Die wirtschaftlich extrem von der Autobranche abhängige Stadt Wolfsburg reagiert mit sofortiger Haushaltssperre und Einstellungsstopp auf den Abgas-Skandal beim Volkswagen-Konzern. "Auch wenn unsere Stadt schuldenfrei ist und wir Rückstellungen bilden konnten, sind deutliche Gewerbesteuereinbußen zu erwarten", sagte am Montag Klaus Mohrs (SPD), der Oberbürgermeister der Stadt, die zugleich Sitz des Weltkonzerns ist. Der städtische Haushalt für 2016 sollte am 7. Oktober in den Rat der Stadt eingebracht werden, doch wurde der Termin wegen der aktuellen Situation auf den 16. Dezember verschoben. Der Haushalt soll nun im Frühjahr verabschiedet werden.
"Projekte, die bereits begonnen haben, werden weiterlaufen - neue Maßnahmen werden jedoch zunächst angehalten", erklärte Mohrs in einer Stellungnahme. "Die Stadt wird bis auf weiteres auf die Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzichten - es muss sich jedoch niemand Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen." Er habe den Verwaltungsausschuss der Stadt informiert und betonte: "Klar ist: Wir müssen zahlreiche Maßnahmen für die Weiterentwicklung unserer Stadt auf den Prüfstand stellen." Es sei noch zu früh, um über konkrete Zahlen zu sprechen: "Klar scheint aber zu sein, dass wir bereits in diesem Jahr mit deutlich weniger Gewerbesteuer zu rechnen haben."
Auch Braunschweig hat seine Haushaltsberatungen bereits vor dem Hintergrund des Abgas-Skandals bei Europas größtem Autobauer bis auf weiteres ausgesetzt. Der Bund der Steuerzahler hatte nach einer Gewinnwarnung der Volkswagen AG vergangene Woche bereits auf besondere Risiken für die niedersächsischen Standorte Wolfsburg mit seinen 60.000 VW-Arbeitsplätzen und Emden (9.500 VW-Mitarbeiter) hingewiesen. Dort liegen diese Einnahmen im Landesdurchschnitt zwar besonders hoch, sie schwanken aber auch stark und machen die Etats überproportional abhängig von den VW-Abgaben. In Salzgitter mit dem VW-Motorenwerk (7.000 Arbeitsplätze) können bisher keine konkreten Rückschlüsse auf die Gewerbesteuerentwicklung gezogen werden.
Auch Braunschweig und Ingolstadt sorgen vor
Auch Braunschweig fährt seine Ausgaben in diesem Jahr runter. Seit Dienstag gelte eine eingeschränkte Haushaltssperre, teilte die Stadt mit. Demnach dürfen im laufenden Jahr zehn Prozent der 200 Millionen Euro schweren Aufwandsbudgets, die die laufenden Kosten der Fachbereiche und Referate umfassen, nicht ausgegeben werden. Die Stadt bangt nach dem Abgas-Skandal bei Volkswagen um Gewerbesteuer-Einnahmen. Im Braunschweiger VW-Werk arbeiten nach Firmenangaben über 8.700 Menschen.
"Wir sollten im Moment sehr vorsichtig und sparsam mit den verfügbaren Mitteln umgehen und uns auf das Nötigste beschränken", sagte Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD). Von der Sperre ausgenommen seien unter anderem laufende Investitionen oder Instandhaltungsmaßnahmen. Braunschweig überprüft zudem den Haushaltsentwurf für 2016 und hat die Beratungen ausgesetzt.
Auch Ingolstadt verhängt eine Haushaltssperre. Für dieses und das kommende Jahr würden die Ausgaben der Stadt um 15 Prozent gekürzt. Dies sei "ausschließlich eine Vorsichtsmaßnahme", sagte ein Sprecher der oberbayerischen Stadt am Mittwoch. Von "möglichen minderen Ausstattungen" gehe man ausschließlich im Verwaltungshaushalt aus, aus dem laufende Kosten bezahlt werden. Bereits geplante Investitionen für die beiden Jahre seien nicht betroffen. (dpa)