Ausgabe 14-15/2007: Vielfache Wahrheit

Walter Frey / Eine Zusammenfassung der fulminanten Rede, die Walter Frey auf dem AUTOHAUS-Jubiläumskongress hielt.Vielfache Wahrheitvon Prof. Hannes BrachatWalter Frey, der Präsident der Emil Frey Gruppe Zürich, stellte sich im Rahmen des AUTOHAUS-Jubiläumskongresses als größter Automobilhändler Deutschlands thematisch der größten Herausforderung. Fazit: Eine geniale Weichenstellung! Geleise ins Morgen!Es war alles andere als selbstverständlich, dass der Schweizer Traditionshändler und Importeur verschiedener Marken zum AUTOHAUS-Jubiläumsevent als Referent zusagte. Schon bei seiner Vorstellung als größter Händler setzte er gleich in vornehmer Art dagegen: "Der Kunde kauft bei mir kein Auto, weil ich der Größte bin. Wir müssen die Besten sein!" Walter Frey beweist, dass Tradition und Innovation alles andere als feindliche Brüder sind. Er präsentierte das Leitbild, das sein Vater Emil Frey in einem Kundenbrief 1935 artikulierte. Walter Frey: "Und ich habe heute keine andere Basis." Die Kernpunkte dieses Leitbilds: Fachmann/Qualität, a prompt, a zuverlässig, a bescheiden, a Gegenwert. Als ältester Jaguarhändler artikulierte er Markenphilosophien und lebte deren seelische Verwurzelung vor. An Toyota aus dem Jahre 1969 gerichtet: "Local management and local finance for local markets". Die Erkenntnis: Jeder Markt, der europäische, der nationale, der regionale oder lokale, hat seine Besonderheiten. Oder anders: "Do in Rome as Romans do!" Die Konsequenz für das eigene Unternehmen heißt: "Profit-Center"-Strategie. GVO-PhänomeneDie Globalisierung selbst führte ab 1970 zu einem spürbaren Margen- und Kostendruck. Und die GVO 2002 ff. zeigt, dass der Einkauf von Fahrzeugen schwieriger geworden ist. Dass die Liberalisierung des Vertriebs im "Interesse des Kunden" relativ ist, zumal bis heute keine Preisharmonisierung innerhalb der EU erreicht wurde und der Parallelimport weiter fragwürdige Realität ist. Das GVO-Resultat zur Stunde: In Deutschland ist die Profitabilität des Autohauses geringer als in vielen europäischen Ländern. Die GVO 2002 führte zu neuen Herstellerstandards und diese führen zu einer neuen Problemstellung: Franchising oder lokales Unternehmertum? Walter Frey zeigte hier die Spannungsfelder auf, in die heute ein automobiles Markenhaus gestellt ist (siehe Grafik). Frey wog die Vorteile und Chancen gegen die Nachteile von Standards und deren Gefahren ab. Auch wenn derzeit keine Vertriebsorganisation ein hartes Franchising fährt, so führen extreme Standards, sprich immer neue Regulierungen zwangsläufig zu Franchising alias McDonalds-Gegebenheiten. Die unternehmerische Freiheit im Entscheidungsprozess wird eingeengt. Walter Frey: "Die Komplexität des Autohauses erfordert permanent unternehmerische, individuelle Entscheidungen." Es ist die Freiheit, die Kreativität erst möglich macht. Die herstellereigenen Retailbetriebe, sprich Niederlassungen, machen oft Verlust, weil die Hersteller nicht bereit sind, sich am Risiko des Handels zu beteiligen. Walter Frey: "Wir investieren stets langfristig. Für uns ist das immer mit unserem gesamten Vermögen verbunden. Investitionen müssen aber die Sicherheit geben, zumindest Chance zu sein." Und weiter: "Niederlassungen sind eine Gräte im Hals."Freys Conclusio: "Die Automobilbranche eignet sich nicht für ein System ,hartes' Franchising. Vom Hersteller vorgegebene Standards sind eine Frage des Maßes." Der Lateiner sagte schon vor 2000 Jahren: Ne quid nimis! Nichts im Übermaß! Überzogene Zielsetzungen sind für das Autohaus existenzgefährdend.Bonusplan oder Markt?Wer gegenwärtig die im Oktober festgezurrten Ziele mit der Realität vergleicht, kommt hinsichtlich der Bonusvereinbarungen arg ins Wanken. Wie werden diese in einem rückläufigen Markt angepasst? Dabei hat heute der variable Margenaspekt maßgebliche Renditeauswirkung. Grundsätzlich machen es die unterschiedlichen Preise und Margensysteme in Europa schwierig, einen Überblick zu behalten. Bonuspläne sollten nun so angelegt sein, dass sie den finanziellen Möglichkeiten und Bedürfnissen des Autohauses entsprechen. Es ist wichtig festzuhalten, dass Bonuspläne heute oft mehr Bedeutung als eine Produktneuheit haben. Über Boni werden immer wieder künstliche Verkaufsspitzen gerade an Quartals- und Jahresenden herbeigeführt. Das hat sogar Einfluss auf den Modellmix. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Vorführwagen- und Tageszulassungen im Autohaus inzwischen über ein Viertel der "Verkäufe" ausmachen. Walter Frey: "Es geht um Herstellerkapazitäten kontra Markt!"Bonuspläne überlagern oft die natürliche Marktentwicklung. Hinzu kommt, dass Marketingaktionen vom Hersteller oft losgelöst von der Rendite des Autohauses betrachtet werden. MehrmarkenbetriebeNachdem die Schwabengarage als Stuttgarter Traditionshaus und größter Ford-Händler heute 14 Marken unter einem Dach vertreibt, waren die Teilnehmer an der strategischen Ausrichtung des "Größten" alias "Besten" besonders interessiert. Walter Frey sieht zum einen die Synergien in Backoffice und Logistik, zum anderen die Vergrößerung des Potenzials mit kleineren oder Nischenmarken, deren Standards weniger anspruchsvoll sind. Die Kunst liege darin, jeder Marke eine Seele in der Körper zu legen. Das lässt sich nicht "genomen"! In einem fulminanten Finale lässt das Unternehmer- und Rhetorik-Genie Walter Frey sein Plädoyer für das selbstständige Markenhaus aufleben: "Das Autohaus wird das Fundament der individuellen Mobilität bleiben. Neue Technologien festigen die Bedeutung des professionellen Autohauses. Entscheidend ist Kundenbindung aufgrund hoher Kundenzufriedenheit. Eine Investitionsplanung sowie originäre Kostenkontrolle sind von vitalster Bedeutung. Das Autohaus vertritt zum einen in seinem Verantwortungsgebiet die Marke des Herstellers, muss aber gleichzeitig ein klares Markenzeichen für den eigenen Betrieb (Image) aufbauen und bewahren. König bleibt der Kunde. Für ihn muss das Autohaus einmalig sein, in der Marketingsprache "unique".Im harten Franchise gibt es nur begrenzte Einmaligkeit." Fazit: Walter Frey vermachte AUTOHAUS zum Jubiläum einen automobilhandelshistorischen Beitrag! Unvergesslich! Klasse!

Ausgabe 14-15/2007: Vielfache Wahrheit

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