Der neue Daimler-Chef Ola Källenius beginnt seine Zeit an der Spitze des Autobauers mit ungewohnt roten Zahlen. Schwächelnde Märkte weltweit und Anlaufschwierigkeiten mit neuen Modellen setzen dem Stuttgarter Konzern derzeit ebenso zu wie diverse teure Langzeit-Probleme - nicht nur mit dem Diesel. Die Folge ist ein Milliardenverlust im zweiten Quartal, für das Daimler am Mittwoch die Zahlen vorlegte. Mit einer Trendwende in der zweiten Jahreshälfte soll das Ruder herumgerissen werden. "Wir wollen das Blatt wenden", sagte Källenius vor allem mit Blick auf das Kerngeschäft mit Autos der Marke Mercedes-Benz.
"Die Zahlen sind alles andere als zufriedenstellend", räumte Källenius ein. Für den Schweden ist es die erste Quartalsbilanz seit seinem Antritt vor zwei Monaten. Daimler verbucht für die Zeit von April bis Ende Juni einen auf die Aktionäre entfallenden Verlust von 1,3 Milliarden Euro. Vor dem sogenannten Abzug von Minderheiten sind es 1,2 Milliarden. Im zweiten Quartal des Vorjahres hatte unter dem Strich noch ein Gewinn von 1,7 Milliarden Euro gestanden.
Der Umsatz legte um fünf Prozent auf rund 42,7 Milliarden Euro zu, was im Wesentlichen aber am gut laufenden Geschäft mit Lastwagen und Bussen lag und nicht am Kerngeschäft mit Autos. Das fuhr analog zum Absatz auch hier ein leichtes Minus ein.
Dass Källenius' Start-Quartal alles andere als gut ausfallen würde, war bereits absehbar. Die Anfang des Jahres noch unter seinem Vorgänger Dieter Zetsche ausgegebenen Ziele hatte der neue Vorstandschef schon kassiert und gleich zweimal nach unten korrigiert. Nach einem deutlichen Einbruch schon im vergangenen Jahr soll es nun 2019 noch weiter nach unten gehen mit dem Gewinn. In den kommenden Monaten erwartet der Konzern nun aber eine "spürbare Verbesserung".
"Unsere Ergebnisse im zweiten Quartal wurden hauptsächlich durch Sondereinflüsse in Höhe von 4,2 Milliarden Euro beeinflusst", betonte Källenius. Was er meint, sind unter anderem Rückstellungen für Verfahren im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Daimler muss Hunderttausende Autos zurückrufen, weil darin eine aus Sicht der Behörden unzulässige Steuerung der Abgasreinigung steckt.
Rückrufe und finanzielle Risiken wegen des Dieselskandals
Erst vor einem Monat war ein weiterer Zwangsrückruf hinzugekommen, zudem untersuchen die Behörden immer noch weitere Modelle. Abgesehen von strafrechtlichen Ermittlungen gegen einzelne Mitarbeiter läuft auch noch ein sogenanntes Ordnungswidrigkeitenverfahren, das mit einer hohen Geldbuße enden könnte. Und dann ist auch immer noch offen, welche finanziellen Folgen die Manipulationsvorwürfe in den USA haben werden. Welche neuen Erkenntnisse Daimler nun veranlasst haben, noch deutlich mehr Geld zur Seite zu legen, wollten Källenius und sein Finanzchef Harald Wilhelm am Mittwoch aber nicht sagen.
Ein erweiterter Rückruf von Takata-Airbags schlägt mit einer weiteren zusätzlichen Milliarde in den Rückstellungen zu Buche. Zudem schreibt Daimler rund 500 Millionen Euro im Zuge einer "Priorisierung des Produktportfolios" im Van-Bereich ab. Ob sich dahinter, wie vielfach vermutet, das schnelle Ende der erst 2017 vorgestellten Pick-ups der X-Klasse verbirgt, wollte Källenius auch nicht sagen.
Källenius will nun alles noch mehr straffen, effizienter machen und womöglich auch Hand an die Modellpalette legen. Wo genau gespart werden soll, bleibt aber offen. Klar ist nur, dass es keinen aktiven Personalabbau geben soll. Der Konzern hatte eigentlich angekündigt, in der Pkw-Sparte bis 2021 zu einer Umsatzrendite von acht bis zehn Prozent zurückzukehren. Dass das langfristig das Ziel sei, bekräftigte Källenius am Mittwoch. Ob es bei 2021 bleibe, ließ er offen. Details soll es erst im Herbst geben - dann im Komplettpaket.
Die Hauptaufgabe bis dahin sei, das Problem mit der mangelnden Fahrzeugverfügbarkeit zu lösen, betonte der Vorstandschef. Daimler bekommt die neuen Modelle seiner bei den Kunden beliebten SUVs nicht schnell genug auf den Markt. Da gebe es aber schon positive Signale. Die zweite Jahreshälfte habe gerade erst begonnen. "Und wir sind fest entschlossen, sie zu nutzen", betonte Källenius. (dpa)
Frank