Die Vorbereitungen für einen Start der umstrittenen Pkw-Maut kommen voran. Der Auftrag für den Betrieb des Kontrollsystems an den Autobahnen geht an den österreichischen Anbieter Kapsch, wie das Bundesverkehrsministerium bestätigte. Der Vertrag soll über zwölf Jahre laufen und kann auf bis zu 15 Jahre verlängert werden. Der Auftrag hat nach Angaben des Unternehmens ein Volumen von bis zu 120 Millionen Euro. Eingeführt werden soll die Gebühr in dieser Wahlperiode, also bis 2021. Einen Termin gibt es noch nicht. Offen ist auch, wer die eigentliche Erhebung übernimmt.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte dem "Münchner Merkur" (Donnerstag) mit Blick auf die Vergabe an Kapsch: "Wir haben einen Riesenschritt zur technischen und organisatorischen Umsetzung gemacht." Das Unternehmen Kapsch TrafficCom mit Sitz in Wien hat nach eigenen Angaben in mehr als 50 Ländern Projekte für Verkehrssysteme umgesetzt. Dazu gehören Mautsysteme in Österreich, der Schweiz und Bulgarien. Der Vertrag für die deutsche Pkw-Maut soll mit der MTS Maut & Telematik Services GmbH geschlossen werden, einer gemäß der Ausschreibung eigens gegründeten 100-Prozent-Tochter in Berlin.
Konkret geht es laut der Ausschreibung, die vor der Bundestagswahl 2017 gestartet worden war, um das vorgesehene feste Kontrollsystem. Es soll 100 Anlagen an Autobahnen umfassen. Dabei sollen Mautzahler nicht an aufgeklebten Vignetten, sondern über einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich erkannt werden. Das Verfolgen von Maut-Verstößen ist nicht Teil des Auftrags. Laut Kapsch kann der Bund Leistungen optional abrufen. Dadurch ergibt sich für eine Laufzeit von 15 Jahren ein Volumen von unter 100 Millionen Euro bis zu 120 Millionen Euro.
Kontrolle zu früh vergeben
Von der Opposition kam Kritik. Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn sagte, dass Scheuer die Kontrolle vergebe, obwohl noch eine Klage Österreichs beim Europäischen Gerichtshof liege, sei "ein billiges Wahlkampfmanöver kurz vor der Bayernwahl zulasten der Steuerzahler". Scheuer hätte warten müssen, bis über die Klage entschieden ist.
Linke-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne sagte: "Das erste Stück vom Mautkuchen geht nach Österreich." Es bleibe abzuwarten, ob sich die Regierung in Wien durch dieses Manöver zu einem Rückzug der Klage bewegen lasse. Österreich kritisiert eine Benachteiligung von EU-Ausländern durch das deutsche Mautmodell.
Die Gebühr soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Inländische Autofahrer sollen im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Kosten soll die Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Straßen-Investitionen einbringen. Am Ertrag und der EU-Rechtmäßigkeit der Maut gibt es weiterhin Zweifel.
Betreiber soll Höhe der Maut festlegen
Noch bestimmt werden muss, wer die eigentliche Erhebung übernimmt. Laut Ausschreibung soll der Betreiber unter anderem die Höhe der Maut festsetzen und Bescheide an die Autobesitzer senden. Zu den Aufgaben gehören auch der Zahlungsverkehr, Mahnungen und das Bearbeiten von Ausnahme-Anträgen und Widersprüchen. Daneben gibt es noch eine weitere Ausschreibung für ein mobiles Kontrollsystem. Diese Überwachung soll das Bundesamt für Güterverkehr übernehmen. (dpa)
D.Damrich