Ausgabe 21/2011: Ächtet die Bauernfänger

Ächtet die Bauernfänger39. Bundeskongress Kfz-Gewerbe E Die Branche freute sich über die guten Geschäftsbedingungen in diesem Jahr. Es gab aber dennoch genügend Anlass für kritische Töne, beispielsweise zur Rendite. von Kerstin HadrathQuasi zu einem Heimspiel begrüßte ZDK-Präsident Robert Rademacher die Teilnehmer zur 39. Bundestagung des Kfz-Gewerbes, die am 24. Oktober in Düsseldorf stattfand. Die Stadt sei sehr stark mit seinem automobilen Berufsleben verbunden, hätte er doch viele Jahre ganz in der Nähe sein Büro gehabt, erklärte Rademacher. Doch die Nostalgie wich schnell dem Hier und Jetzt. Nicht einer trostlosen, grauen Realität, sondern einer Wirklichkeit, die das Kfz-Gewerbe ob ihrer Freundlichkeit an gute alte Zeiten erinnern könnte. So sah denn auch der ZDK-Präsident die Bundestagung unter einem guten Stern. Er lobte die positiven Rahmenbedingungen, die sich aus guter Nachfrage, günstigen Zinsen, sich wieder verkürzenden Lieferzeiten und steigenden Gebrauchtwagenpreisen ergeben. Diese Rahmenbedingungen schlagen sich laut Rademacher in einer steigenden Händlerrendite nieder. In diesem Jahr werde voraussichtlich ein Wert um die zwei Prozent erreicht, der „nebenbei auch ,Bestwert‘ für dieses Jahrhundert“ sei. Doch trotz des höchsten Gewinns seit mehr als einem Jahrzehnt blieb die Freude verhalten. Rademacher bemängelte, dass die Rendite trotz der „märchenhaften Rahmenbedingungen“ nur am unteren Ende der betriebswirtschaftlich notwendigen Spanne zwischen zwei und vier Prozent liege. „Wenn nicht jetzt drei bis vier Prozent, wann denn dann?“, fragte der oberste Verbandsfunktionär ins Plenum. Bauernfängerei ist keine LeistungAls die Rendite schmälernd benannte Rademacher das Gebrauchtwagen- und das Neuwagengeschäft. Rückläufer seien immer noch zu teuer eingepreist, Zukäufe zur Abrundung des Sortiments nur sehr eingeschränkt möglich. Dies habe trotz anziehender GW-Preise einen sinkenden Bruttogewinn zur Folge. Nur die wenigsten Händler schaffen es, erläuterte Rademacher, die Verluste im Gebrauchtwagenhandel durch Gewinne im Neuwagenverkauf zu kompensieren. Grund hierfür seien eindeutig die Nachlässe, die immer noch viel zu hoch ausfielen, was angesichts langer Lieferzeiten völlig unverständlich sei. Die Schuldigen für den Konditionenverfall machte der ZDK-Präsident nicht bei den Herstellern, sondern in den eigenen Reihen aus. Es seien Händler, „die das Internet nicht als Werbe- und Informationsmedium, sondern zur Bauernfängerei nutzen. Da werden gängige Modelle mit 15 Prozent Nachlass in die einschlägigen Internetbörsen eingestellt. Fragt man nach, kann man fast Gift darauf nehmen, dass dieser Wagen bereits verkauft ist.“ Um nicht zu viele Geschäfte zu verlieren, müssten auch eigentlich vernünftige Händler auf diese irrealen Konditionen eingehen.Diesem gewinnschädigenden Gebahren Einhalt zu gebieten sei eine komplizierte Aufgabe. Die Fabrikatsverbände müssten zusammen mit den Herstellern Bonussysteme erfinden, die Leistung angemessen honoriere, aber keine Trittbrettfahrerei. „Wenn Händler Neuwagen nach den Vorgaben der Hersteller ausstellen, Interessenten beraten, Probefahrten durchführen etc. etc., dann sind das für das Fabrikat erbrachte ,Leistungen‘. Gängige Neuwagenmodelle zu Ramschpreisen ins Internet zu stellen, ist hingegen keine Leistung. Im Gegenteil, es ist ein Bärendienst an der Marke und ein eigentlich organisationsschädliches Verhalten, welches geächtet, wenn nicht gar bestraft werden müsste“, stellte Rademacher klar. Leistung müsse sich wieder lohnen. Bürokratische „Missgeburten“An die Bundesregierung gewandt lobte Rademacher die geplante Maßnahme zur Förderung der Forschung und Entwicklung im Bereich Batterie-Technologie. Bei zwei weiteren Themen hielt er sich mit Kritik jedoch nicht zurück. Das vom Kfz-Gewerbe befürwortete Wechselkennzeichen sei auf dem Weg, „eine Missgeburt“ zu werden. In der vorliegenden Form bringe das Wechselkennzeichen nichts, außer mehr Bürokratie. Beim Stichwort Bürokratie schwenkte der Verbandspräsident sogleich zum zweiten politischen Reizthema über, der Pkw-Maut. Er könne nicht verstehen, warum das Verkehrsministerium mehr Mittel beanspruche. Eigentlich sei genug Geld da. Zudem wäre es ein Trugschluss zu glauben, dass mit der Maut nennenswerte Mehreinnahmen durch ausländische Straßennutzer erzielt werden könnten. Da diese nur für fünf Prozent des Verkehrsaufkommens verantwortlich seien, würden die Mehreinnahmen gerade ausreichen, um die Kosten für die Mauterhebung zu decken.Mit Blick auf das kommende Jahr prognostizierte Rademacher einen leichten Abschwung der Neuwagenzulassungen, eine leichte Verbesserung im Gebrauchtwagengeschäft und Stabilität im Service. „Dabei unterstellen wir, dass aus den derzeit höchst spannenden – um nicht zu sagen: angespannten – Zeiten an den internationalen Finanzmärkten kein Horror-Thriller wird“, fügte er einschränkend hinzu. Hosen runterlassen?Bundesinnungsmeister Wilhelm Hülsdonk machte in seiner Rede auf eine weitere Entwicklung aufmerksam, die vor allem dem Kfz-Handwerk gefährlich werden könnte. Die Ertragsquelle Nr. 1 des Kfz-Gewerbes wecke Begehrlichkeiten. „Organisationen außerhalb des Kfz-Gewerbes möchten sich nur zu gerne ein Stück von diesem Kuchen abschneiden“, sagte Hülsdonk und illustrierte diese Feststellung mit den angeblichen Bestrebungen des ADAC, eine eigene Werkstattkette aufzubauen. Der Verband werde in dieser Sache weiterhin mit dem Automobilclub im Gespräch bleiben. Aufmerksam im Auge behalten werde man auch die – zunächst dementierten – Pläne des TÜV Süd, Flottenbetreibern Aufbereitungsdienstleistungen anzubieten. Über das zum Ende des Jahres startende Inspektionsportal von Autoscout24 äußerte sich Hülsdonk ebenfalls kritisch. Jede Werkstatt solle gut überlegen, ob sie im Internet ihre Verrechnungssätze für Inspektionsleistungen und die möglichen Ersatzteil-Aufschläge öffentlich machen wolle. „So interessant dieses Projekt für preisfixierte Autofahrer auch sein mag: Im Servicegeschäft, unserem Renditebringer Nummer 1, üben wir auf diese Weise selbst erheblichen Druck auf die Preise aus. Und wir lassen die Hosen runter, was unsere Kalkulationen angeht.“ Für das Zeitalter der Elektromobilität sieht Hülsdonk die Werkstätten gut gerüstet. Der Verband erarbeitet gerade Kriterien für die Vergabe des Zusatzzeichens „Fachbetrieb für Hybrid- und Elektrofahrzeuge“, das Innungsbetriebe tragen sollen, die sich für Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen qualifiziert haben. Die Entwicklung und Durchsetzungskraft des elektrischen Fahrens beurteilte der Innungsmeister eher verhalten: „Aus Werkstattsicht habe ich kein Problem damit, wenn sich die Elektro-Mobilität moderat entwickelt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass noch auf Jahrzehnte der Otto- oder Dieselmotor ,den Karren zieht‘.“ zLesen SIe hier......welche Themen aus Handel und Service ZDK-Präsident Robert Rademacher und Bundesinnungsmeister Wilhelm Hülsdonk auf der Verbandstagung ansprachen und wo sie Handlungsbedarf sehen. die wichtigsten Aussagen1. Zwei Prozent Rendite sind angesichts der sehr guten Rahmenbedingungen zu wenig.2. Preisdumping im Internet muss ein Riegel vorgeschoben werden. Bonussysteme haben sich an der Leistung zu orientieren.3. Wechselkennzeichen in jetziger Form und Pkw-Maut bringen nichts, außer Bürokratie.4. Bestrebungen außerhalb des Gewerbes, sich etwas vom Service-Kuchen abzuschneiden, müssen beobachtet werden.5. Verbrennungsmotoren werden noch auf Jahrzehnte das Werkstattgeschäft bestimmen. 6. Prognose 2012: sinkende NW-Zulassungen, leichte Verbesserung im GW-Geschäft, Stabilität im Service.

Ausgabe 21/2011: Ächtet die Bauernfänger

Ächtet die Bauernfänger

MEISTGELESEN

Auszeichnung: Mazda ehrt Spitzenverkäufer

Übernahme der LöhrGruppe: Van Mossel landet nächsten Coup

Exzellenz im Autohaus: Die besten Partnerbetriebe von Mazda

STELLENANGEBOTE

Garantie - Sachbearbeiter (m/w/d)

Allianz Gruppe - Außendienstmitarbeiter (m/w/d) als Gebietsleiter Automotive / Versicherungen für das Vertriebsgebiet West

BMW Serviceleiter (m/w/d)

Kaufmännische Leitung (M/W/D)

Kfz-Mechatroniker (m/w/d)

WEITERLESEN

NEWSLETTER