Von Dietmar Winkler/AUTOHAUS
Das Thema Euro-5-Nachrüstung ist für das Kfz-Gewerbe angesichts schwächelnder Restwerte nach wie vor wichtig, auch wenn derzeit eine verpflichtende Nachrüstung von Euro-5-Dieseln politisch kaum mehr durchsetzbar ist. ZDK-Präsident Jürgen Karpinski forderte deshalb eine rechtssichere Möglichkeit, eine Nachrüstung mit SCR-Katalysator auf freiwilliger Basis durch eine entsprechende Verordnung zu ermöglichen.
"Wir fordern politisch die Türe zu öffnen, zumindest freiwillig die Nachrüstung machen zu können. Nur so werden wir aus der ausweglosen Situation der Entwertung befreit", forderte Karpinski beim 7. AUTOHAUS Servicekongress in Wiesbaden beim vorabendlichen Get-Together.
"Wir brauchen eine Nachrüst-Verordnung als Signal auch für Zulieferer, die erst dann anfangen zu produzieren, wenn es Rechtssicherheit gibt", so der ZDK-Präsident. Aus Sicht des Handels geht es um die Stabilisierung der Restwerte von Euro-5-Diesel im Wert von fünf Milliarden Euro.
Beim AUTOHAUS-Servicekongress mit rund 100 Teilnehmern ging es in der siebten Auflage der Veranstaltung vor allem um die Themen Digitalisierung und das immer dringlichere Problem der professionellen Personalarbeit im Autohaus. Unterstützt wird die Veranstaltung von den Unternehmen ControlExpert, RR Team, Shell und Soft NRG.
Digitaler Service bei Audi
Einen Ausblick auf die Digitalisierungsstrategie im Service bei Audi gab Raimund Thomandl, Leiter Service Deutschland bei Audi. Bereits heute sind die Online-Terminvereinbarungen realisiert, die bei den Pilotpartnern von rund 20 Prozent der Kunden auch genutzt werden. "Das bringt acht bis zehn Minuten Zeitersparnis für Serviceberater, der in der Regel ein Bottleneck im Service ist", rechnete Thomandl vor. Als neues Serviceformat habe sich das 24-Stunden Serviceangebot der Audi Servicestation erwiesen. Hier ist die Fahrzeugabgabe und -abholung 24 Stunden an sieben Tagen der Woche möglich. Der Kunde muss nur den Fahrzeugschlüssel vor ein Lesegerät halten. Automatisch werden alle Daten zum Auto übertragen, beispielsweise bei der Abgabe des Autos zum Service oder bei der Reparatur von Unfallschäden. Für Rückfragen stehen dem Kunden eine Chatfunktion und die Kontaktmöglichkeit zum Callcenter zur Verfügung. Mittlerweile wurden in München rund 1.500 Aufträge an der Servicestation erstellt, der weitere Ausbau des Angebots ist geplant "Das Feedback der Kunden und im Servicebetrieb ist absolut positiv weil es die Spitzen im Servicegeschäft abmildert."
Mit dem Verkaufsstart des ersten vollelektrischen Fahrzeugs Ende des Jahres geht Audi einen Schritt weiter und ermöglicht Kunden das digitale Angebot "Function on Demand".Damit können bestimmte Funktionen auf Zeit ausprobiert und dann dauerhaft bestellt werden, beispielsweise Lichtfunktionen, Fahrerassistenzsysteme, Funktionen im Infotainment aber auch zusätzliche Pferdestärken im Motor.
Weitere Schritte der Digitalisierung im Service werden Flashen over the Air sein sowie Virtual Reality im Verkauf und in der Werkstatt. "Durch Digitalisierung wird das Servicegeschäft nicht gefährdet sondern gefördert", so das Fazit des Audi-Managers.
Mit 24-Stunden-Service neue Kunden ansprechen
"Wir schrauben noch an ihrem Wagen währen sie schon Schäfchen zählen", lautet der Werbeslogan der Tiemeyer Gruppe, die positive Erfahrungen mit dem Angebot eines 24-Stunden-Services gemacht hat. Die Monteure im Volkswagen-Zentrum Duisburg arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb und ermöglichen so ein besonderes Angebot, das sich in erster Linie an Flotten- und gewerbliche Kunden richtet. Kunden können bei Tiemeyer das Auto abends bis 22:00 Uhr abgeben und am nächsten Morgen ab 6:00 Uhr abholen. Die größten Vorteile des Konzepts liegen laut Dirk Rosenberg, Geschäftsführer Tiemeyer Automobile, für das Unternehmen in der gewonnen Kapazitätsausweitung und höheren Auslastung der Werkstatt. Außerdem sei es gelungen, durch das Angebot neue Kunden und vor allem Großkunden zu gewinnen. Ein positiver Effekt sei die Verkürzung von Vorlaufzeit für Servicetermine.
Service profitiert von Kooperationen
Wie es gelingen kann, innerhalb einer Kooperation in digitale Geschäftsmodelle einzusteigen, demonstrierte Georg Wallus, Geschäftsführer der "Techno-Die Autohaus Kooperation". "Die Digitalisierung im Autohaus betrifft viele Geschäftsprozesse und ist längst kein Thema mehr für die IT-Abteilung", erklärte Wallus. Der stationäre Handel müsse aufpassen, nicht durch neue Mitspieler mit digitalen Geschäftsmodellen aus der Rolle des Platzhirsches gedrängt zu werden.
Zusammen mit externen Kooperationspartnern hat Techno die B2C-Plattform Autoteile Plus Service ins Leben gerufen. "Es geht dabei nicht darum, auf der Endverbraucherplattform OE Teile an Endkunden zu verkaufen. Es geht darum, in der digitalen Landschaft zwischen Ebay und anderen Anbietern eine Lücke zu schließen."
Die Plattform schafft bei Reparatur-Anfragen in Google durch Endverbraucher eine gute Platzierung auf der ersten Seite im Suchergebnis. "Heute suchen 69 Prozent der Endkunden Werkstattservices über Google, vor drei Jahren waren es noch 13 Prozent", rechnete Wallus vor. Diesem veränderten Kundenverhalten kommt die Plattform entgegen. Sie bringt Autohäuser nachweislich auf bessere Platzierungen als Angebote der Wettbewerber wie Pitstop oder ATU. Wallus: "Es ist auch heute nicht zu spät, in die digitale Wertschöpfung einzusteigen."
Plattformökonomie krempelt Handel um
Wie Serviceanbieter aber auch Händler von der Plattformökonomie profitieren könne, zeigte Lars Danzer, Mitglied der Geschäftsleitung Saitow AG. Der Plattformbetreiber Saitow hat mit Tyre24 die europaweit größte Reifenhandelsplattform im B2B-Bereich geschaffen. Jetzt soll die Plattformökonomie auch auf andere Beiche ausgedehnt werden.
"Der E-Commerce wächst in Deutschland mit zehn Prozent jährlich, dagegen stagniert der stationäre Handel", so Danzer. Mit der B2B-Plattform Cars.Alzura.com etabliert Saitow jetzt eine neue Businessplattform für Leasingfahrzeuge, mit der Anbieter laut Saitow 40.000 Gewerbetreibende aus ganz Deutschland, Österreich und Europa erreichen. In einem aktuell abgeschlossenen Livetest mit vier unterschiedlichen Bestellfahrzeugen gab es in sieben Tagen hunderte von Anfragen und zahlreiche konkrete Abschlüsse.
Gezielte Analyse von Bewerbern spart Unternehmen Geld
Welchen Wert die gezielte Mitarbeitersuche für den Autohandel haben kann, demonstrierte Dirk Hachmeister von Talent4you Consulting. "Ich warne davor, einen Mitarbeiter zur Probe reinzunehmen und dann festzustellen, dass es nicht geht. Das kostet Sie untern Strich ein Jahresgehalt", warnte der Personalexperte.
Über gezieltes Talentscouting kann man schon vor Vertragsabschluss ziemlich genaues Wissen über die Fähigkeiten und Potenziale von Bewerbern erlangen, erklärte Hachmeister. Methoden der psychologischen Eignungsdiagnostik lieferten "harte Fakten". Damit sind laut Hachmeister Vorhersagen des beruflichen Erfolgs möglich, die in etwa so genau sind wie der Aussagewert eines zweitägigen Assessmentcenters. Unternehmen sollten aber darauf achten, dass die Verfahren wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen entsprechen und durch qualifizierte Anbieter durchgeführt werden.