Autohaus Paul: Digital First

Technologiefeindlichkeit kann man Bernhard Wasner aus dem beschaulichen Passau nicht vorwerfen. Im Gegenteil: Die Devise des Geschäftsführers heißt "Paul Digital" und gilt für die drei Standorte seines Unternehmens, des niederbayerischen Mercedes-Benz-Partners Josef Paul GmbH & Co. KG. Eine konsequente und weitsichtige Einstellung: Das Autohaus lässt sich die Digitalisierung nicht aufzwängen oder sich von neuen Technologien treiben, sondern gestaltet aktiv mit. Mehr als nur IT-Abteilung Dem "Digital Vehicle Check" als aktuelles Projekt liegt eine unkomplizierte Lösung zur Schadendokumentation zugrunde. Der Pkw- und Lkw-Servicebetrieb nutzt dafür eine unternehmenseigene, achtköpfige IT-Einheit, die Insisto GmbH. Neben dem Hauptsitz vor den Toren der Drei-Flüsse-Stadt ist das Spezialteam auch für die Belange an den weiteren Standorten in Dingolfing und Vilshofen zuständig. Ihre erste größere Errungenschaft war eine Lösung zur mobilen Dialogannahme mit Tablet. SERPa mobile ermöglicht u. a. die intelligente Verknüpfung mit dem DMS, Einträge ins Digitale Servicebuch sowie die digitale Unterschrift als Auftragsbestätigung. Diesem wichtigen Bestandteil des eigenentwickelten Moduls "SERPa" (Abkürzung für die Applikation "Service Paul") und des übergeordneten Paul Digital Prozess (PDP) widmete sich AUTO-HAUS bereits in Ausgabe 9/2014. Anreicherung der Fahrzeughistorie Ein jüngst ausgerolltes Projekt befasst sich mit der Zustands- und Schadendokumentation eigener Fahrzeuge sowie von Kundenautos. Der "Digital Vehicle Scan" (DVS) ermöglicht es dem Betrieb, automatisch und mit wenig Aufwand Fahrzeugchecks durchzuführen. Im Rahmen der Dialogannahme oder bei der Mietwagen-Rücknahme steuert einer von mehr als 350 Paul-Mitarbeitern das Gefährt durch ein spezielles Portal. Die Bilder werden automatisch über das Kennzeichen einem zugeordnet und über eine Breitbandkabel-Verbindung im IT-Rückgrat des Digitalen Autohauses, SERPa, abgelegt. Die Mitarbeiter können auf die Fahrzeugumfilmungen im Bedarfsfall beispielsweise über die Historie des Kundenfahrzeugs zugreifen. Es gibt viele Situationen, in denen Autohaus-Mitarbeiter froh über entsprechende Dokumentation sind: Bernhard Wasner gab in einem Vortrag auf dem AUTOHAUS-Serviceprozess im Juli einige Beispiele für Prozessverbesserungen im Autohaus. Einmal vereinfacht der Digital Vehicle Scan die Rücknahme von Leasingsowie Mietfahrzeugen und hilft bei der Professionalisierung des Gewerbekundengeschäfts. Zudem könnten Probefahrten automatisiert werden, schlug er vor. Darüber hinaus ergibt sich ein besseres Management der Werkstattersatzfahrzeuge und nicht zuletzt kann die Lösung zur besseren Bewertung von Gebrauchtwagen beitragen. Dabei denkt Bernhard Wasner über die Erfordernisse des eigenen Betriebs hinaus: In Hinblick auf das Wachstum von Carsharing-Systemen und neuen Konzepten zur Kurzzeitmiete von Fahrzeugen würden innovative Kontrollsysteme benötigt, erklärte er auf dem Kongress. Bereit für die Vermarktung Auch für die Logistikbranche ist DVS interessant. Die Lieferfahrzeuge werden schließlich sehr stark beansprucht und haben eine hohe Schadenquote. Um den Überblick zu behalten, dürfte die Nachfrage nach einer automatisierten und unkomplizierten Zustandskontrolle groß sein. Das System funktioniert mittlerweile so zuverlässig und lässt sich einfach in den Annahme- bzw. Rückgabeprozess integrieren, dass sich das Autohaus Paul vom Nutzer zum Anbieter wandelt und die eigene Lösung vertreibt. Es gibt derzeit in Zusammenarbeit mit der Daimler-Organisation drei Pilotprojekte im deutschen Mercedes-Benz-Netz. Eine digitale Schadendokumentation findet sich auf dem Areal der Niederlassung in Augsburg. In Bochum experimentiert die Fahrzeugwerke Lueg AG in direkter Nachbarschaft zum Amazon Logistics Verteilzentrum mit dem Fahrzeugscanner. Zur Unterstützung von ansässigen Logistikdienstleistern, die im Auftrag von Amazon fahren, werden fortwährend Transporter kontrolliert. Die Paketboten fahren vor Beginn und nach dem Ende ihrer Touren durch die Kontrolle. Positive Nebeneffekte des Engagements: In einer Pressemitteilung zur Investition in Bochum wies die Daimler AG darauf hin, dass die Kooperation Folgeaufträge bringen kann. So stehen Werkstatt und K&L-Spezialisten der Lueg AG im Bedarfsfall für Wartungs-, Reparatur- und Lackarbeiten an den Transporterflotten zur Verfügung. Und sollte ein Lieferfahrzeug längere Zeit ausfallen, dann gibt es den Mercedes-Benz Transporter zur Miete. Damit ist die Belieferung "auf der letzten Meile zu Kunden", wie es im Logistiksprech heißt, gewährleistet. Auch der Hersteller selbst nutzt die automatische Dokumentation: Beim Mercedes-Benz-Werk in Sindelfingen steht ein DVS-Portal vor der Werksausfahrt. Bereits zu Beginn von Fahrzeuglebenszyklus und Logistikkette werden demnach erste Einträge in der Fahrzeughistorie vorgenommen. Kurzfassung Der Mercedes-Benz-Partnerbetrieb Josef Paul aus Passau nutzt digitale Prozesse und Anwendungen, um den Servicealltag zu vereinfachen. Das aktuelle Projekt trägt den Namen Digital Vehicle Scan. Damit gelingt eine automatisierte Zustandsprüfung und Schadendokumentation. Hilfreich sowohl für Kfz-Service, GW-Handel sowie Mietgeschäft.

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