Ausgabe 21/2009: Droge Rabatt

Droge RabattRabattentwicklung E Drei Autoprofessoren zur Entwicklung der Rabatte im Autohandel und wie man damit umgehen sollte. von ralph M. meunzelNach Auslaufen der Abwrackprämie befürchten viele Händler eine weitere Verschärfung der Rabattsituation. Wir haben die drei Automobilexperten Prof. Bratzel, Prof. Diez und Prof. Dudenhöffer mit sechs Fragen (siehe Kasten) nach ihrer Einschätzung der weiteren Rabattentwicklung und nach Handlungsoptionen gefragt, wie Industrie und Handel gegensteuern können. Die Antworten zeigen von Frage zu Frage unterschiedliche Grade der Übereinstimmung, die vom Konsens bis zu echten Pro-und-Contra-Konstellationen reichen. Lesen Sie selbst: Professor Bratzel: „Geldwerte Vorteile statt Preis-Rabatte!“Die Antworten von Professor Dr. Stefan Bratzel (Leiter FHDW Center of Automotive, Bergisch-Gladbach):1. Frage: „Bedingt durch den zu erwartenden Nachfragerückgang wird der Druck der Hersteller weiter zunehmen. Insbesondere im Volumensegment erwartet ich nach dem Auslaufen der Umweltprämie ein für alle Seiten unverträglich hohes Rabattniveau.“2. Frage: „Grundsätzlich müssen die Hersteller in stagnierenden Märkten wie Deutschland ihre Markterwartungen auf ein realistisches Niveau reduzieren und entsprechend die Produktionskapazitäten anpassen. Hierzu gehört auch, dass das Denken und Handeln der Hersteller vielfach noch von einem „Wachstumsparadigma“ geprägt ist. In einem stagnierenden Markt gelten jedoch andere Gesetze. Dazu zählt etwa, dass die Vertriebsstrukturen und -bedingungen (wie auch Margenstrukturen, Standards) den neuen Realitäten angepasst werden müssen. Der Hersteller muss für nachhaltiges Wirtschaften im Vertriebsnetz sorgen. Das bedeutet auch, dass er ruinösen Preiswettkampf unterbinden muss.“3. Frage: „Der Handel darf nur Geschäfte tätigen, an denen er auch verdient. Einfache Preis-Rabatte sind zu vermeiden. Intelligenter sind dabei alle geldwerten Vorteile, die den Kunden ans Autohaus binden.“4. Frage: „Nein.“Professor Diez: „Rabatte 2010 nicht höher als in den Vorjahren.“Die Antworten von Professor Dr. Willi Diez (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft, Nürtingen-Geislingen):1. Frage: „Ich gehe davon aus, dass die Rabatte im Jahr 2010 nicht signifikant über denen der Vorjahre liegen werden. Zum einen stellen sich die Hersteller in ihrer Mengenpolitik auf das niedrigere Niveau ein, zum anderen sind die Rabattspielräume mittlerweile sowohl für Hersteller wie auch Händler ausgereizt. Im Leasingbereich rechne ich vor dem Hintergrund der Restwertpolitik sogar mit steigenden Leasingraten für einzelne Modelle, vor allem im Premiumbereich.“2. Frage: „Herstellerseitig geht es vor allem um eine angepasste Volumenpolitik. Außerdem hat sich gezeigt, dass durch Flatrate-Angebote (all inclusive) die Rabatte tendenziell reduziert werden können.“ 3. Frage: „Die Händler sollten vor allem bei neuen Modellen versuchen die Rabattspirale etwas zurückzudrehen. Ansonsten haben sie wenig Handlungsspielraum.“ 4. Frage: „Der Preisdruck im Neuwagenhandel wird hoch bleiben, insofern werden die Margen um die Null-Linie pendeln. Wichtig ist, den Neuigkeits-Effekt und damit die Begehrlichkeit bei neuen Modellen zu nutzen, um die höheren Nachlässe bei Modellen, die am Ende des Lebenszyklus sind, zumindest teilweise kompensieren zu können.“ 5. Frage: „Die Abschaffung der UPE würde das Problem nur verlagern, vielleicht sogar verschärfen, und zwar insbesondere dann, wenn die Händler zu geringe Aufschläge auf den Werksabgabepreis einkalkulieren und dann darauf doch noch Rabatte geben müssen. Ich bin daher kein Anhänger einer Abschaffung der UPE. Strategische Ansatzpunkte sind für mich: die Netzpolitik, das heißt Ausdünnung der Netze, um den Intrabrand-Wettbewerb zu reduzieren. Zweitens Vertriebswegedisziplin der Hersteller, also Einschränkung der Direktgeschäfte, vor allem auch bei Werkswagen. Drittens können Flatrate-Angebote ebenfalls einen Beitrag zur Reduktion der Rabatte leisten.“ 6. Frage: „Das Privatkundengeschäft wird sicher einen Einbruch erleiden, während ich für das Geschäft mit gewerblichen Kunden optimistisch bin. Die verbesserte Wirtschaftslage dürfte bei den gewerblichen Kunden wieder zu einer verstärkten Nachfrage führen. Außerdem zeigen unsere Analysen eine starke Korrelation zwischen den Aktienkursen und der Nachfrage nach Premiumautomobilen. Angesichts der Entwicklung des DAX im bisherigen Jahresverlauf verspricht dies gute Geschäfte für die Premiumhersteller in 2010.“ Professor Dudenhöffer: „Rabatte werden Spitzenwerte erreichen!“Die Antworten von Professor Dr. Ferdinand Dudenhöffer, (Lehrstuhl für A-BWL und Automobilwirtschaft, Center Automotive Research, Universität Duisburg-Essen):1. Frage: „Wir gehen davon aus, dass es in den ersten 4 bis 5 Monaten 2010 jede Menge an Tageszulassungen, Händleraktionen und Herstelleraktionen geben wird. Die Rabatte und Anzahl der Rabattaktionen werden einen Spitzenwert erreichen. Der Privatmarkt ist leer und die Importeure werden es 2010 nach der Abwrackprämie schwer haben. Bei den klassischen Firmenkunden-Marken wird sich das Rabattgeschehen auf dem Niveau des Jahres 2009 halten. Allerdings ist es bei den Leasing-Gesellschaften gut, dass der Wettbewerb über „künstliche“ Restwerte sich beruhigt hat. Nach meiner Einschätzung haben die Non-Captives hier zuerst in richtiger Weise gegengesteuert.“2. Frage: „Wir sind 2010 in einem deutlich schrumpfenden Markt mit jeder Menge Marken und überbesetzten Händlernetzen. Es ist Marktgesetz, dass in so einem Umfeld der Preiswettbewerb – sprich: die Rabatte – als Kundenlockmittel eingesetzt wird. Alles was wir tun können, ist zu vermeiden, dass die Extremsituation auftritt und man sich gegenseitig in der Rabattspirale weiter nieder-dumped.“ 3. Frage: „Der Handel muss sich marktkonform verhalten. Es macht keinen Sinn, jetzt den Waisenknaben zu spielen. Wir haben keinen ,Verkäufer‘-Markt. Es macht aber auch keinen Sinn, jetzt künstlich zusätzlich Marktanteile holen zu wollen. Vernünftiges kaufmännisches Verhalten und Verkaufen unter Einsatz der Incentives ist die richtige Maxime.“4. Frage: „Im Prinzip muss man das nicht. Aber es machen halt alle. Im Handel kann man diesem Teufelskreis nur entkommen, wenn man intensiver über neue Handelsformate nachdenkt. Im heutigen Autohaus bleibt wenig Spielraum, um den Neuwagenverkauf ertragreich zu gestalten. Auch Größe ist da nicht unbedingt der geniale Lösungsansatz, obwohl mit der Größe einige Kostenpositionen verbessert werden können. In einem überbesetzten Markt ist es nur möglich, vernünftige Gewinne zu erwirtschaften, wenn man nicht das gängige Muster befolgt.“5. Frage: „Sicherlich helfen Flatrates und Ähnliches die Kunden- und damit Rabatt-Transparenz zu verringern. Aber es ist eher ein Kurieren an Symptomen statt an Ursachen. Die Incentives werden damit nicht beseitigt. Flat-Rates haben zwar einerseits die Eigenschaft, dass die Marktanteile bei Finanzierungen, Versicherungen und Wartungen gesteigert werden, aber eben halt auch um den Preis des Margenverfalls bei heute noch ertragreichen Geschäftsfeldern. Ob sich das letztlich für den Handel auszahlt, kann man nicht zweifelsfrei sagen. Auf jeden Fall lohnt es sich für die Autobanken. Die Ursache für die hohen Rabatte sind der überbesetzte Markt und das wenig innovative Geschäftsmodell des Autohauses. Die wirkliche Innovation und Herausforderung besteht in einem neuen Vertriebsmodell, das deutlich weniger Kostenbelastungen mit sich bringt und Medien wie das Internet stärker einbindet.“ 6. Frage: „Wir gehen von einem Markt von 2,8 Millionen Pkw aus. Davon werden 650.000 echte Firmenkunden sein und der Rest sind eben Privat-, Händler-, Hersteller- und Vermieterzulassungen, sprich Verkäufe an Private über verschiedene Rabattkanäle.“ zDie sechs FragenDie folgenden sechs Fragen hat AUTOHAUS den Automobilexperten Stefan Bratzel, Willi Diez und Ferdinand Dudenhöffer gestellt:1. Welche Entwicklung der Rabatte im Automobilhandel erwarten Sie für 2010 (Volumen- und Premiumhersteller) im Vergleich zu 2009 bzw. 2008?2. Was müssten die Hersteller tun, um die Rabatte einzuschränken?3. Was kann der Handel tun, um die Rabatte einzudämmen?4. Hat sich der Handel damit abzufinden, dass im Neuwagenhandel nichts mehr verdient wird?5. Welche Möglichkeiten gibt es, die Rabatte zu reduzieren (Abschaffung der UPE, Reduzierung des Händlernetzes, Einführung der Flatrate usw.)?6. Wie lauten Ihre Erwartungen für 2010 hinsichtlich der Entwicklung des Privatkundengeschäfts und des Geschäfts mit gewerblichen Kunden?

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