Blick nach vorn: Es geht nur noch digital

Die Kundenbindung kann nur mit digitaler Unterstützung aufrechterhalten werden - sagt Horst Neubacher, geschäftsführender Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner mbB. In diesem innovativen Umfeld die Hersteller-Händler-Beziehung zu gestalten, ist seiner Meinung nach eine der großen Herausforderungen. AH: Sehen Sie die Digitalisierung in der Automobilwirtschaft eher als Chance oder als Bedrohung? H. Neubacher: Die technische Entwicklung seit Erfindung von Computer, Internet und Smartphone geht in rasanten Schritten weiter. Diese Dinge sind zum festen Bestandteil nicht nur der Arbeitswelt, sondern auch des privaten Lebens geworden. Viele Abläufe, Arbeitsmittel und Geschäftschancen sind heute nur noch digital. Auch die Kundenbindung kann nur mit digitaler Begleitung erhalten werden. Man muss als Autohaus im Internet sichtbar und erreichbar sein und die Prozesse im Haus weiter vorantreiben. Beispiel ist auch der Einsatz von Tablets an der Direktannahme und die papierlose Dokumentation der dort getroffenen Feststellungen, die digitale Terminfestlegung im Service über Smartphones usw. Am sinnvollsten erscheint die Einrichtung einer eigenen Arbeitsgruppe im Autohaus, die die Digitalisierungsfelder identifiziert, Prozesse erarbeitet und auch die Arbeitnehmer mitnimmt, die einen nicht zu unterschätzenden Baustein bei der Digitalisierung darstellen. AH: Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie auf die Automobilwirtschaft zukommen? H. Neubacher: Neben der Digitalisierung ist die größte Herausforderung sicherlich die Gestaltung der Händler-Hersteller-Beziehung, auch im Hinblick auf die Entwicklung von Elektromobilität, autonomes Fahren und Carsharing. Die bisher erzielten Margen im Neuwagengeschäft sind oft zu gering, um die anstehenden Investitionen in Gebäude und auch in die Digitalisierung zu bezahlen. Allein der Neuwagenbereich verdient heute kaum wirklich Geld, obwohl die Hersteller gerade an diesen die größten Ansprüche stellen. Daneben stellt sich die Frage nach der Entwicklung von Restwerten wie beim Diesel. Es wird sich sicher auf den Wert von Fahrzeugen auswirken, wenn heute schon die Nachfrage nach Neuwagen mit dieser Antriebsart sinkt bzw. neue, saubere Dieseltechnologien entwickelt werden. AH: Wie sollten sich heute Autohandel und Kfz-Gewerbe zukunftssicher aufstellen? H. Neubacher: Aufgrund der rund 45,5 Mio. zugelassenen Fahrzeuge und eines durchschnittlichen Alters der Fahrzeuge von ca. 9 Jahren gilt es den renditeträchtigeren Gebrauchtwagenverkauf und das Aftersales-Geschäft zu sichern. Neben Kundenbindung sollte der markengebundene Handel auch attraktivere Reparaturen von alten Fahrzeugen (es müssen nicht immer Originalteile sein) anbieten. Dieser Geschäftsbereich wird sicherlich noch für Jahre Bestand haben. Im Neuwagenbereich dürfte im Hinblick auf Elektromobilität, mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge und Carsharing-Modelle in Ballungszentren Verunsicherung einziehen. Vielleicht ist auch zu überlegen, sich vom Neuwagenverkauf zu trennen. AH: Was tun Sie und Ihr Unternehmen derzeit für das Thema Zukunftssicherung? H. Neubacher: Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer arbeiten wir aufgrund der Anforderung, Steuerbilanzen, Steuererklärungen sowie Jahresabschlüsse an Finanzämter und den Bundesanzeiger auf elektronischem Wege zu übertragen, schon vielfach digital. Es wird bei uns auch größtenteils nur noch auf "digitale" Buchmedien wie z. B. Kommentare zum Steuerrecht zurückgegriffen. Bei unseren Rechtsanwälten gibt es bei Gerichten nur noch ein elektronisches Postfach. In der Mandantenbeziehung wird es künftig für uns wichtig, die Prozesse des Mandanten für unsere Dienstleistungen (Finanzbuchhaltung/Lohnbuchhaltung/Jahresabschlusserstellung) stärker als bisher digital zu adaptieren. Sprich wir werden quasi zu einer Abteilung bei unseren Mandanten. Wir sind stärker in deren Leistungserstellungsprozesse bei Rechnungsschreibung, Warenverbuchungen, Lohnabrechnungen als bisher eingebunden sein. Wir erbringen dann nicht mehr die Dienstleistung "Buchhaltung mit Pendelordner", sondern müssen schon bei der (elektronischen) Belegerstellung an den Kunden individuell ausgerichtete Prozesse und Dienstleistungen anbieten.

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