Die umstrittenen Abgasversuche an Affen haben nun auch bei Daimler personelle Konsequenzen. Der Mitarbeiter, der den Autobauer im Vorstand der Lobbyorganisation EUGT vertreten hatte, werde mit sofortiger Wirkung freigestellt, teilte Daimler am Mittwoch mit. Das habe der Vorstand entschieden. Konkurrent BMW steht hingegen weiter zu einem Mitarbeiter, der den Autokonzern von 2011 bis 2015 als Referent in der Lobby-Initiative vertreten hatte.
Unterdessen zeigen der Deutschen Presse-Agentur vorliegende US-Gerichtsakten zu den Affen-Experimenten weitere brisante Details. So versucht VW mit Hochdruck, die Studie von US-Prozessen ausschließen zu lassen. Zudem wirft der unter Verschluss gehaltene Abschlussbericht der Forscher weitere unangenehme Fragen auf.
"Wir werden den Sachverhalt lückenlos aufklären und sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen", betonte Daimler zur Entlassung des Mitarbeiters. Medienberichten zufolge soll es sich dabei Udo Hartmann handeln. Der Manager war bis jetzt Umweltbeauftragter von Daimler. Am Dienstag hatte Volkswagen bereits seinen Cheflobbyisten Thomas Steg beurlaubt (wir berichteten).
BMW teilte indes am Mittwoch mit, der betroffene Referent bleibe "Mitarbeiter der BMW Group" und werde vorerst nur auf eigenen Wunsch von seinen Aufgaben im Bereich von urbaner Mobilität und Kommunen befreit. Er habe glaubhaft versichert, dass er EUGT-Tierversuche kritisch hinterfragt habe. BMW habe an den Studien nicht mitgewirkt. In der laufenden Untersuchung gelte für den Mitarbeiter die Unschuldsvermutung. "Gleichzeitig steht die BMW Group zu ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern", sagte ein Sprecher.
Die Autoindustrie hatte Wissenschaftler eingespannt, die mit der Lobbyorganisation EUGT Gesundheitsgefahren von Dieselabgasen verharmlost haben sollen. Dabei waren auch Affen mehreren Tests ausgesetzt. Darüber hinaus förderte die Initiative eine Studie der Universität Aachen zur Stickstoffdioxid-Belastung am Arbeitsplatz – Probanden waren 25 Menschen. BMW, Daimler, VW und Bosch hatten die EUGT gemeinsam gegründet, Bosch stieg 2013 aus. 2017 wurde der Verein aufgelöst.
Brisante Studiendetails
In den USA kommen derweil weitere unangenehme Einzelheiten ans Licht. So zeigt der vertrauliche Entwurf des bislang unveröffentlichten Abschlussberichts der Affenstudie, dass die Ergebnisse nicht so ausfielen wie erhofft. Die "Bild" ließ das 57-seitige Dokument, das auch der dpa vorliegt, vom Facharzt Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien auswerten. Der stellte Brisantes fest.
Das beabsichtigte Ergebnis – zu zeigen, dass die Dieselabgase eines VW Beetles mit moderner Abgasreinigung weitaus weniger Schadstoff enthalten als die eines älteren Ford-Pick-ups – wurde demnach verfehlt. "Bei den Tieren, die den neuen Diesel einatmen mussten, wurden mehr Entzündungszeichen gefunden als bei jenen Affen, die den alten Diesel eingeatmet hatten", zitiert die Zeitung Hutter.
Der Experte zeigte sich schockiert von dem geheimen Bericht: "Das ist ein unglaublicher Versuch, der von einer Ethikkommission in Europa so wahrscheinlich niemals erlaubt worden wäre." Nach Angaben von Daimler wurde im Dezember 2015 erstmals ein Entwurf des Abschlussberichts dem Forschungsbeirat der EUGT vorgelegt. Dieser habe ihn aufgrund "offener methodischer Fragestellungen" nicht akzeptiert.
VW stritt mit den Forschern noch bis mindestens Mitte 2017 um Veröffentlichung und Bezahlung der Studie, die insgesamt über 700.000 Dollar kosten sollte. Interne E-Mails, die im Rahmen der Ermittlungen des US-Anwalts Michael Melkersen aufgetrieben wurden, zeigen zudem, wie an der Studie herumgedoktert wurde. Er habe versucht, die "Ergebnisse abzuschwächen", schrieb ein Forscher dem Studienleiter und erkundigte sich, ob noch weitere Anpassungen nötig seien.
Beweismittel oder nicht
VW kämpft in den USA gegen die Verwendung der Dokumente zu den Affen-Experimenten bei einem Gerichtsverfahren. Seit Monaten liefert sich die US-Tochter des deutschen Autobauers einen Schlagabtausch mit Klägeranwälten, um zu verhindern, dass die Unterlagen zu den Tierversuchen bei einem US-Prozess zum Einsatz kommen. "Wir werden den Rechtsstreit nicht kommentieren", teilte VW auf Nachfrage mit.
Bereits am 13. Oktober 2017 stellten die VW-Anwälte einen Antrag, die Studie vom Verfahren auszuschließen. Darin hieß es: "Das einzige Ziel des Klägers ist es, eine scharfe und emotionale Reaktion der Jury hervorzurufen, in der Hoffnung, dass diese VW Amerika für etwas bestrafen, dass mit den Klägern gar nichts zu tun hatte." Den letzten derartigen Antrag reichte VW am 26. Januar ein.
Klägeranwalt Melkerson hält dem entgegen, die Studie sei ein wichtiges Beweismittel, da sie ein vorsätzliches Schema des andauernden Betrugs belege. Zudem zeige sie Mangel an Reue und sei deshalb notwendig, um Strafen und Schadenersatz durchzusetzen. Der Prozess ist für den 26. Februar angesetzt. Ob es so weit kommt, hängt aber davon ab, ob sich die Parteien außergerichtlich einigen.
Marco