Volvo Deutschland: Effizienzsteigerung in bestehender Struktur

Neue Produktpalette, Erweiterungen der Serviceleistungen, neue Finanzierungs- und Leasingangebote, neues Versicherungsangebot, professionelleres Gebrauchtwagengeschäft - Volvo ergreift seit der Verkündung des Wachstumsplans in 2013 viele Maßnahmen, um die bis 2020 geplante Verdoppelung der Stückzahlen zu erreichen. 2015 gelang eine Steigerung von über 13 Prozent auf 36.120 Verkäufe. 2016 sind 39.600 Einheiten geplant. Die Herausforderung für die derzeit 261 Händlerbetriebe und 67 reinen Servicestandorte ist nicht nur diese Fahrzeuge zu verkaufen, sie müssen auch mit den weiter geplanten Steigerungen im Alltag zurechtkommen. Um sie zu motivieren, diese Aufgaben anzugehen, hat der Hersteller vor kurzem allen Händlern die für die nächsten Jahre geplanten Fahrzeuge gezeigt. Was genau geplant ist und wie die Ziele umgesetzt werden sollen, erläutert Volvo Car Germany Geschäftsführer Thomas Bauch im Gespräch mit AUTO-HAUS-Redakteurin Doris Plate. AH: Herr Bauch, Sie haben die Händler eingeladen, um ihnen in Göteborg die neuen Modelle zu zeigen. Wann kommt da was? Thomas Bauch: Wir bieten in den kommenden Jahren drei Fahrzeug-Familien an - 40, 60 und 90 - und davon gibt es dann jeweils eine Limousine, einen Kombi, einen SUV und einen Cross Country. In Summe also zwölf höchst attraktive Autos. 2015 kam schon der neue Volvo XC 90 auf den Markt, 2016 folgen die Limousine Volvo S90 und der Kombi Volvo V90. Früh in 2017 geht es mit dem Volvo V90 Cross Country weiter, anschließend freuen wir uns auf die 60er Familie und die 40er. 2019 stellt Volvo dann auch ein rein elektrisches Fahrzeug vor. AH: Wie viele Zulassungen will Volvo in drei Jahren mit diesen neuen Fahrzeugen in Deutschland machen? Th. Bauch: Wir wollen 2020 hierzulande zwei Prozent Marktanteil erreichen. Bei einem Gesamtmarkt von drei Millionen wären das 60.000 Einheiten. In den Premiumsegmenten, in denen wir Autos anbieten, soll unser Marktanteil von derzeit 4,8 auf sieben Prozent steigen. Händlernetz soll nicht wachsen AH: Wie soll das Händlernetz aussehen? Th. Bauch: Wir haben uns bewusst dafür entschieden, das Händlernetz nicht zu erweitern. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem aktuellen Händlernetz eine sehr motivierte, markenorientierte Organisation haben. Wir sind damit definitiv in der Lage, unseren Umsatz zu verdoppeln. Schon früher haben unsere Betriebe mehrfach um bzw. über 40.000 Einheiten verkauft und damit bewiesen, dass sie diese Anzahl von Fahrzeugen auch im Service betreuen können. Dennoch ist der Schritt zu 60.000 Einheiten groß. Wir denken aber, dass das durch entsprechende Effizienzsteigerungen erreichbar ist. Wir wollen diese grundsätzlich aber nicht mit Investitionen in mehr Hallen, mehr Hebebühnen usw. erreichen, sondern diese im Wesentlichen mit den Menschen schaffen, also Qualifikation, Teamarbeit, Kommunikation usw. in allen Bereichen verbessern. AH: Das soll in der Werkstatt mit dem sogenannten "Personal Service" gelingen? Th. Bauch: Der sogenannte Volvo Personal Service ist ein innovatives Konzept, das aus drei Elementen besteht: 1. Lean, das heißt kurze Wege für den Monteur. Das bedeutet z. B., dass das Werkzeug nicht in einer Werkzeugkiste liegt, sondern an einer Wand angebracht ist, an der man sofort sehen kann, was wo ist. 2. Multi Skilled Teams (MST), das heißt mehrere Personen arbeiten gleichzeitig an einem Fahrzeug. Das erhöht den Durchsatz pro Hebebühne. Zum Beispiel kann ein Monteur alles abarbeiten, was links vorne am Fahrzeug gemacht werden muss, der andere das, was rechts vorne durchzuführen ist. Um die Mechaniker und Serviceberater auf dieses System umzustellen, brauchen wir einen erheblichen Schulungsaufwand. 3. Personal Service Technician (PST), das heißt die Direktannahmekapazität wird erweitert, indem auf allen Werkstattarbeitsplätzen Direktannahme angeboten wird. Und auch der Serviceberater bekommt neue Aufgaben: Er soll dafür sorgen, dass Kunden in die Werkstatt kommen, das bedeutet hauptsächlich Marketingmaßnahmen umsetzen. Darüber hinaus soll er die Teams in der Werkstatt unterstützen. Schrittweise Umsetzung AH: Das bedeutet eine Neuorganisation. Th. Bauch: Dieses Gesamtpaket ist derzeit dem einen oder anderen Händler zu viel, deshalb muss die komplexe Aufgabe sprichwörtlich in Scheiben geschnitten werden. Das muss nicht alles gleichzeitig getan werden. Jeder Betrieb kann sofort das Thema "Lean" umsetzen. Wenn eine effiziente Arbeitsplatzstruktur und kurze Wege geschaffen sind, kann man mit MST anfangen. Zunächst damit, dass interessierte Mitarbeiter entsprechend geschult werden. Vielleicht hat aber der einzelne Betrieb gar nicht das Personal dafür. Das muss dann erst noch eingestellt werden. Mit den neuen Aufgaben sind die Arbeitsplätze aber für besser ausgebildete Mitarbeiter attraktiver. Der letzte Schritt ist dann, aus den so entstehenden Teams einen PST, also sozusagen einen Sprecher, zu entwickeln. AH: Welchen Zeitplan haben Sie dafür? Th. Bauch: In diesem Jahr wollen wir das neue Konzept bei zirka 20 Betrieben implementieren, das heißt, zu den derzeit vier Pilotbetrieben sollen 16 hinzukommen. In Zusammenarbeit mit dem Händlerverband wollen wir dann deren Erfahrungen diskutieren und in die weitere Planung einfließen lassen. AH: Um den "Personal Service" anbieten zu können, müssen die Betriebe in drei Arbeitsplätze insgesamt zirka 120.000 Euro investieren. Wie rechnet sich das? Th. Bauch: Ja, da muss investiert werden, denn der Arbeitsplatz selbst muss umgebaut werden, um die oben genannten Maßnahmen durchführen zu können. Die Kosten dafür belaufen sich aber nicht im Schnitt auf 40.000 Euro je Arbeitsplatz. Ein Teil der Investitionen bezieht sich auf die Weiterqualifizierung der Menschen. Der andere Teil bezieht sich auf Investitionen in die Arbeitsplatzstruktur und hier ist die jeweilige Ausgangslage zu berücksichtigen. Wir haben zusammen mit der Kfz-Hochschule in Nürtingen ein Rechenmodell entwickelt, in das jeder Betrieb seine Daten einfüllen kann, um seinen Business Case zu ermitteln. Aus unserer Sicht rechnet sich die Investition grob gesagt durch die Verdopplung des Umsatzes sowie auch die bessere Ausschöpfung des Marktpotenzials. Und man muss immer bedenken: Die Alternative wäre, das Netz zu erweitern und damit weitere Wettbewerber für die bestehenden Betriebe einzusetzen. Online-Verkauf verzögert AH: Wie ist derzeit der Stand bei der Entwicklung des Online-Verkaufs? Th. Bauch: Das ist ein internationales Thema, dem wir uns nicht verschließen können. Gleichermaßen ist dieses Thema national in Deutschland nicht zu lösen. Wenn unsere Zentrale möchte, dass wir an dem Thema weitermachen, werden wir das tun. Meiner persönlichen Einschätzung nach wird das aber in 2016 nicht der Fall sein. AH: Herr Bauch, vielen Dank für das Gespräch! Interview: Doris Plate Kurzfassung Mit "Personal Service" soll die Volvo-Organisation die geplanten Verkaufssteigerungen im Service bewältigen können. Das neue Werkstattkonzept bedeutet mehr Durchsatz pro Hebebühne.

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