Unternehmensberater Martin-Dieter Herke, Autor des monatlichen AUTOHAUS-Zinsspiegels, ist wieder mit wertvollen Tipps rund um Banken, Kredite und Finanzierungen am Start. Das Thema der aktuellen Ausgabe von "Leser fragen – Herke antwortet": Vor- und Nachteile von Darlehen mit variablem Zinssatz.
Frage: Ich habe vor einigen Jahren ein Darlehen mit variablem Zinssatz aufgenommen und gewinne immer mehr den Eindruck, dass dies für mich zum Nachteil geworden ist, da die Bank bisher mit Zinssenkungen sehr sparsam umgegangen ist. Gibt es dafür Vorschriften, an die sich die Bank halten muss?
Antwort:Es kann durchaus gute Gründe für Sie geben, ein Darlehen mit variablem Zinssatz aufzunehmen. Wenn Sie mit Ihrer Finanzierung flexibel sein und das Darlehen entweder vorzeitig zurückzahlen oder umschulden möchten, bietet sich eine variable Zinsvereinbarung an. Andererseits haben Sie den Nachteil des Zinsänderungsrisikos.
Vorteile von Darlehen mit variablem Zinssatz
- Sie können Ihr Darlehen jederzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zurückzahlen.
- Sie können Ihr Darlehen jederzeit in ein Festzinsdarlehen umwandeln.
- Sie können in einer Hochzinsphase von wieder sinkenden Zinsen profitieren.
Nachteil von Darlehen mit variablem Zinssatz
- Sie unterliegen in vollem Umfang dem Zinsänderungsrisiko und haben deshalb keine sichere Kalkulationsgrundlage für Ihren Zinsendienst über einen längeren Zeitraum.
Variable Zinsen – Banken können nicht nach Gutdünken handeln
Auch wenn Sie einen variablen Zinssatz gewählt haben, sind Sie keineswegs der Bankenwillkür ausgesetzt. Die Bank kann den Zinssatz nicht nach Belieben erhöhen. Sie haben sogar ein Recht darauf, dass Zinssenkungen an Sie weiter gegeben werden. In zwei Gerichtsurteilen ist der Rahmen für das Bankenverhalten abgesteckt:
Wenn sich eine Bank in einem formularmäßigen Kreditvertrag einseitig eine Zinsänderung vorbehält, so ist diese Klausel grundsätzlich dahingehend auszulegen, dass sie lediglich eine Anpassung (Erhöhung oder Senkung) des Vertragszinses an kapitalmarktbedingte Änderungen der Refinanzierungskonditionen der Bank gemäß § 315 BGB ermöglicht. Sie berechtigt die Bank also nicht nur zu Zinserhöhungen, sondern verpflichtet sie auch, bei einer entsprechenden Änderung des allgemeinen Zinsniveaus den Zins innerhalb angemessener Frist wieder zu senken. (Bundesgerichtshof (BGH) Urteil Az.: III ZR 195/84)
Das Oberlandesgericht Celle hat das BGH-Urteil präzisiert und gibt den Banken die Vorgehensweise bei Zinsänderungen vor:
Wenn im Kreditvertrag keine genaue Vereinbarung getroffen wurde, muss sich die Bank an dem von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Durchschnittszinssatz für Hypothekarkredite für Wohnungsgrundstücke zu Gleitzinsen orientieren. Siehe auch unter www.bundesbank.de
Der bei Vertragsabschluss bestehende Abstand des Vertragszinssatzes im Verhältnis zum Durchschnittswert darf während der Laufzeit nicht zu Lasten des Darlehensnehmers verändert werden.
Wenn der Durchschnittszinssatz um mehr als 0,2 Prozentpunkte sinkt, muss die Bank diese Zinssenkung an ihren Darlehensnehmer weitergeben. Als maßgeblichen Zeitpunkt für die Weitergabe von Zinssenkungen ist jeweils die Entwicklung zum letzten Monat des Quartals. (Oberlandesgericht Celle Az.: 3 U 240/89).
Auf Grund dieser Rechtsprechung haben Sie als Kreditnehmer einen Anspruch darauf, dass Ihr variabel vereinbarter Zinssatz jeweils an die allgemeine Zinsentwicklung angeglichen wird.
Martin Dieter Herke