Für das Jahr 2023 deutet sich eine erste Erholung bei Neuwagen wie auch Gebrauchtwagen an. Davon geht der Marktbeobachter Schwacke aus. "Normalisierung ist vielleicht ein zu starkes Wort. Aber das Tal sollte nun durchschritten sein, auch trotz der aktuellen Kaufvertragseingangsflaute", sagte Schwacke-Geschäftsführer Thorsten Barg gegenüber AUTOHAUS. "Und mit noch guter Rendite pro Fahrzeug werden geschätzt 2,8 Millionen Neuwagen und etwas mehr als sechs Millionen Gebrauchtwagen in 2023 den Marktteilnehmern mehr Chancen bieten." Die Restwerte allerdings werden nach Einschätzung der Experten unter Druck geraten angesichts der aktuell extremen und für viele kaum mehr bezahlbaren Preise. "Ein tiefer Fall ist aus unserer Sicht dennoch nicht zu erwarten, eher eine Stabilisierung auf vergleichsweise hohem Niveau", so Barg.
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Schwacke geht davon aus, dass der Endspurt für 2022 den Gesamtabsatz etwa auf das Gesamtniveau von 2021 führen wird, also auf 2,6 Millionen oder eventuell etwas mehr. Zu beachten sei allerdings, dass 2021 bereits pandemie- und lieferkrisenbedingt kein gutes Jahr aus Neufahrzeugsicht war und selbst deutlich unter den Vorjahren lag, ergänzte Andreas Geilenbrügge, Regional Head of Valuations Germany, Nordics, UK. "Mit etwas Glück erwarten wir dagegen für 2023 einen Aufwärtstrend. Das sollten die noch gefüllten Auftragsbücher dieses Jahres hergeben, sofern Produktion den Markt erreicht. Sollte mehr Produktion zur Verfügung stehen, würde ohnehin alles mit Kusshand genommen und zur Not zugelassen werden, schon allein, um begehrte und rare junge Gebrauchte zu produzieren."
Ernüchternde GW-Bilanz
Die Mengen am Gebrauchtwagenmarkt in diesem Jahr zeigen laut der Schwacke-Experten ein deutlich ernüchternderes Bild. Am Ende werde es in 2022 bei deutlich unter sechs Millionen Besitzumschreibungen bleiben. Die sei nicht nur durch den Mangel an krisenbedingt reduzierten Neuzulassungen der vergangenen zwei Jahre zu erklären. "Zwar zeigen die jungen GW die erwarteten Einbrüche in sechsstelliger Höhe, aber auch die älteren Semester älter als vier Jahre sowie älter als zehn Jahre haben zu der Differenz von mehr als einer Million Pkw-Besitzumschreibungen gegenüber Vorkrisenjahren erheblich beigetragen", so Geilenbrügge.
Besitzer dieser Alterssegmente zeigten sich aufgrund des wirtschaftlich unsicheren Ausblicks zurückhaltend und scheuten offenbar Kosten und Risiken des Ersatzes ihres bisherigen Fahrzeugs und entzogen damit auch durch längeres Festhalten an ihrem aktuellen Gefährt dem GW-Markt Angebotspotenzial und Kaufoptionen für andere potenzielle Interessenten. "Ein Teufelskreis also, der nur durchbrochen werden kann, wenn sich auch die Aussichten auf wirtschaftliche Sicherheit und ein Rückgang der Inflation, sprich Lebenshaltungskosten, wandeln. Die ersten zarten Hoffnungsschimmer in Form von – zwar hoher – aber immerhin leicht rückläufiger und nur einstelliger Inflationsprognose sowie sinkenden Treibstoffpreisen sind erkennbar."
Wachstumspotenzial durch ältere Jahrgänge
Geilenbrügge betonte: Auch wenn die Wirtschaftsweisen eine Rezession annähmen, so scheine diese mit minus 0,2 Prozent BIP-Entwicklung noch verkraftbar, zumal für 2024 die Aussichten wieder im Plus lägen. "Es bieten also bei den Besitzumschreibungen vor allem ältere Jahrgänge Wachstumspotenzial, denn ausreichend Fahrzeugbestand ist vorhanden. Es müssen nur genug Fahrzeugbesitzer wieder animiert werden, diesen auch handeln zu wollen." Bei den Pkw bis zu vier Jahren Alter sei allerdings eher Stagnation der Mengen zu erwarten, weil aus den Jahren 2020 bis 2022 zu wenig zurückkommen werde.