Gastkommentar: Der Handel hat eine einmalige Chance
Die Agentur kann für den Agenten gegenüber dem Handelsmodell von Vorteil sein. Voraussetzung ist, dass die wichtigen Themen von den Agenten ohne Wenn und Aber auf die Agenda genommen werden.
Ist die Agentur von Vorteil? Von maßgebenden Agenten außerhalb der Automobilbranche aus dem Handel mit Konsum- und Industriegütern wird diese Frage mit einem klaren "Ja" beantwortet. Die Agentur würde sich als vertraglicher Rahmen für ihr Geschäft sehr gut eignen. Das Geschäft wäre damit händelbar. Die unternehmerischen Risiken überschaubarer und vor allem berechenbarer als mit einem Handelsvertrag.
Die Bewertung der Agentur von den Händlern und deren Verbandsvertretern aus dem Automobilhandel fällt derzeit noch nicht so positiv aus. Dies kann in der Berichterstattung etwa im Handelsblatt (26.01.2023) oder der FAZ (14.04.2023) nachverfolgt werden. Überwiegend ist in den Artikeln von Skepsis, Vorbehalten, Bedenken und Frustration der künftigen Agenten die Rede. Keine einzige positive Aussage. Es wird nicht über eventuelle Chancen, sondern vor allem über die Bedrohungen berichtet, die von dieser neuen Vertriebsform angeblich ausgehen sollen. In persönlichen Gesprächen mit Händlern, die sich mit den aktuellen Veränderungen in der Branche intensiv auseinandersetzen, bekommt man hingegen immer mehr positive Aussagen zur Agentur zu hören.
Alles in allem entsteht trotzdem der Eindruck, dass sich die Automobilhändler von den Herstellern wieder einmal ihre eigene Zukunft anordnen lassen, nur zähneknirschend mitmachen oder sogar vereinzelt vor der Agentur flüchten und die Chance zum Ausstieg nutzen. Eine konstruktive Positionierung des Handels mit fundierten Argumenten dafür oder dagegen findet ganzheitlich nicht statt. Die Hersteller geben die Bedingungen vor und der Handel bringt sich nicht mit einer eigenen Vehemenz ein. Ein wirklicher Neuanfang mit der Agentur wird so nicht gelingen.
Chance zur Transformation nutzen
Gerade jetzt hätte der Handel die Chance, den frühen Zeitpunkt in dem laufenden Transformationsprozess dafür zu nutzen seine eigene Stärke, Argumente und Haltung zur Agentur einzubringen und durchzusetzen. Nicht nur mit Meinungsäußerungen oder Blockaden, sondern mit konstruktiven Beiträgen aus seinen Erfahrungen. Transformation beinhaltet grundlegenden Wandel für alle Beteiligten und selbstverständlich auch die intensive Zusammenarbeit bei der Gestaltung.
Der Handel müsste seine defensive Haltung verlassen, sich deutlich auf fundierte, ihm bekannte Fakten konzentrieren und sich dann mit Argumenten, Vorstellungen und auch wirtschaftlichen Berechnungen deutlich positionieren. Die Hersteller hätten dann nur die Chance mit schlagenden Argumenten und besseren Ideen zu punkten und nicht wie es derzeit abläuft, Provisionshöhen ohne fundierte und nachvollziehbare Kalkulationen und Umsetzungschancen vorzugeben. Über nachvollziehbare Verbesserungen mit der Agentur gegenüber den Kunden wird nur unvollkommen und nicht abschließend durchdacht gesprochen.
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