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Kommentar: Partnerschaft geht anders

20.11.2017 14:00 Uhr
Dominic Multerer
Dominic Multerer: "Die Eigenmarke ist die Lebensversicherung eines Autohändlers!"
© Foto: Dominic Multerer

VW kündigt seinen Händlern: Machte ich mit der Marke weiter? Wie rette ich mein Geschäft? Denkanstöße und Lösungsvorschläge von Marketing- und Vertriebsprofi Dominic Multerer.

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Von Dominic Multerer

Die Händler erfuhren das "Gerücht" aus der Presse, dass VW seinen 3.200 Händlern in Europa kündigt. Was bedeutet das für die Branche? Bleibt es bei einem Einzelfall - oder ziehen andere Hersteller gleich? Welche Chancen haben die Händler?

Vertrauensbruch?

Stellen Sie sich vor, Sie erfahren von einem Schulfreund, dass Ihre Frau mit Ihnen nächste Woche die Ehe beenden will. Wie fühlen Sie sich? Schlecht und hintergangen. Sie fragen sich, ob es stimmt. Wenn Sie Ihre Frau darauf ansprechen, kommt nur Schweigen. So fühlen sich die VW-Händler in Europa. Und in ihrem Fall geht es nicht nur um Vertrauen und Partnerschaft, sondern schlichtweg auch um Existenzen.

Im ersten Quartal 2018 werden wohl die Kündigungen ausgesprochen, welche dann voraussichtlich Ende 2019 in Kraft treten. VW und die Händler versuchen seit Jahren Vertriebskosten einzusparen – und der ausbleibende Erfolg wird wohl der Grund für diese groß angelegte Kündigungswelle sein.

Es geht um Geld, worum sonst. Seit Jahren beherrschen auf Händlertagungen, die meist Monolog des Herstellers sind, die Themen "Kosteneinsparung", "Vertriebsaudit" und andere Modewörter die Tagesordnung. Am Ende ist das Ergebnis gleich: VW möchte mehr Geld verdienen. Eine schwierige Situation, denn durch Eigenzulassungen, stetige Rabattaktionen für Großkunden & Co. ist der Händler gezwungen, ebenfalls Rabatte einzuräumen. Dagegen hält der Hersteller, dass wenn der Händler weniger Rabatte gibt, dann habe er ja mehr Ertrag. Ein Teufelskreis, so scheint es.

Beide brauchen einander, Schuld ist dennoch immer der andere. Mit der Kündigungswelle wird VW seine Macht demonstrieren und zeigen, wer der Herr im Haus ist. Der Händler wird etwa ein Prozent seiner Marge abgeben müssen. Große Ketten werden, so wird am Markt vermutet, Sondervereinbarungen bekommen, sodass ein Großteil des Vertriebsnetzes für VW nicht wegbricht. 

Unter vorgehaltener Hand berichten mir Händler, dass große und mittlere Gruppen für mögliche Übernahmen "heiß" gemacht werden, weil kleine Betriebe nicht mehr profitabel wirtschaften können. "Die Loyalität zur Marke VW ist da, für das Management und deren wilden Aktionismus, finde ich keine Worte", so ein großer Händler.

Ein Ausweg: Eigenmarke

Die Händler befinden sich in einer extremen Abhängigkeit, weil Sie keine Alternative haben. Sie repräsentieren eine Herstellermarke, aber nicht sich selbst. Die Händler haben selbst als Marke keine Sichtbarkeit, was extrem gefährlich ist, denn mit einem drohenden Verlust eines Herstellers geht jahrelange Arbeit zu Bruch. Bereits 2012 habe ich für eine der größten Mehrmarkengruppen des Landes federführend das Thema Eigenmarke entwickelt, weil es einfach notwendig ist, wenn man unabhängig auf immer schnell rotierende Märkte reagieren will. Der Händler muss begreifen, dass der Erfolg seines Unternehmens nicht an einer Marke hängen darf, die auch noch alles "diktiert". Man braucht eigene Identität, der Kunde muss zum Händler kommen, der die passende Marke im Portfolio hat. Die Eigenmarke ist die Lebensversicherung eines Autohändlers! Leider beschäftigen sich zu wenige damit!

Händler, pack Dir an die eigene Nase!

Ob das alles nun stimmt, oder nicht. Es spielt keine Rolle. Fakt ist: VW hat sich mittel- und langfristig keinen Gefallen getan, seinen "Partnern" in den Rücken zu fallen. Das Vertrauensverhältnis ist massiv gestört, die Marke wird leiden. Kurzfristig werden alle über neue Verträge froh sein, mittelfristig wird man sich an die Firmenpolitik erinnern und mit anderem Produktportfolio sowie dem konsequenten Weg zur Händler-Eigenmarke seine Existenz sichern.

Eines ist mir Besonders wichtig: Liebe Händler, übernehmen Sie Verantwortung für Ihr Geschäft und legen Sie Ihr Schicksal nicht in die Hände der Hersteller.


Dominic Multerer ist einer der führenden Marketing- und Vertriebsvordenker im Automotivesektor, Hochschuldozent und Redner. Er ist Autor mehrerer Bestseller und zählt u.a. Dürkop, Christoph Kroschke und Goodyear zu seinen Referenzen. Wertvolle Praxistipps gibt es von Dominic Multerer im Webinar bei AUTOHAUS next unter http://next.autohaus.de. Jetzt anmelden!

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KOMMENTARE


VW und Audi Händler

21.11.2017 - 08:18 Uhr

Vielen Dank Herr Multerer für diesen Artikel! Leider können wir dem Hersteller nicht sagen, was wir denken und wie wir uns eine Partnerschaft vorstellen, da wir sonst massiv bekämpft werden und um die Existenz unserer Unternehmen fürchten müssen.


Oliver Fett

21.11.2017 - 14:28 Uhr

Lieber Dominic. vielen Dank für deinen Artikel "Partnerschaft geht anders".Du hast es in deinem Artikel das Thema Marke wieder wunderbar auf den Punkt gebracht. Seit vielen Jahren spürt man nämlich förmlich den Identitätsverlust vieler Autohändler. Früher ist man noch zum "Händler Meier" gefahren, heute wird nur noch die nächste Markenwerkstatt gesucht. Die eigene Identität und Händlermarke "Name" tritt immer weiter in den Hintergrund.Ein Grund ist sicherlich, dass sich viele Händler längst in eine wirtschaftliche Anhängigkeit zum Herstellers begeben haben und tun, was man Ihnen sagt. Das letzte wirklich eigene und wertvollste Gut, nämlich der "Autohaus"-Kunde, wird dann noch sträflich vernachlässigt. Warum kümmert sich der Handel so wenig um seine Kunden? Wir selbst betreiben mit unserer Agentur 24relations, ein Kampagnentool und Kundenportal für den Autohandel und stellen fest, dass wir in dieser Disziplin beim Handel noch ganz am Anfang stehen. Dabei könnte jeder Händler hier seine Identität einsetzen und seine Existenz sichern. Die Praxis zeigt jedoch, dass auch das Thema Kunde vom den Herstellern angegangen intensiv angegangen wird. Fraglich, ob der "Autohaus"-Kunde oder der "Marken"-Kunde dann im Vordergrund steht. Was bleibt noch von der "Händlermarke", wenn der Hersteller auch den Kunden hat? Bleibt zu hoffen, dass die Händler deinem Schlusssatz folgen. Viele GrüßeOliver Fett


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