Von Michael Gebhardt/SP-X
Es war freilich nur eine Frage der Zeit, bis auch Porsche auf den SUV-Coupé-Zug aufspringt und mit einem abgeflachten Cayenne zum Konter gegen BMW X6, Mercedes GLE Coupé oder Audi Q8 ausholt. Schließlich verdient der Zuffenhausener Sportwagenbauer sein Geld schon lange nicht mehr mit flachen Zweitürern, sondern lockt mit Cayenne, Macan und Panamera die Kunden in die Schauräume. Mit dem Cayenne Coupé wartet dort ab sofort eine weitere, kostspielige Hochbeiner-Variante: Mindestens 83.711 Euro werden fällig, also ein paar Tausender mehr als für den normalen Cayenne.
Was man dafür bekommt? Ein sportliches SUV, das weniger klopsig aussieht als die Derivate von BMW und Mercedes, und deutlich stylischer als der recht zahme Audi. Chef-Designer Michael Mauer hat vieles richtig gemacht, unabhängig davon, ob einen die die nach der B-Säule stark abfallende Dachlinie wirklich an den 911 erinnert oder nicht. Bleibt nur zu hoffen, dass das Cayenne Coupé nicht zu rund ist, um auf Dauer zu begeistern. Ecken und Kanten, an denen man sich reiben könnte, gibt es nämlich kaum. Dafür noch nie dagewesene Schmankerl: Serienmäßig ist ein über zwei Quadratmeter großes Glasdach von Holm zu Holm verbaut, ohne störenden Rahmen; alternativ gibt’s im Leichtbau-Sport-Paket zusammen mit Retro-Sitzen im Pepita-Look auch ein Carbon-Dach, das die Kopffreiheit ein bisschen vergrößert und 21 Kilogramm weniger wiegt.
Beides fällt nicht wirklich ins Gewicht: So oder so wiegt der schräge Cayenne weit über zwei Tonnen und auch mit dem Glasdach sitzen zumindest durchschnittsgroße Fahrgäste auf der Rückbank kommod. Die hat Porsche der Möglichkeit zur Längsverstellung beraubt, so ließ sich das serienmäßig zweisitzige Fauteuil drei Zentimeter tiefer installieren. Geblieben ist die Neigungsverstellung der Lehnen und ohne Aufpreis gibt’s statt dem Ablageflach in der Mitte auch einen dritten Sitz. Dass sich das flache Dach auch auf den Kofferraum auswirkt, ist klar. Allerdings muss man nur auf rund 150 Liter Stauraum verzichten und darf immer noch zwischen 640 und 1.540 Liter hinter die elektrisch auf- und zuschwingende Klappe packen. Ladung, die wie bei Porsche üblich, gut gesichert werden sollte. Denn: Egal ob SUV-Coupé oder reinrassiger Sportwagen, in Sachen Fahrdynamik macht den Zuffenhausenern so schnell keiner was vor.
Porsche Cayenne Coupé (2020)
BildergalerieNatürlich ist die schwere Masse des Cayenne Coupés ein Fakt, der sich nicht wegdiskutieren lässt. Was aber die Ingenieure um diese Tatsache herum entwickelt haben, verdient wieder einmal Respekt. Ausgesprochen beweglich tänzelt das Coupé über die Landstraße, liegt auch bei hohem Tempo dank des ausfahrenden Heckspoilers satt auf der Straße, schmiegt sich, vor allem in Kombination mit den mitlenkenden Rädern an der etwas breiteren Hinterachse, äußert agil in die Kurve und lässt sich fast noch präziser dirigieren als die Wiener Philharmoniker; allein klanglich kann es mit denen nicht ganz mithalten. Zumindest wenn man zu einem der beiden V6-Motoren greift. Womit wir bei der Frage sind: Wieviel Power braucht das Coupé? Dass 250 kW/340 PS oder 324 kW/440 PS, die beide dem gleichen, aufgeladenen Dreiliter-Sechszylinder-Benziner entspringen, genügen, steht außer Frage. In der City sowieso und schon das schlicht Cayenne Coupé genannte Basismodell dürfte auf der Autobahn die meisten hinter sich lassen. Schließlich vergehen maximal sechs Sekunden von null auf 100 und mit 243 km/h kratzt das Einstiegs-Coupé an der weitverbreiteten Vmax-Grenze. Die interessiert Porsche traditionell nicht, weshalb das knapp 100.000 Euro teure S-Modell auch 263 Sachen laufen darf und mit 550 statt 450 Newtonmeter Drehmoment ein Sekündchen schneller auf Landstraßentempo kommt.
Das deutlich bessere Klangerlebnis bietet das Cayenne Turbo Coupé, das von einem V8 befeuert wird, der die Leistungslatte auf 404 kW/550 PS hebt und fette 770 Newtonmeter in die Waagschale wirft. Die 3,7 Sekunden für den Standardsprint wirken fast schon unheimlich und Tempo 286 will man mit einem Zwei-Tonnen-Plus-SUV vielleicht gar nicht unbedingt fahren; zumindest nicht ohne die optionalen Keramik-Bremsen, die der enormen Masse noch ein bisschen schärfer Paroli bieten. Aber: Die Kraft der acht Zylinder verkürzt die beim V6 doch spürbare Verzögerung beim flotten Beschleunigen merklich. Brauchen Achtgang-Automatik und Turbolader selbst im straffen Sport-Plus-Modus gefühlt ein paar Zehntel zu lange, bis sie das Sechszylinder-Triebwek im Basis- und S-Modell vollends aus der Reserve locken, lässt der Achtender das Leistungsloch fast ganz verschwinden.
200.000 Euro oder mehr sind möglich
Für dieses Erlebnis verschwinden aber auch rund 147.000 Euro beim Porsche-Händler. Mindestens! Denn die Aufpreisliste hält mit Wankstabilisierung, Luftfederung oder Sportabgasanlage zahlreiche Extras bereit, die den Preis sogar über 200.000 Euro treiben können. Und das trotz der durchaus umfangreichen Serienausstattung mit 20-Zöllern, elektrisch einstellbaren Sitzen, Online-Infotainmentsystem, USB-C-Anschlüssen, LED-Licht und vielem mehr. Ein sinnvolles Extra: der 90-Liter-Tank. Zwar sollen sich die V6 vergleichsweise sparsame zehn, der Turbo gut elf Liter nehmen. Doch dürften in der Praxis die standardmäßigen 75 Liter Treibstoff ziemlich schnell zur Neige gehen.