Peugeot muss in Österreich den Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung im Neuwagenvertrieb binnen drei Monaten stoppen. Der Oberste Gerichtshof (OHG) bestätigte am Montag "den ganz überwiegenden Teil" des erstinstanzlichen Urteils vom Mai vergangenen Jahres, wie Peter Thyri, Rechtsanwalt des klagenden Autohauses Büchl, mitteilte. Der Peugeot-Partner aus Oberösterreich geht mit Unterstützung des Händlerverbands bereits seit Ende 2018 gegen die Praktiken des Generalimporteurs vor.
Die Wiener Richter machen dem Hersteller in der aktuellen Entscheidung (Az.: GZ 16 Ok 4/20d) eine Reihe von Auflagen. So darf PSA im Neuwagenvertrieb Prämienzahlungen an den Handel nicht mehr an Kundenzufriedenheitsumfragen koppeln. Ebenso ist unzulässig, die Handelsspanne der Partnerbetriebe zu reduzieren, wenn diese vom Importeur bewusst überhöhte Verkaufsziele verfehlen, und den Vertragshändlern durch subventionierte Fahrzeuge aus Niederlassungen Konkurrenz zu machen.
Im Werkstattbereich hat der Importeur den Angaben zufolge sein aufwendiges Kontrollsystem abzustellen – gleiches gilt für nicht kostendeckende Stundensätze, die Garantie- und Gewährleistungsarbeiten für die Autohäuser unrentabel machen. "Letztlich darf PSA auch die Kosten seines Mystery Shopping und Audit-Systems für Neuwagen- und Werkstattgeschäft nicht weiter auf die Händler überwälzen", erklärte Thyri.
Im Grundsatz bestätigte der OHG außerdem die einseitige Beschränkung der Preissetzungsfreiheit des Händlers durch den wirtschaftlichen Zwang zur Teilnahme an Aktionen. Hierzu muss das Kartellgericht als Erstinstanz das Verfahren aber ergänzen und nochmals urteilen. In allen übrigen Punkten sei die Entscheidung rechtskräftig und von PSA innerhalb von drei Monaten umzusetzen, hieß es.
Abstellungsauftrag gilt für alle Vertragsverhältnisse
Der Gerichtshof betonte ausdrücklich, dass der Abstellungsauftrag nicht nur für den verhandelten Einzelfall, sondern hinsichtlich aller Vertragsverhältnisse gelte. Ebenso wiesen die Richter auf die parallele Anwendbarkeit des europäischen Kartellrechts hin und setzten sich mit der Begründung der marktbeherrschenden Stellung des Importeurs ebenso wie der Fallgruppe Konditionenmissbrauch gemäß Art 102 AEUV auseinander.
Peugeot Austria muss nun sein Vergütungssystem erheblich anpassen und neu vereinbaren. Eine Berücksichtigung für andere Markennetze – insbesondere jene des Stellantis-Konzerns – empfehle sich schon aus Gründen der Rechtssicherheit, betonte Thyri. "Für zahlreiche betroffene Peugeot-Händler stellt sich zudem unmittelbar die Frage nach dem Ersatz der ihnen jahrelang missbräuchlich vorenthaltenen Vergütungen."
Österreichische und deutsche Branchenverbände begrüßten die Entscheidung. Das Bundesgremium Fahrzeughandel und die Bundesinnung der Fahrzeugtechnik innerhalb WKÖ, der Verband österreichischer Kraftfahrzeugbetriebe (VÖK) und der Klub der Österreichischen Peugeot-Händler sprachen in einer Erklärung von einem "Durchbruch in den jahrzehntelangen Bemühungen um mehr Fairness in der Hersteller-Händlerbeziehung". Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen sei nun der Weg frei für ein neues partnerschaftliches Miteinander in der Automobilbranche.
ZDK-Hauptgeschäftsführer Axel Koblitz erklärte, dass die Entscheidung "Signalwirkung auch für den Automobilhandel in Deutschland und auf europäischer Ebene" habe. Der Kfz-Gewerbeverband wolle "daraus Schlussfolgerungen für die praktische Arbeit in den Fabrikatshändlervereinigungen ziehen".
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