Volkswagens Planspiele für eine neue Billigmarke könnten nach Einschätzung von Betriebsratschef Bernd Osterloh auch den wachstumsträchtigen Automarkt Brasilien aufmischen. "Mit solch einem Auto würden wir nicht nur nach Ostasien gehen", sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die zuletzt durchwachsene Absatzentwicklung in dem südamerikanischen Land. "Wenn man es in einer bestimmten Region verkaufen kann, könnte ein Einstiegsmodell auch anderswo interessant sein."
Europas größter Autobauer sei unter anderem in den ASEAN-Staaten noch relativ schwach aufgestellt. "Die Diskussion darüber, dass wir ein 'Low-Budget-Car' brauchen, führen wir seit einiger Zeit. Man kann durchaus mit einfacherer Technik und einem Fahrzeug unterhalb des Up in solche Länder gehen - eventuell auch mit einem Seat oder Skoda", sagte Osterloh.
Dass der Konzern eine eigene Version des bisherigen VW-Minimodells für die wachsende Mittelschicht in ländlichen Gebieten anbietet, hält Osterloh für unwahrscheinlich: "Mit einem Auto wie dem Up selbst, seinen speziellen Motoren und Fahrwerken dürfte es schwierig sein, wenn der Wagen nicht mit der vorhandenen Infrastruktur zusammenpasst. Dann passen wohl eher Modelle wie unser Pickup Amarok." VW-Brasilien-Chef Thomas Schmall hält das Kleinstwagen-Segment unter dem VW Polo derzeit für das erfolgversprechendste in dem Riesenmarkt.
Südamerika stärker ins Visier nehmen
Osterloh mahnte, der Konzern müsse auch die umliegenden Länder stärker ins Visier nehmen. "Südamerika ist mehr als nur Brasilien. Dort sind wir wirklich stark. Aber wir müssen auch schauen: Was kann man in Argentinien, in Chile, in Kolumbien, in Venezuela machen?" Dies gelte umso mehr, weil der Konkurrenzdruck in Brasilien zunehme. Von dem Anfang 2011 übernommenen führenden Autohändler in Europa, der Salzburger Porsche Holding, erhofft sich der Betriebsrat "die einzigartige Chance, zusammen in noch mehr Märkten anzutreten".
Auch die chronisch schwächelnde spanische VW-Tochter Seat hat nach Osterlohs Auffassung in den lateinamerikanischen Märkten weiteres Potenzial. Zunächst gelte es für Seat allerdings, die Probleme vor der eigenen Haustür zu lösen: "Sie müssen zusehen, dass sie sich erst mal in Europa stabilisieren - Spanien und Westeuropa sind die Heimatmärkte. Anschließend gilt es zu untersuchen: Welche Möglichkeiten in welchen Regionen gibt es darüber hinaus?"
Zentral für die Aussichten in Südamerika bleibe neben Argentinien aber Brasilien, sagte Osterloh - auch weil die Verbindungen zu VW seit Gründung des ersten Auslandswerks Anchieta Ende der 50er Jahre so eng seien. Das spiegele sich im Verhältnis der Belegschaften wider. Von den Erfahrungen der brasilianischen Kollegen profitiere auch der Weltkonzernbetriebsrat - zuletzt bei den Tarifverhandlungen im Werk Curitiba oder bei der weiteren Auslastung der Standorte. (dpa)
M. Kain
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