HB ohne Filter: ZDK und Branchenpolitik +++ Teil-Lockdown +++ ATU-Filialschließungen +++ Ernst Prost
Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!
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30.10.2020ZDK und Branchenpolitik Zukunft +++ Teil-Lockdown - die Corona-Dynamik-Bremse! +++ ATU-Filialschließungen + Aktionen +++ Der Multi Ernst Prost
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ZDK und Branchenpolitik Zukunft
Eine virtuelle ZDK-Mitgliederversammlung, das hat es bislang noch nie gegeben. Das Branchenparlament tagt per Online-Stream! ZDK-Präsident Jürgen Karpinski wurde mit großer Mehrheit für eine dritte Periode im Amt bestätigt. Er steht für Kontinuität. Selbst Kontinuität braucht aber Ausrichtung. Sprich, wo blieb die einschlägige Regierungserklärung für die nächsten drei Jahre? Es mag ja den agierenden Leute in Bonn einiges vertraut sein, ist es aber in den Niederungen nicht. Worin liegt der Nutzen der Verbands-, bzw. Innungs-Zugehörigkeit? Hier einige Anmerkungen:
- Bis 2025 sollen 25 Prozent der Neuwagen über Online vertrieben werden. Der Direktvertrieb der Hersteller kommt. Welche Spielregeln und gezielte Aktivitäten setzt dafür der ZDK für den deutschen Markenhandel?
- Für 2022/2023 steht die Evaluierung der Vertikal-GVO und der Kfz-GVO an. An welchen Stellhebeln muss politisch konkret noch kräftig gepunktet werden?
- Im Mai wurde vom Kartellgericht in Wien die Importgesellschaft Peugeot in einem Urteil sehr kalt erwischt. Das Urteil hat Europawirkung, auch wenn Peugeot nun in Berufung ging. Machtmissbrauch, zumutbare Investitionen, Preisfreiheit waren markante Feststellungen bzw. Bedingungen. Garantie- wie Gewährleistungsvergütung muss kostendeckend sein. Kosten von Mystery-Shopping hat der Importeur zu bezahlen. Was macht der ZDK daraus?
- Beim MarkenMonitor 2020 schnitten die meisten Hersteller/Importeure mit Noten von 3,0 bis 3,8 ab. Welche Maßnahmen fordert der ZDK Richtung Hersteller-Importeure ein? Beispielweise im GW-Geschäft? Bruttoertragsverbesserung wurde im Teilebereich erzielt. Dieser geht aber in Wahrheit auf Preiserhöhungen zurück. Beim Audi Q3 kostet ein Scheinwerfer 800 Euro. 45 Scheinwerfer entsprechen dem Neuwagenpreis des Q3 von 36.000 Euro. So schafft man keine Kundenzufriedenheit, sondern treibt die Kunden systematisch aus der Markenwerkstatt und wundert sich.
- Wo steht der ZDK in Sachen E-Auto? Den Investitionen in die eigene Ladeinfrastruktur? In Sachen Ausbildung? VW-Chef Herbert Diess setzt radikal einseitig auf E-Autos. Und wo bleiben E-Fuels und Wasserstoff aus nachhaltigen Quellen, um auch für die Kunden und 48 Millionen Pkw-Bestandsfahrzeuge klimafreundlich zu machen? Wie sieht ganz konkret die Forderung des ZDK aus? Siehe da, am 30. Oktober, also heute, hat sich dazu ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn im Rahmen der Umsetzung der europäischen Erneuerbare-Energie-Richtlinie (RED II) durch das Umweltbundesamt geäußert.
- Die laufende Transformation wird maßgeblich über Digitalisierung gestaltet. Effizienzgestaltung! Wer hat dabei was zu liefern? Wo bleibt der klare Forderungskatalog des ZDK? IT-Struktur, Papierlose Verkaufs- und Serviceprozesse, elektronische Preisauszeichnung, Onlineterminvereinbarung, Fahrzeugkonfigurator, Internetgestaltung, Social Media, virtuelle Schulungen etc. Die geforderten Innovationen können gerade Klein- und Mittelbetriebe neben ihrer Alltagsarbeit nicht eigenständig leisten. Die KMUs machen aber 90 Prozent der ZDK-Mitglieder und Kfz-Innungen aus. Die digitale Fahrzeugzulassung und Abmeldung direkt im Autohaus ist eine wichtige, vom ZDK gestellte Forderung. Was läuft konkret für deren politische Umsetzung?
- Fügen wir hier das "Digitale Dienstleistungsgeschäft" namens OTA (OverTheAir), also die drahtlose Methode, Einstellungen und Updates auf Fahrzeuge zu übertragen an. (Tesla Autopilot, Mercedes neue S-Klasse). Wie sind bei diesen Geschäftsmodellen der Handel bzw. Servicebetriebe zu beteiligen?
- Daten werden gerade mit zunehmender Vernetzung der Fahrzeuge immer wichtiger. Welche Anforderungen stellt der ZDK für den Autohandel an den Umgang mit den Kunden- und den Auto-Daten?
- Der ZDK hat sich 2018 an Heycar beteiligt, ebenso an Diserva. Was ist Stand der Dinge?
- Bürokratieabbau. Welche fünf konkreten autohausspezifischen Bürokratien will der ZDK beseitigt sehen?
- Wenn eine Kfz-Innung wie Freiburg im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs für seine Management-Effizienz eine Auszeichnung erhält, weshalb wird ein derartiges Modell, das WIE nicht gezielt protegiert? Die Zukunft der Kfz-Innungen auf ewigen Plakettenverkauf anzulegen ist für ein zukunftsträchtiges Dienstleistungsunternehmen zu wenig.
- Wer seine Blicke über das Branchenparlament wirft stellt einen auffällig hohen Altersschnitt fest. Wo bleibt - auch für die Kfz-Innungen - eine originelle Nachwuchskampagne? Es wäre kein Fehler, ein Drittel im Branchenparlament wäre unter 50 Jahre alt.
- In die neue Amtsperiode fällt auch die "Nach-Koblitz-Ära". Wird der neue ZDK-Hauptgeschäftsführer dann endlich seinen Hauptsitz in Berlin einnehmen?
Wenn für den ZDK die Qualitätsmarke AÜK ganz oben auf der Agenda steht, so ist da der Nutzen für den einzelnen Kfz-Betrieb noch erklärungsbedürftig. Wie gesagt, an einigen der eben aufgezeigten Fragen wird gearbeitet. Aber viele warten noch auf klare, inhaltsstarke, zukunftsgerichtete Antworten. Man wünscht dem "neuen" Branchenparlament eine kreative, innovative, zukunftsweisende, vorausschauende Parlamentsperiode. Und dem ZDK-Präsidenten Jürgen Karpinski dabei weiterhin eine glückliche Hand. Kontinuität zu wahren und den "Laden" verträglich in seiner Vielfalt beieinander zu halten, ist schon eine besondere Leistung des sehr fleißigen Amtsinhabers. Auch darin eine gute Fortsetzung. Die schnellen Corona-Impulse des ZDK seit März seien besonders positiv hervorgehoben. Dennoch: Die Zukunft ruft!
Teil-Lockdown - die Corona-Dynamik-Bremse!
Der Monat November wird auch gerne als "Totenmonat" bezeichnet. Und die neuen Corona-Auflagen, die ab Montag, 2. November bis 30. November 2020 gelten, haben für die betroffenen Branchen (Gaststätten, Hotels, Kulturbetriebe, viele Solo-Selbständige) vielfach lebensbedrohenden Charakter. Der staatliche Ersatzumsatz, der nun den Betroffenen für November zur Verfügung gestellt wird, ist sicher keine Dauerlösung. Die Frage ist zu stellen, wie kommen wir in den Folgemonaten durch die Pandemie? Die Mitverantwortung aller über Masken, Abstand und Hygiene sollte geltender Konsens sein und bleiben. Wir werden weiter lernen müssen, mit dem Virus zu leben.
Der Einzelhandel und damit wir im Kfz-Gewerbe können ab Montag unsere Betriebe weiter offen halten. Vorgabe u.a., pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche darf sich im Verkaufsraum nur ein Kunde aufhalten. Dennoch, das konsumtive Gemüt wird im November auch die automobile Kauflust bremsen. Trotzdem: Das Beste geben und dranbleiben. Ja, es lässt sich zu jeder verordneten Maßnahme eine widersinnige Ausnahme darstellen. Will man aber die Neuinfektionen eindämmen, müssen die Kontakte der Menschen reduziert werden. Nachstehende Abbildung zeigt, wie ATU diese Woche seine Kunden für den Monat November informiert hat. Ergo: Verhaltenssicherheit schaffen!
ATU-Info zum Lockdown-Monat November
ATU-Filialschließungen + Aktionen
ATU hat im August 2020 angekündigt, bis zu 45 Filialen in Deutschland zu schließen, nachdem im April 2020 über die sechs Schweizer Filialen bereits das Konkursverfahren eröffnet wurde. Im Klartext, ATU geht es alles andere als gut. Das darf man auch ohne Coronaeinwirkungen so feststellen. Seit Firmengründer Peter Unger (76) sein Unternehmen 2002 an die Risikokapitalgesellschaft Doughty Hanson, diese 2010 an KKR und diese 2016 an Mobivia verkauften, steckt der Wurm drin. Weshalb? Sie wollen alle nur "Kohle ziehen"! Die meisten der 597 deutschen ATU-Standorte sind gemietet. Die Mieten wurden vielfach bis heute halbiert und trotzdem...
Ich habe mir die Schließung der ATU-Filiale in Kitzingen zum 30.9.2020 angesehen. Kitzingen hat 22.000 Einwohner. Die Kunden werden nun auf die beiden Standorte in Würzburg weiterempfohlen (siehe Abbildungen). Eingelagerte Reifen können noch bis 30.10.2020 abgeholt werden. Ein Blick in den Verkaufsraum ist abgedeckt. In der Werkstatt sind die ersten Hebebühnen abmontiert. Der Grund für die Schließung: mangelnde Profitabilität, kein zukunftsfähiger Standort. Wir halten fest. Ein Großunternehmen ist nicht mehr in der Lage, ein Filialsystem insgesamt wirtschaftlich zu gestalten.
Warum können aber eine kleine freie Werkstatt, ein Bosch Car Service in Kitzingen sich ganz gut im Wettbewerb behaupten? Es liegt an den handelnden Personen. Würde ATU vor Ort einen Magneten finden, dem die Aufgabe eines Standortes ein Anliegen wäre, würde der laufen. Wer diese Gaben aber mitbringt, macht sich lieber selbstständig. Auch dieses Beispiel zeigt, dass Größe allein kein Maßstab ist, sondern es auf die handelnden Personen ankommt. Das Kitzinger Abschiedsmarketing - siehe Abbildung. - kann man nicht als prickelnde Kunde ausmachen. Da wirkt die aktuelle Zentral-Aktion in Sachen Reifen schon mächtiger. Reifen-Montage für zehn Euro, bei Kauf von Winter- oder Ganzjahresreifen. Wie viele? Man beachte ebenso die besondere HU-Offerte sowie den ATU-Aufruf zum Kfz-Versicherungswechsel!
Seit 2018 ist Michelin mit 20 Prozent über Mobivia an ATU beteiligt. ATU hat seine Stärkenposition im Reifengeschäft. Man lasse sich mal nachstehenden Gedankenaustausch aus "Social Media" auf sich wirken. Ein Stück Realität.
Oder schauen sie sich die nächste Anzeige, Reifendruck auf MBUX an. Was bedeutet kPa? Die Einheit Kilopascal (1 kPa = 1.000 Pa = 0,1 N/cm2) wird in der Kraftfahrzeugtechnik beispielsweise für die SI-konforme Angabe des Reifenfülldruckes benutzt. Wie viele Autofahrer oder Autofahrerinnen sind nun eigenständig in der Lage u.a. bei der nächsten Tankstelle den mangelnden kPa-Luftdruck vorne rechts mit dem Reifenfüllgerät zu egalisieren? So dieses überhaupt funktioniert. Viele Geräte zeigen "bar" an. Wie soll das gehen, wenn es einem nie einer gezeigt hat? Und da gibt es nach wie vor die Posaunisten, die meinen, man brauche keine Fachwerkstätten mehr?
ATU-Abbildungen
Diverse Reifen-Anmerkungen
Der Multi Ernst Prost
Letzte Woche habe ich mir erlaubt, Ernst Prost, Liqui Moly-Chef an dieser Stelle zum "Corona-Helden" zu machen. Weshalb? Es waren all seine unternehmerischen Botschaften, die er von Tag zu Tag als Mutmacher in einer markanten Offenheit im Liqui Moly-Internet postulierte. Sie werden es nicht glauben. Montags kam von ihm himself ein Dankesgruß. Diesen hatte er unter der Woche erweitert. Er trat bei AUTOHAUS auf in einem Podcast. Sie können diesen mit seiner ganzen Botschaft hier live erleben. Ernst Prost, abermals ein Mann der klaren Worte.
Nun muss man wissen, dass Ernst Prost (63) in Altötting geboren ist und dort im Schatten der "Schwarzen Madonna" aufwuchs. Das heißt, die "Katholische Klingelbeutelmentalität" hat sich sehr tief bei ihm verankert. Weshalb er mich aufforderte, ihm die Rechnungsadresse für nachstehendes Bild zu vermelden. Bei all seinem Pensum hat er immer besonderen Sinn für Humor. Ohne Frage, Ernst Prost ist bei Liqui Moly Star-Stürmer, Spielmacher und Kapitän. Er hat aber gleichermaßen seit Jahren in Mitgeschäftsführer Günter Hiermaier und Marketingleiter Peter Baumann kongeniale Mitspieler. Oder Tobis Gerstlauer, der seit Jahren die prost‘sche PR-Musik perfekt zu spielen weiß, der es eben geschafft hat, Liqui Moly zu beliebtesten "Öl-Marke" Deutschlands zu machen, trotz massiver Gegenwinde der großen Player. Schauen sie dazu das neueste Magazin von Liqui Moly an. Es dokumentiert das Multi des Ernst Prost.
Ernst Prost
Spruch der Woche:
Es wird so oft herausgearbeitet, welche Chancen Corona mit sich brächte. Digitalisierung, Homeoffice u.a. Für viele Menschen sieht das allerdings anders aus, ganz anders. Das war diese Woche eine Mail einer mir bekannten Flugbegleiterin:
Mit hoffenden Grüßen zum Weltspar- und Reformationstag
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Der nächste HB ohne Filter erscheint am 6. November 2020!