Händleraktivitäten im Car-Sharing: Engagement & Prozesse müssen stimmen

Wer immer noch glaubt, Car-Sharing ist etwas für umweltbeseelte Torfsocken, ist auf dem Holzweg: Wohnungsbauunternehmen wollen Wohnungen trotz wenig Parkplätzen attraktiv machen. Gewerbeunternehmen wollen einen kurzfristigen Bedarf abdecken, Kosten sparen und trotzdem ein zusätzliches Angebot für die Mitarbeiter haben. Geschäftsreisende suchen Anschlussmobilität an Bahn oder Flugzeug, ohne das Auto für einen ganzen Tag mieten zu müssen. Auch auf dem Land steigt die Nachfrage: Bürgermeister wollen ihre Gemeinde gerne als modern und gut erreichbar positionieren. Einsatzgebiete für Car-Sharing gibt es viele. In 521 deutschen Städten gibt es laut Bundesverband Car-Sharing-Angebote. Immerhin 384 davon haben weniger als 50.000 Einwohner. Noch sind es nicht allzu viele Autohäuser, die in diesem Geschäftsbereich aktiv sind, und man kann auch nicht uneingeschränkt dazu raten, denn mit Car-Sharing Geld zu verdienen ist nicht so einfach. "Die Prozesse müssen stimmen", sagt zum Beispiel Christian Dufner, der für das Autohaus Schmid in Waldkirch im April 2012 mit einem Car-Sharing-Angebot begann und damit zu den Ersten der Branche gehörte. Er betreibt das Geschäft mittlerweile sehr erfolgreich. Seine "Grüne Flotte", die unter diesem Label in Freiburg und Umgebung fährt, wurde in den letzten drei Jahren von 35 auf 110 Fahrzeuge erweitert. Aus den 1.000 Nutzern sind 5.000 geworden, aus vier Standorten 45. Und weitere sind geplant. "Reich werden wir damit nicht, aber wir legen auch nichts drauf", sagt Dufner. Nicht zu unterschätzen ist für den Gebrauchtwagen-Verkaufsleiter des Autohauses dabei auch die Tatsache, dass die Fahrzeuge als gute junge Gebrauchte zurück in den Betrieb kommen. Viele Einsatzgebiete Auch das Autohaus Rüschkamp in Lünen experimentiert schon länger mit Car-Sharing. Der Verantwortliche Wolfgang Kampmann spricht ebenfalls von ständig steigender Nachfrage. Fünf Fahrzeuge hat der Betrieb derzeit im Einsatz. Am meisten Freude macht ein Corsa, der am Hauptbahnhof in Dortmund steht. "Damit verdienen wir 900 Euro im Monat." Aber auch in einem Gewerbegebiet der Stadt steht ein Fahrzeug, das vor allem von Pflegediensten genutzt wird. Immer mehr Gewerbetreibende wenden sich an Kampmann und wollen zusammenarbeiten. Als Dienstleister nutzt Rüschkamp schon länger Drive-Carsharing. Als Pilothändler des CarUnity Programms von Opel testet das Autohaus im Ruhrgebiet aber auch das Angebot des Herstellers. Bislang sieht Kampmann das eher als Probefahrtprogramm für Corsa, Adam und Vivaro. Auch als zusätzliches Verkaufsargument für junge Menschen tauge das Angebot, denn wer seinen Privatwagen an andere Privatleute vermieten und damit etwas Geld verdienen kann, kann mehr für das Auto bezahlen. Da die Interessenten für CarUnity mit dem Vertrag, den sie sich im Internet herunterladen konnten, ins Autohaus kommen müssen, ist dies auch ein Türöffner für junge Zielgruppen, die vielleicht sonst nicht den Weg dorthin gefunden hätten. Die Rüsselsheimer beabsichtigen auch, CarUnity als "Drehkreuz für Mobilitätsangebote" weiter auszubauen. Kooperationspartner Das Autohaus Märtin in Freiburg hat seine Aktivitäten im Car-Sharing Anfang 2013 gestartet. Der BMW- und Mini-Händler wurde zunächst Lieferant und dann Kooperationspartner von Stadtmobil Südbaden. Stadtmobil Südbaden hat derzeit 160 Fahrzeuge im Angebot, zehn davon kommen aus dem Autohaus Märtin, das auch zwei Parkplätze auf dem eigenen Firmengelände in Freiburg dafür ausgewiesen hat. "Wir planen das auch in anderen Filialen", erläutert Verkaufsleiter Tobias Gutgsell. Und natürlich kümmert sich das Autohaus um Wartung, Service und Reinigung der gelieferten Fahrzeuge. Wichtig ist Gutgsell aber auch der Marketingeffekt: "Zum Beispiel halten wir Vorträge über E-Mobilität auf Veranstaltungen von Stadtmobil und unsere Fahrzeuge sind beklebt im Stadtbild unterwegs." Auch im Service interessant Auch für das Autohaus Arndt lohnt sich das Car-Sharing-Angebot von Citroen in Berlin, obwohl der Händler keine Autos an "Multicity" verkauft. Denn der Betrieb an der Persiusstraße kümmert sich um Wartung und Service für die Fahrzeuge. Drei Hochvolttechniker sind für die Stromer zuständig, ein Hol- und Bringdienst ist eingerichtet. Auf dem Gelände des Autohauses gibt es auch eigene Ladestellen. Kein Selbstläufer: "Das erfordert Initiative", meint Alexander Arndt, der als Prokurist für die Aktivitäten in diesem Bereich verantwortlich zeichnet. Neben den verkauften Werkstattstunden sind auch hier gut nachgefragte Gebrauchtwagen der Lohn für das Engagement. Da das Autohaus Arndt auch als Registrierungsstelle für Multicity in Berlin aktiv ist, kennen die Kunden den Betrieb und fragen schon einmal nach, ob man ein solches Elektroauto auch kaufen kann. Die Fahrzeuge aus der Multicity-Flotte gehen zwar zurück zum Importeur nach Köln, von dort kann Arndt aber andere Fahrzeuge zu günstigen Konditionen zukaufen. Das Mercedes-Angebot car2go bindet die Vertreter und Werkstätten derzeit nur bei Zulassung, Wartung, TÜV und Reparaturen ein. Reinigung und Betankung werden durch einen externen Dienstleister erledigt. Auch Kundenberatung und -registrierung findet nur in Einzelfällen im Autohaus statt, da das Ergebnis nach Angaben des Herstellers nicht im Verhältnis zum Aufwand bzw. Ertrag (Mitarbeiterschulung, Lage der Händler) steht. Bei Volkswagen ist gar keine Einbindung der Händler vorgesehen. Bei den Audi-Angeboten "Shared fleet" und "Select" (siehe Beitrag S....) machen derzeit 26 Pilotpartner mit. Innerhalb der nächsten zwölf Monate sollen beide Produkte für eine mögliche weitere Skalierung vorbereitet werden, heißt es aus Ingolstadt. Der Vertrieb soll ausschließlich über den Handel erfolgen. Ford mit gutem Beispiel Sehr gut organisiert, vernetzt und verbreitet ist das Ford-Angebot, das der Hersteller zusammen mit der Dienstleistungsgesellschaft des Händlerverbandes (FHD) aufgesetzt hat. Es hat sozusagen das Beste aus beiden Welten: Der Hersteller unterstützt den Fahrzeugeinkauf für die Händler mit einem attraktiven Werbekostenzuschuss und kümmert sich um Organisation und Marketing. Die FHD kümmert sich um die Prozesse und die Umsetzung vor Ort. In 70 Städten sind bereits Ford-Händler mit Ford Car-Sharing aktiv, 150 Standorte sind aufgeschaltet. FHD-Geschäftsführer Manfred Reddig, der das Projekt vor zwei Jahren gemeinsam mit Ford angestoßen hat, sieht Potenzial für 120 Partner in zirka 180 Städten mit über 40.000 Einwohnern. Auch sein Credo ist: "Es gibt uneffektiveres Marketing." Das Autohaus bekommt Kontakt zu Offiziellen der Stadt, die beklebten Fahrzeuge sind im Stadtbild sichtbar und es kommen Kunden ins Autohaus, die sonst nicht den Weg gefunden hätten und möglicherweise potenzielle Käufer sind. Ein großer Vorteil des Ford Car-Sharing-Ansatzes: Da von vornherein mit dem Marktführer DB Rent zusammengearbeitet wurde, konnte deren Know-how genutzt werden. Für Hard- und Software gibt es Rahmenverträge mit DB Rent. Mit der "Flinkster"-Plattform der Bahn-Tochter wurden auch gleich 300.000 Nutzer für den Start im Autohaus eingebracht. Ford geht davon aus, dass sich durch weitere Kooperationen seitens der DB Rent das Car-Sharing-Netz für die Nutzer noch weiter vergrößern wird. Aber auch wenn Hard- und Software, auch wenn die Prozesse und Systeme stimmen: Einfach nur dasitzen und darauf warten, dass jemand kommt, wird sicher nicht zum Erfolg führen. Alle, die im Car-Sharing schon aktiv sind, sind sich einig: Ohne ein besonderes Engagement geht nichts. Kurzfassung Ein Car-Sharing-Angebot in der Stadt oder auf dem Land anzubieten, kann sich für Autohäuser lohnen. Einige Betriebe machen es schon vor und arbeiten mit Gemeinden, anderen Car-Sharing-Anbietern, Wohnungsbauunternehmen oder Gewerbetreibenden zusammen.

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