Der Wandel der Autoindustrie trifft auch die Autohändler mit voller Wucht: Die Verkaufszahlen sind verhalten, der Margendruck wird größer und nicht zuletzt sorgen neue Geschäftsfelder der Hersteller sowie die Konkurrenz durch Online-Plattformen für Unruhe unter den Händlern. Eine aktuelle Studie von Accenture gibt nun Aufschluss darüber, wie es um die Stimmung der Autohäuser in Deutschland, Frankreich und Großbritannien bestellt ist. Dafür wurden sowohl Vertrags- als auch unabhängige Händler befragt.
Die größte Bedrohung für ihr Geschäftsmodell sehen die Kfz-Unternehmer nicht in neuen Vertriebswegen, sondern im wachsenden Druck durch andere Autohäuser: 38 Prozent sind einer starken Konkurrenz durch Händler anderer Marken ausgesetzt und immerhin 36 Prozent sehen ihr Geschäft durch den Intrabrand-Wettbewerb bedroht. Ein Grund für diese Entwicklung ist die gesunkene Kundenloyalität, während die Preissensibilität stark gestiegen ist: Laut Studie sagten 85 Prozent der Händler, dass ihre Kunden beim Feilschen um den Verkaufspreis auf ein besseres Angebot der Konkurrenz verweisen würden. Dazu tragen auch die Online-Plattformen von Drittanbietern bei, auf denen sich Preise und Modelle mit wenigen Klicks vergleichen lassen.
Dazu erklärt Johannes Trenka, Managing Director, Accenture Strategy: "Sowohl der heutige Kunde, als auch der zukünftige - und dieser sogar noch viel stärker - verlässt sich beim Autokauf nicht nur auf die Informationsquelle 'Autohaus'. Der moderne Autokäufer ist sehr autark und bezieht seine kaufrelevanten Informationen aus vielen verschiedenen Quellen und adaptiert das Kaufverhalten, das es in der Vergangenheit bei Elektronik- und Konsumgütern gab und das aus dem E-Commerce entwachsen ist, auf den Prozess des Autokaufs."
Online-Vertrieb gewinnt an Bedeutung
Mit der Transformation der Branche gehen auch neue Vertriebswege einher. So gab immerhin fast ein Drittel der befragten Händler (29 Prozent) an, ihre Fahrzeuge auch über die Online-Plattformen von Drittanbietern zu verkaufen. Nur etwas weniger, nämlich 28 Prozent, bieten Fahrzeuge in einem gemeinsam mit dem Hersteller betriebenen Online-Shop an; etwa jeder Fünfte setzt auf eine eigene Lösung für den Verkauf im Internet (21 Prozent).
Dennoch sind es vor allem die Online-Plattformen der Drittanbieter, die den Händlern zu schaffen machen; 32 Prozent sehen darin eine Bedrohung für ihr Geschäftsmodell. Gefragt nach den Ursachen für die Beliebtheit solcher Portale, gaben die befragten Händler an, dass Kunden diese vor allem wegen günstigerer Verkaufspreise für Neuwagen (35 Prozent) und einer besseren Vergleichbarkeit der Angebote (34 Prozent) dem klassischen Handel vorziehen würden. Außerdem seien die größere Auswahl an Fahrzeugen (30 Prozent) und die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit (30 Prozent) weitere Merkmale, bei denen die Autohäuser nach eigener Einschätzung nicht mithalten können.
Die Studie zeigt weiterhin, dass viele Betriebe noch Nachholbedarf bei in anderen Branchen längst üblichen Online-Services haben: Nur 43 Prozent der befragten Autohäuser ermöglichen die Buchung einer Probefahrt über die eigene Webseite und gerade einmal 42 Prozent bieten ihren Kunden eine Online-Terminvereinbarung an. Über eine eigene Webseite verfügen sogar nur 29 Prozent der Händler.
"Mit einer steigenden Erwartungshaltung auf Kundenseite und neuen Wettbewerbern, allen voran Drittanbieter von Vertriebsplattformen und Mobilitätsdienstleistern, sieht sich der Autohandel mit den aktuell wahrscheinlich größten Herausforderungen konfrontiert", so Trenka. Vor diesem Hintergrund und um zukünftige Erfolge sicherzustellen, müsse sich der Handel auf kundenzentrierte Geschäftsfelder fokussieren. Das gelte insbesondere für Online-Angebote. (ah)
Alter Zausel
Dr. Klaus-Peter Reintges
F.Carlos
S.G.