Von Alexandra Felts/SP-X
In der Summe mutiert auch eine Bagatelle zum Riesen: Nicht nur, dass jeder zweite Sachschaden, der einer Autoversicherung gemeldet wird, ein Park- und Rangierunfall ist. Für die Kosten dieser Schäden werden jährlich in Deutschland insgesamt rund 3,4 Milliarden Euro an Kunden und geschädigte Dritte ausbezahlt. Ein nicht unerheblicher Kostenfaktor für Versicherer, der durch den akuten Parkraummangel vor allem in Metropolen noch brisanter wird. Laut Allianz könnten jährlich 2,1 Milliarden Euro eingespart werden, wenn aktiv bremsende Park- und Rangierassistenten von vorn herein als Serienausstattung angeboten würden. Somit könnten gut zwei Drittel der Schäden in dieser Kategorie vermieden werden.
Doch wie gut decken diese automatisierten Parkpiloten mit Notbremsfunktion wie man sie heute beispielsweise bei BMW, VW oder Toyota findet, alle Risiken ab? Die Qualitätsprüfer des Allianz Zentrums für Technik (AZT) haben jetzt einen neuen Teststandard für Parknotbremssysteme entwickelt, den sie beim 6. Allianz-Autotag vorstellten. Sie nutzen dabei ausschließlich Systeme, die bei jedem Motorstart automatisch aktiv sind und nicht ausgeschaltet werden können. Typische Situationen: die mögliche Kollision mit einem anderen Fahrzeug, Poller oder Säulen. Die Techniker können nun messen, wie umfassend die Sensoren zum Beispiel niedrige oder schmale Hindernisse und auch den Winkelgrad, in dem sie stehen, erfassen.
Es kracht vor allem beim Rückwärtsfahren
Die Ergebnisse sind nicht nur für Hersteller von Fahrerassistenzsystemen wertvoll. Die realistischen Szenarien fördern auch andere Erkenntnisse zu Tage: Unfälle finden weniger beim Einparken als mehrheitlich beim Rangieren und Ausparken statt. Und es kracht, wie eine Unfallanalyse von Zulieferer Continental mit dem AZT entdeckte, vor allem beim Rückwärtsfahren. Außerdem schnitten Fahrzeuge mit akustischen Parkwarnsystemen nicht besser ab, als jene ohne Signal.
Das neu entwickelte Testverfahren hilft aber nicht nur, automatisierte Parkpiloten weiter zu verbessern. Der Schadenfreiheitsrabatt, stellte die Allianz in Aussicht, könnte sich zukünftig dann weniger am Menschen hinter dem Steuer orientieren, sondern an der Maschine mit ihren Assistenzsystemen. Das hätte auch Kostenvorteile bei der Tarifgestaltung für Kunden.
Im 100. Jahr der Kfz-Sparte blickte der Branchenriese zugleich nach vorn, in die Zukunft des Parkens: Automatisierung, Vernetzung und die Verdichtung des knappen Parkraums durch autonome Systeme wie Valet Parking, bei dem das Auto ohne Fahrer selbständig einen freien Platz ansteuert und auf Kommando einer App wieder vorfährt – vor diesem Hintergrund hofft die Allianz, dass sich auch die heutige riesige Schadenssumme tatsächlich auf eine Bagatelle reduzieren lässt.