteht dringender Handlungsbedarf", so Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire.
© Foto: picture alliance / Christophe Archambault / AP Images

Laut Medienbericht vier Standorte im Heimatland bedroht

Das Enthüllungsblatt "Le Canard Enchaîné" löste mit einem unscheinbar auf Seite Drei platzierten Bericht Unruhe, Wut und Kritik aus. Demnach sind vier Standorte im Heimatland gefährdet, dazu gehöre auf längere Sicht auch die große Fabrik Flins im Pariser Großraum. Renault ließ die Informationen unkommentiert. Die Tageszeitung "Le Figaro" berichtete am Donnerstag, Flins mit bisher rund 2.400 Stammbeschäftigten könnte möglicherweise weiterarbeiten, aber beispielsweise als Recylingzentrum, nicht als Autofabrik.

Die Covid-19-Pandemie forderte in Frankreich über 28.000 Todesopfer, und sie ist noch längst nicht vorbei. Renault wird nach Ansicht von Kommentatoren so etwas wie ein Testfall, wie die Wirtschaft und der Staat den beispiellosen Einbruch überwinden. Und Renault ist ein besonders heikler Fall. Der Staatsanteil schrumpfte im Laufe der Zeit zwar auf 15 Prozent, doch Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire hat bei dem Traditionshersteller immer noch viel zu sagen.

Schon nach dem Skandal um den früheren Konzernchef Carlos Ghosn war der Hersteller in Turbulenzen geraten. Ghosn war Ende 2018 wegen Vorwürfen in Japan festgenommen worden, er flüchtete am vergangenen Jahreswechsel in den Libanon. Der einst schillernde Architekt des Autobündnisses mit Nissan und Mitsubishi rühmt weiter seine Qualitäten: "Heute sind vier Menschen nötig, um mich zu ersetzen", sagte er einmal einer französischen Zeitschrift: "Addieren Sie ihre Gehälter, die ihrer Mitarbeiter, ihre Reisen, ihre Kosten: Sie werden sehen, dass ich in Wirklichkeit ein Low-Cost-Chef war!"

Zwei Fluchthelfer festgenommen

Ob das stimmt oder nicht - die Ära Ghosn und ihre Folgen beschäftigen auf jeden Fall Behörden auf der ganzen Welt. Fahnder stellten in den USA zwei Männer, die Ghosn zu seiner spektakulären Flucht verholfen haben sollen. Die 27 und 59 Jahre alten Männer wurden am Mittwoch in Harvard im US-Bundesstaat Massachusetts wegen Fluchtgefahr zum Zwecke der Auslieferung nach Japan vorläufig festgenommen, wie Justizministeriums-Sprecherin Nicole Navas auf Anfrage bestätigte.

Michael und Peter T. - es handelt sich um Vater und Sohn - sind in Japan angeklagt. Sie sollen der einstigen Manager-Ikone geholfen haben, Ende Dezember 2019 Japan unter abenteuerlichen Umständen und unter Verstoß gegen die Kautionsauflagen verlassen zu haben. Ghosn soll in einer Kiste versteckt gewesen sein, die am Flughafen als Gepäck für Musikinstrumente deklariert und nicht durchleuchtet wurde.

Renault war nach dem Rücktritt Ghosns 2019 erstmals seit zehn Jahren in die roten Zahlen gerutscht. Es muss richtig gespart werden. Die Kosten sollen um mehr als zwei Milliarden Euro sinken. Interimschefin Clotilde Delbos hatte schon im Februar deutlich gemacht, dass Fabriken in Frankreich und in der ganzen Welt auf dem Prüfstand stehen. "Wir haben kein Tabu, wir schließen nichts aus", so lautet die Devise der knallharten Generaldirektorin. (dpa)

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KOMMENTARE


Bonjour Tristesse

22.05.2020 - 14:17 Uhr

Hoffentlich können sie noch die Abfindungen für ausscheidende Vertragsknechte, ähm -händler zahlen ...


Henry

22.05.2020 - 16:55 Uhr

Schlimmer als Konkurse oder Werksschliessungen sind Etatismus (In Frankreich seit 1789), Sozialismus und Staatswirtschaft. Der Niedergang der europäischen Hersteller ist zum Teil hausgemacht (FFF, irrsinnige Diesel-Verteufelung, Stimmungsmache von staatlicher Seite (orchestriert /toleriert) gegen den Individualverkehr per se) in Frankreich tut die CGT ihr übriges. Ein Megane kostet in der Herstellung gleich viel wie ein 1er BMW aus Leipzig. Dank € können die Franzosen, wie früher mit dem Franc nicht mehr abwerten, so wird es wohl die französischen Hersteller zuerst erwischen, im Anschluss dann die hiesigen. Siehe Unterhaltungs/HiFi/Fernsehindustrie, Weißware, Textilindustrie, Möbelindustrie usw.usw. Ich frage mich nur, wenn wir gar nichts mehr herstellen, nur noch eine riesige staatliche Verwaltung und ein paar Dienstleistungs-Arbeitsplätze und etwas Handel haben, wie das funktionieren soll.


Bernd K.

26.05.2020 - 08:12 Uhr

Frankreich wird zum aktuellen Zeitpunkt Renault nicht pleite gehen lassen. Es wird Geld durchgereicht, es werden staatliche Vorgaben durchgedrückt und Renault wird es in der Zukunft nicht leichter haben. Aber es wird vorerst weitergehen.


Gerhard Krauser

26.05.2020 - 11:54 Uhr

Hausgemachte Krise durch eine verfehlte Modell- und vor allem unattraktive Preispolitik seit 2012 - Neues Design ok, ab Clio IV ok, Captur zeitgemäß, die Zusammenarbeit mit Smart für die Produktion beim Twingo für beide Konzerne ok, bei der Renault Kundschaft hat sich dieses Fahrzeug niemals durchgesetzt. Der Kadjar kommt spät und ist ein Nissan. Das Festhalten an Nachfolgern von Espace, Scenic, Megane und Talisman zu Volkswagenpreisen - unfassbar! Zu volkstümlichen Preisen gegenüber den deutschen Marktführern hätte Renault diese Fahrzeuge gut am Markt platzieren können ... Bei Dacia funktioniert es übrigens!


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