Finanzmanagement: Autohäuser richtig bewerten

Im Zuge von Refinanzierungsbemühungen von Autohausbetrieben haben Banken häufig Schwierigkeiten, die Werthaltigkeit der Spezialimmobilie Autohaus zuverlässig zu beurteilen. Dies resultiert insbesondere daraus, dass es für die Bewertung eines Autohauses unerlässlich ist, auch das entsprechende Geschäftsmodell zu berücksichtigen. In der Konsequenz werden viele zeitgemäße Autohäuser falsch oder zu niedrig bewertet. Insgesamt führt dies regelmäßig zu höherem Finanzierungsaufwand und schlechteren Konditionen. Häufige Fehlerquellen Einer der wesentlichen Punkte ist die Drittverwendungsfähigkeit. Dies beschreibt die gerade für Kreditinstitute wichtige Perspektive, die Immobilie im Falle einer freiwilligen oder erzwungenen Betriebsaufgabe einer anderen Nutzung durch einen Dritten zuführen zu können. Ob ein Autohaus als solches sinnhaft weitergeführt werden kann, ist insbesondere von Standort und Herstellerverträgen bzw. -vorgaben abhängig. Aber auch diverse andere Merkmale wie beispielsweise Grundstücksgröße, Gebäudelayout, Wettbewerbssituation und Marktanteile sind wichtige Kriterien. Aus Sicht des Immobilienbewerters lässt sich sagen, je höher die Marktanteile eines Autohauses sind, desto geringer ist das Verwertungsrisiko einzustufen. Nur eine gesamthafte Analyse kommt hier zu fundierten Ergebnissen. Auch die Mietansätze stehen nur selten in nachhaltiger Relation zu den aus dem Geschäftsbetrieb erzielten oder erzielbaren Umsätzen. Das unreflektierte Zugrundelegen von Vergleichsmieten des Umfelds, welche ggf. sogar kaum mit einer Kfz-affinen Nutzung in Bezug stehen müssen, ist in den wenigsten Fällen sachdienlich. Laufzeiten von Händler- und Serviceverträgen werden vielfach ignoriert, obwohl diese für die gesamthafte Nutzungsperspektive der Immobilie wichtige Anhaltspunkte liefern können. Ähnliches gilt für die Nutzungsdauer der Immobilien. Ansätze, wie sie bei anderen gewerblich genutzten Immobilien getroffen werden, führen ebenfalls regelmäßig zu falschen Bewertungsergebnissen. Die Analyse des Umsatzes der zurückliegenden drei Jahre und die Ausprägung der unterschiedlichen Geschäftsfelder, insbesondere des Neu- und Gebrauchtwagenhandels, wird selten in dem notwendigen Umfang erbracht. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, die Verfügbarkeit von ausreichend Displayflächen im GW-Segment und die sich daraus evtl. ergebende Bedeutung für das Geschäftspotenzial zu plausibilisieren. In vielen Fällen werden diese Schlüsselfaktoren mangelhaft abgeleitet und erläutert. Gerade hier wird eine wichtige Chance verspielt, die Werthaltigkeit einer Autohausimmobilie fundiert und für einen branchenfremden Adressaten nachvollziehbar zu erläutern. Auf was ist zu achten? Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass eine finanzierende Bank ein vom Kreditnehmer vorgelegtes Gutachten nicht verwenden darf. Dementsprechend ist im Gespräch mit dem Kreditinstitut unbedingt darauf hinzuwirken, dass bei der Durchführung einer Wertermittlung entweder durch bankeigene Mitarbeiter oder durch sachverständige Dritte den oben beschriebenen Fehlerquellen ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt wird. In anderen Fällen war es aber auch schon vielfach hilfreich, das Bankhaus mit einem eigenen Gutachten zu konfrontieren, welches nachvollziehbar und schlüssig die wesentlichen wertbeeinflussenden Faktoren eines Autohauses aufnimmt. Unabhängig von der Frage, wer den Immobiliensachverständigen beauftragt, ist es als Eigentümer unerlässlich, sich für den Sachverständigen Zeit zu nehmen und sich mit diesem über Stärken, Schwächen und Perspektiven auszutauschen. Wichtige Kennzahlen, wie beispielsweise Umsatzentwicklung, Marktanteile im Neuwagengeschäft oder Standzeiten im GW-Segment sollten mit dem Sachverständigen diskutiert werden. Unterstützend ist es auch sinnvoll, mit diesem über die Wettbewerbsentwicklung am Standort zu sprechen. Dies ermöglicht unter Umständen die Präzisierung von wertrelevanten Lagevorteilen in der Wertermittlung. Alternative Bewertungsanlässe Das oben skizzierte Spannungsfeld ist selbstverständlich auch bei anderen Bewertungsanlässen, wie beispielsweise für bilanzielle Zwecke und/oder bei Verkauf des Betriebes relevant. Auch hier empfiehlt sich das gleiche Vorgehen. Zu berücksichtigen ist bei Häusern, die in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren errichtet wurden, dass diese überwiegend auch weiterhin Kfz-affin genutzt werden können. Anders kann es sich bei sehr viel älteren Immobilien verhalten. Hier ist schon seit geraumer Zeit zu beobachten, dass diese über die Jahre hinweg brach fallen. Bei diesen Liegenschaften kann man dann jedoch nicht mehr von einer Autohausnutzung sprechen, sondern muss sich mit Umnutzungsszenarien für das Grundstück beschäftigen. Klaus Wagner ist zertifizierter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken und unterschiedlichsten Gewerbe-, Büro- und Wohnimmobilien. Er ist Mitherausgeber des Buches "Bewertung von Spezialimmobilien", dessen erweiterte 2. Auflage 2018 beim Verlag Springer Gabler erscheint.

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