Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) hat sich in einem Brandbrief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gewandt. Anlass dafür ist eine Anordnung des Bundesfinanzministeriums, durch die die Branchenvertreter ein "Bürokratiemonster" auf sich zukommen sehen. Laut der Anordnung sollen Garantiezusagen von Autohändlern gegenüber Fahrzeugkäufern ab 1. Juli 2021 versicherungs- und umsatzsteuerrechtlich grundlegend anders behandelt werden als bisher. Heißt konkret: Erteilt ein Händler seinem Kunden eine Garantiezusage, würde er nach Lesart des ZDK steuerrechtlich gesehen zum Versicherer. Der ZDK bezieht sich hierbei auf ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 11. Mai 2021 an die Obersten Finanzbehörden der Länder. In diesem begründet das Ministerium seinen Schritt den Angaben zufolge mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. November 2018.
Enormer administrativer Zusatz-Aufwand
Der ZDK fürchtet nun – so wörtlich – "verheerende Konsequenzen". Denn als Versicherer müssten sich die Händler im Zweifel beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren lassen, monatlich Versicherungssteuer anmelden und abführen, besonderen Aufzeichnungspflichten nachkommen und separate Rechnungen für die Garantiezusagen erteilen. "Allein dieser bürokratische Zusatzaufwand ist für den Automobilhandel, der durch den Corona-bedingten monatelangen Lockdown ohnehin mit dem Rücken zur Wand steht, nicht zumutbar und innerhalb der kurzen Frist bis zum 30. Juni 2021 auch gar nicht zu bewältigen", erklärte ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn.
Daneben befürchtet der ZDK massive finanzielle Folgen für die Händler: Aufgrund der künftig versicherungssteuerpflichtigen, aber umsatzsteuerfreien Garantiezusagen sei der Vorsteuerabzug des Händlers aus Eingangsleistungen (Ersatzteile, Gemeinkosten) nicht mehr möglich. Das bedeutet nach Ansicht der Branchenvertreter eine massive wirtschaftliche Schlechterstellung des Handels. Auch müsse der Händler hinsichtlich der Gemeinkosten einen Vorsteuerschlüssel ermitteln bzw. neu einführen.
Aufgrund der Fehlerträchtigkeit dieser ebenso radikalen wie kurzfristigen Umstellungen seien hoher Korrekturaufwand, häufige Rückzahlungen und letzten Endes in manchen Fällen sogar die zumindest faktische Doppelbelastung mit Versicherungs- und Umsatzsteuer nahezu unvermeidlich, glaubt der ZDK. Der Verband wirft zudem die Frage auf, wie die vorhandenen Versicherungssteuerprüfer neben rund 530 Versicherungsgesellschaften zusätzlich noch mehrere tausend Autohändler prüfen sollen.
ZDK will längere Übergangsfrist
In dem Schreiben an Bundesfinanzminister Olaf Scholz fordert Peckruhn deshalb mit Verweis auf die Folgen der Anweisung, die den Bundesländern eingeräumte Frist (Umsetzung ab 1. Juli 2021) um mindestens zwölf Monate bzw. besser noch bis Ende 2022 zu verlängern. Im zweiten Schritt solle dann unter Beteiligung der betroffenen Kreise eine den Bedürfnissen der Betriebe und ihrer Kunden entsprechende, praktisch umsetzbare Lösung erarbeitet werden.
Mit seinen Sorgen ist der ZDK nicht alleine. Auch die Steuerexperten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rath, Anders, Dr. Wanner und Partner mbB sehen durch die Anordnung zahlreiche Probleme auf die Branche zukommen. RAW-Rechtsanwalt und Steuerberater Maximilian Appelt widmet sich dem Thema daher ausführlich in AUTOHAUS-Ausgabe 11, die am 14. Juni erscheint.