Ausgabe 01-02/2007: Opel / Die AVAG Holding AG ist ein ...

Opel / Die AVAG Holding AG ist ein Familienunternehmen, das durch Nachhaltigkeit, Unabhängigkeit und kurze Entscheidungswege Spitzenleistungen erzieltWirtschafts-kapitänVon Prof. Hannes BrachatDie AVAG war 1991 – nach der Schwabengarage in Stuttgart (Ford) – die zweite Aktiengesellschaft in der Autohandelsbranche. Unter dem Dach der von der Augsburger Zentrale aus geführten operativen Management- und Finanzholding werden heute insgesamt 63 Standorte im Inland und 25 Betriebsstätten im Ausland vereint. 2006 wurden insgesamt 2.700 Mitarbeiter beschäftigt, 51.000 Neufahrzeuge vermarktet und ein Umsatz von 1,1 Milliarden Euro generiert. Albert Still gibt zum 1.1.2007 den Vorstandsvorsitz an seinen Stellvertreter Dr. Volker Borkowski ab und wechselt in den Aufsichtsrat. Der Start1915 war das eigentliche Gründungsjahr der Firma Sigg. Der Gründer, Albert Sigg, war mit dem Vertriebsdirektor von BMW im Krieg. Danach vertrat er 37 Jahre Motorräder der weiß-blauen Marke. Albert Still: "Mein Vater hat die Motorräder, die sein Schwiegervater verkaufte, eher gehasst als geliebt. Sein Diktum war immer: ,Irgendwann verkaufen wir mal richtige Autos'." 1961 stirbt Albert Sigg, sein Schwiegersohn Josef Still sattelt 1963 auf Opel um. Albert Still macht eine Automechanikerlehre, besucht das Polytechnikum in München und kehrt 1965 als Wirtschaftsingenieur zurück. Im Mai 1966 wird er von GM zu einem Spezialkurs zu Chevrolet in die USA eingeladen: "Ich wurde mit Themen konfrontiert, die es bei uns noch gar nicht gab. Deckungsbeitragsrechnung, Deckungsbeitragsprovision usw. Ich kam nach Hause und habe die Deckungsbeitragsprovision zum 1.1.1967 eingeführt." Wer sich an die 60er Jahre erinnern kann, weiß, dass mehr als drei Prozent Nachlass im Neuwagengeschäft quasi undenkbar waren. 1967 wird das Autohaus Sigg an der Neuburger Straße in Augsburg Direkthändler. Still: "Jetzt konnten wir uns frei bewegen." Damals gab es vier Vertragsarten: Großhändler, Direkthändler, S-Händler (Standardhändler), der seine Fahrzeuge vom Großhändler in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bezog, und Autorisierte Opel Servicebetriebe, kurz AOS. Es stand nun die gesellschaftsrechtliche Einbindung von Albert Still an. Der trat mit einer konkreten Forderung auf: "Entweder ich kriege 50 Prozent oder ich gehe. Das war sicher etwas frech, aber es war richtig. 1970 bin ich dann als 50-Prozent-Teilhaber in die Fa. Sigg eingestiegen." Albert Still erzählt Verbandsgeschichte: "1965 wurde der Opel-Händlerverband gegründet, mit Georg von Opel als Vorsitzendem. Unser Opel-Großhändler aus Augsburg wollte keine Flagge zeigen und machte nicht mit. So kam mein Vater als einziger S-Händler in den Gesamtvorstand des Opel-Händlerverbandes. Und so war auch ich immer involviert. Damals war das ja mehr ein Kampfverband, eine Händler-Gewerkschaft. Heute können wir von einem Partnerverband sprechen. Wobei EURODA, der europäische Opel-Händler-Verband, immer größeres Gewicht erhält."ExpansionsschritteMit der Direkthändlerschaft wächst das Autohaus Sigg rasch auf 400 Einheiten. In Füssen eröffnet sich die Möglichkeit, einen weiteren Betrieb zu übernehmen – allerdings mit Schwierigkeiten. Albert Still: "Damals war Georg Hehner Verkaufschef. Der hat mich mächtig angepfiffen. Ob ich denn nicht wisse, dass ein Opel-Händler nicht ohne weiteres einen zweiten Betrieb haben kann? Ich sollte sämtliche Opel-Zeichen abmontieren, das Vertragsverhältnis sei beendet. Ich habe mir gedacht: Füssen ist weit weg von Rüsselsheim. Sollte jemand kontrollieren, hänge ich vorher einen Sack über den Pylon. Wir haben verkauft wie die Weltmeister, jeden Wettbewerb gewonnen, nachdem wir Füssen von Augsburg aus belieferten." Schließlich kommt 1972 doch ein Händlervertrag für Füssen zustande. Und die Expansion geht weiter. "1984 fand eine Händlerreise nach Florida statt", erinnert sich Still: "Dr. Jakob, damals Regionalvertriebsleiter in München, riet mir dabei: ,Gehen Sie doch nach München'." Gesagt, getan: 1984 wird das Autohaus am Olympiapark eröffnet, 1988 der Wickenhäuserbetrieb erworben. Still: "Gerne erinnere ich mich an die Diskussionen mit Prof. Dr. Fritz Wickenhäuser über das Münchener Autohandels-Oligopol. Meine Antwort: Die Hemdsärmel musst du hochschlagen. Das bringt's." Der Mauerfall Mit München ist der Expansionshunger nicht gestillt. Albert Still: "Ende 1988 bot mir Georg Hehner die letzte Opel-Niederlassung Deutschlands in Berlin an. Im September 1989 habe ich den Übernahmebedingungen zugestimmt. Dann fiel die Mauer – und am 11.11. haben Herr Sommerlad und Herr Beikler Junior die Offerte für Berlin zurückgenommen." Am 13. 11. 1989 eröffnete sich die Chance, Exner in Hof zu übernehmen. Am 5.1.1990 gab Still Katrin Lehmann – "einer intelligenten Unternehmens- und Immobilienmaklerin" – den Auftrag, in allen Städten der Ex-DDR über 100.000 Einwohnern festzustellen, wer da jeweils das Automobilgeschäft macht. "Ende Januar habe ich mit ihr die erste Tour durch die Ex-DDR gedreht: Die kleinen Betriebe hatten wahnsinnig Angst, dass ich sie erdrücke. Die Großen hatten nie geglaubt, dass es die VEBs nicht mehr geben werde. Ich habe schnell mit den PGHs Freundschaft geschlossen und am 1. Mai mit der PGH Berlin Köpenick den ersten Vertrag unterschieben, um einen Opel-Betrieb zu gründen. Wir sind mit einem Konzept gekommen, wie die vielen Betriebsteile sinnvoll zu nutzen sind, auch mit mehreren Marken. Bis zum 1. 7. 1990 kamen Berlin, Halle, Zwickau und Chemnitz dazu. Dann haben wir von den VEB noch Leipzig gekauft. Mehr haben wir nicht gepackt. Thüringen etwa haben wir ausgeklammert, da unsere Managementkapazität nicht mehr reichte. Heute stellen wir fest, die Sachsen liegen uns. Sie sind fleißig wie wir Schwaben, haben unsere Mentalität und die Sprache haben wir auch schon gelernt. Wir haben uns aber auch teilweise wieder getrennt, wo es nicht so gut lief. In Zwickau. Die übrigen Betriebe laufen heute hervorragend." Multifranchise undInternationalisierungDer Weg zum Mehrmarkenhandel war quasi vorgegeben: Die PGH in Dresden hatte zum Beispiel fünf Betriebsstätten. Maximal zwei konnte man mit Opel auslasten. Die anderen wurden mit Nissan und Toyota bestückt. Ähnlich in Halle: "Das war eine glänzende Zusammenarbeit mit dem späteren Toyota-Verkaufschef Becker. Dann haben wir noch einen Toyota-Händler in München übernommen und hatten jetzt auch bei Toyota ordentliches Gewicht." Als Nächstes folgten Grenzüberschreitungen: "Mein Freund Klaus Kirchgässler, dem ich 1989 seinen Opel-Betrieb in Augsburg abgekauft hatte, brauchte Fahrzeuge für Jugoslawien. So begannen unsere ersten Gehversuche in Kroatien. 1991, zu Kriegszeiten, wollte da keiner runter. Wir haben das Opel-Geschäft in Kroatien fünf Jahre richtig aufgebaut und sind heute in Zagreb, Rijeka, Split und Osijek mit eigenen Betrieben vertreten. Letztes Jahr wurde eine Rendite von drei Prozent erzielt. Wir verkaufen dort pro Jahr etwa 6.000 Opel und Chevrolet." Weiter ging es Schlag auf Schlag. In Ungarn nach Budapest und Szombathely; in Polen mit drei Betrieben in Warschau. "Inzwischen kam 1993 erneut die Offerte für die Berliner Opel-Niederlassung in der Bessemerstraße", so Albert Still, "heute sind wir also mit vier Standorten in Berlin aktiv. Jetzt schauen wir noch, ob sich was im Rhein-Main-Gebiet tut." Auch Österreich rückte ins Expansionsvisier: "Ich bekam einen Betrieb in Traun angeboten, dann der Gang nach Linz. Herr Hall in Wien hatte mich schon einige Zeit beobachtet. Ich war aber dort mit Eisner im Gespräch. Das hatte Herr Hall mitbekommen. Zwei Jahre zogen sich die Verhandlungen hin, dann sind wir bei Opel & Beyschlag eingestiegen. Jetzt machen wir 16 Prozent des österreichischen Opel-Geschäftes, mit steigender Tendenz." Fragt man Albert Still zur Modellpolitik von Opel, antwortet er hintergründig: "Bin ich mit der Opel-Führung unterwegs, pflege ich zu scherzen: 1966 war mein Dienstwagen ein Diplomat V 8. Wenn ihr so weitermacht, fahre ich mit einem Kadett in den Ruhestand. Diplomat, Admiral, Kapitän – gibt's nicht mehr! Opel muss jetzt endlich hergehen und den Vectra in den nächsten zwei Jahren so positionieren, dass er als Volumenmodell erhalten bleibt und zugleich das Fundament für einen Omega-Nachfolger hergibt." Gute Gesprächskultur mit dem HerstellerDer VDOH hat sich im Laufe der Jahre erheblich (auch in seiner Arbeitsweise) gewandelt. Hauptziel muss weiterhin – insofern schließt sich der Kreis aus der Historie – das Vorantreiben des Opel-Geschäfts zum Wohle der Händlerschaft und des Herstellers sein. Intern wird eine starke Integrationskraft im Rahmen der immer weiter fortlaufenden Konzentration im Handel erforderlich sein; Mega-Dealer wie kleine Händler müssen sich im Verband "zu Hause" fühlen. Derzeit ist dies durch eine entsprechende Struktur des VDOH-Vorstands und seiner dort tätigen Personen gewährleistet. Dass einzelne Händlergruppen direkte Gespräche mit dem Hersteller führen, ist nicht neu. Wichtig ist nur, dass der entsprechende Informations- und Schulterschluss erhalten bleibt. Ob die Fabrikatsverbände eines Tages im Zusammenschluss eigene Wege gehen, um spezielle fabrikatsgebundene Probleme besser zu lösen, wird sich zeigen. Aktuell ist der VDOH in einer lang nicht mehr da gewesenen, sehr guten Gesprächsphase und -kultur mit der Adam Opel GmbH. Dies hängt – wie immer – mit den Personen und Gesprächspartnern zusammen. Derzeit ist man händlerseits, insbesondere was die Bereitschaft zum Eingehen auf Händlerbelange betrifft, sehr zufrieden. Verjüngung der MarkeWas hat im abgelaufenen Automobiljahr mit Blick auf 2007 am nachhaltigsten beeindruckt? Vor allem pfiffige Ideen und Konzepte, die uns auch emotional berührten. Tatsächlich prägen Emotionen unsere Branche mehr denn je.Opel setzt deshalb mit dem Fokus auf die Produktqualität und die Verjüngung der Marke konsequent den eingeschlagenen Weg fort. Bestes Beispiel ist der neue Corsa, dessen Erfolg sogar unsere hoch gesteckten Erwartungen übertrifft. Nicht zuletzt dank der ungewöhnlichen Werbekampagne wecken wir positive Emotionen. Ähnliches gilt für den Antara, der als variabler Allrad-Crossover das junge Gesicht von Opel neu interpretiert. Absatzrekorde, für die vor allem die Neuauflage des Vivaro verantwortlich zeichnet, unterstreichen die Kompetenz von Opel auch auf dem Nutzfahrzeugmarkt. Und wenn bald der neue GT ins Scheinwerferlicht der Ausstellungsräume rollt, wird das Begeisterungspotenzial der Marke Opel noch offenbarer. Gleichzeitig sind wir ganz nahe an den Bedürfnissen der Kunden. Wir setzen auf enge Kontakte zu unseren Vertragspartnern, Verkaufsfördermaßnahmen mit strategischer Ausrichtung hin zu längerfristiger Kundenbindung und höherer Kundenkontaktfrequenz. Das fördert eine stabile Wertschöpfung in den Betrieben. Zusätzlich ist durch vereinfachte Standards sowie das Margen- und Bonussystem, das zum Vorteil der Händler überarbeitet wurde, mit Opel in den Autohäusern wieder gutes Geld zu verdienen. Dies trägt spürbar zur optimistischen Grundstimmung bei.Ein offensichtlich attraktives Geschäftsmodell – wie anders ist zu erklären, dass sich vermehrt Händler um die Aufnahme von Opel und der anderen GM-Marken ins Portfolio bewerben? Dies vor dem Hintergrund des weiteren Ausbaus unseres Produktspektrums. Wir erschließen Wachstumssegmente und nutzen unsere Eroberungskraft wie jetzt im SUV-Bereich mit dem Antara. Wohin das angesichts der Opel-Stärken Design, Dynamik und Variabilität führt, zeigt die Van-Marktführerschaft mit Zafira und Meriva. Angesichts solcher Perspektiven sind uns tüchtige Partner immer willkommen. Für die Autokäufer setzen wir jetzt mit der neuen Corporate Identity ein Signal. Insgesamt investieren GM und die Händler in Deutschland rund 90 Millionen Euro in das Programm. Die meisten Autohäuser kommen zwischen 2007 und 2009 in den Genuss des neu entwickelten Gruppendesigns mit klaren Linien und einer technisch modernen Anmutung. Die hochwertige und zugleich bezahlbare Ausstattung vermittelt die richtige Qualitätsbotschaft. An der lassen sich alle Produkte und Marken des starken GM-Verbunds messen – von Chevrolet über Opel bis hin zu Saab. In Deutschland profitieren über 2.000 Opel-Standorte von der Auffrischung, an 300 davon werden zugleich auch die GM-Schwestermarken Saab beziehungsweise Chevrolet angeboten. Vorteil der Vertriebspartner, wenn sie mehrere GM-Marken führen: Sie erreichen unterschiedliche Zielgruppen. Im Idealfall begleiten sie die Käufer durchs Leben, fördern und bedienen so je nach Einkommens- und Familienstand ihre automobilen Emotionen. Ich wünsche dem AUTOHAUS-Team alles Gute für die nächsten 50 Jahre im Dienste der Kunden, die auch unsere ersten und wichtigsten sind.

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