HB ohne Filter vom 20. Februar 2015
Die bayerische Tradition des automobilpolitischen Aschermittwochs fand heuer zum neuten Mal statt. Als Initiator und Mitveranstalter ist die Freudengross, wenn 750 Teilnehmer einem originellen Spektakulum folgen.
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20.02.2015Heute: Peugeots Spezialgruß zum Tag der Liebe, Toyota – das Maß aller Dinge, Automobilpolitischer Aschermittwoch, Rückerstattung von Gewährleistungs- und Garantiearbeiten für Kfz-Reparaturen, Die offene Meinung.
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Peugeots Spezialgruß zum Tag der Liebe
Es ist schon ein bemerkenswertes Phänomen, was da die Floristiker jedes Jahr zum 14. Februar symbolisch in die Welt setzen: Den Tag der Liebe, den Tag der Liebenden! Mit dem Märtyrer St. Valentin hat das nichts zu tun. Oder nur mit viel Fantasie. Blumen sind das Lächeln der Erde. Dazu werden nun zum großen Tag Tonnen von Rosen importiert.
In sehr sympathischer und kreativer Art hat nun Peugeot den Valentinstag zum besonderen automobilen Kontakttag erhoben. An zielgruppengerechten Autos, die reif für eine Neuanschaffung sind, wurde der Umschlag mit dem Herzen und einem soften Anschreiben am Scheibenwischer angebracht. Das gelungene Anschreiben lädt förmlich zum "Umparken" ein. Mit Telefonnummer und Internetadresse von Peugeot. So schafft man sympathische Vorstellungsbilder, Image. Gratulation!
Toyota – das Maß aller Dinge
Legt man den Gewinn eines Unternehmens als eigentlichen Maßstab zugrunde, dann erwirtschaftete Toyota 2014 etwa dreimal soviel Gewinn wie GM und doppelt soviel wie VW: 20 Milliarden Euro! Der Konzern verkaufte wie erstmals Volkswagen 2014 über zehn Millionen Fahrzeuge, ist dabei aber so profitabel wie BMW. Letzte Woche gab MB-Chef Zetsche die MB-Ergebnisse 2014 bekannt: Gewinn in Höhe von zehn Milliarden Euro, 2,5 Millionen verkaufte Autos, Lastwagen und Busse. Ein Rekordjahr in der Daimlergeschichte. Noch liegt Daimler gut 90.000 Einheiten hinter Audi und 160.000 Einheiten hinter BMW. Neue Modelle, vor allem im SUV-Bereich, sollen diesen Abstand verkürzen. Bis 2020 wollen die Stuttgarter Audi und BMW überholt haben. Zetsche: "Als Mercedes-Benz können wir kein andere Ziel haben, als der Beste zu sein." Die Frage ist nur, ob dafür die verkaufte Stückzahl und der Gewinn oder das beste Auto der Welt zu haben der eigentliche Maßstab ist. Es sollte das Auto sein. Und es sollte Mercedes heißen!
Ford schreibt für Europa in 2014 einen Verlust von einer Milliarde. Opel 840 Millionen Euro. Opel hat mit "Umparken im Kopf" zahlreiche Kreativpreise gewonnen und ohne Frage spürbare Imagewandlungen geschaffen. Entscheidend ist natürlich weniger die Werbung als vielmehr das Produkt im Verbund mit den verkauften Einheiten. Hier wurde leicht zugelegt. Allein die Werksschließung in Bochum hat 700 Millionen Euro Sonderkosten verursacht. In Russland hofft man auf bessere Zeiten. Die fünfte Generation des Corsa ist im Januar mit erfreulich vielen Bestellungen angelaufen.
Für Fiat bringt offensichtlich die Potenzpille "Blue pill" in Form des Crossover Fiat 500 X neues Leben in den Verkauf. Es ist nun die siebte Version des 2007 aufgelegten Retro-Bestsellers. Auch die Premiumstrategie für Alfa Romeo mit angekündigten neuen Modellen wirken sich positiv im Aktienkurs aus, aber noch nicht als amouröse Freude bei den Fiat-Alfa-Händlern in Form von verkauften Einheiten und Abschied aus der Verlustzone aus.
9. Automoilpolitischer Aschermittwoch
Die bayerische Tradition in Form des automobilpolitischen Aschermittwochs fand heute zum neuten Mal statt. Als Initiator und Mitveranstalter, AUTOHAUS, ist die Freudengross, wenn 750 Teilnehmer einem originellen Spektakulum folgen. Der grösste Stammtisch der Branche ist eine glückliche Mischung aus Klartext zu aktuellen Branchenthemen, Musik, Kabarett, Gaudi, Heustadelatmosphäre, speziellem Bier, Humor, verzaubernde Schönheit aus der Indivualisierungswelt, sprich "Miss Tuning", und freundschaftlicher Begegnung. Jeder kann bei diesem Branchenspektakel für fünf Stunden seinen Alltag abstreifen, obwohl einem der Spiegel daraus bayerisch direkt bzw. derb vorgehalten wird. Die Kfz-Innung Oberpfalz unter der Regie von Obermeister und Weltmeister Rudolf Angerer hat einmal mehr eine vorbildliche Organisations- und Regieleistung vorgelegt.
Mein Part lag im Spiegeln der besonderen Branchenthemen. Alle Welt wird heute bepunktet oder mit Sternen vesehen, von der Jugend bis ins Altersheim. Bald werden auf den Grabsteinen von jedem Noten stehen. 3+ meint dann, befriedigender Lebenslauf, überschaubare Lebensfreude mit Aufwärtstendenz. Man macht die Kundenzufriedenheit bei einigen Marken gar zum Margenbestandteil. Wer trägt denn die Verantwortung für über 310.000 Rückrufe in einem Jahr, weltweit sogar zwölf Millionen? Wer trägt die Hauptverantwortung für Garantie- und Kulanzfälle? Die Vergütungs- und Abrechnungspraxis der Garantiefälle schreit längst nach juristischer Klärung. Der ZDK fällt dazu einmal mehr über die Strategie der Stille, Stille und nochmals Stille auf. Man fühlt sich dort ob des eigenen Selbstverständnisses nicht für die Rendite der Branche verantwortlich, obwohl die Hütte brennt.
Obermeister Angerer und der Bayerische Landesverbandspräsident Klaus-Dieter Breitschwert arbeiteten in ihren politischen Reden die wirtschaftliche Bedeutung der 7.800 Kfz-Betriebe Bayerns heraus. Da schwang eine angemessene Portion Branchenstolz mit, der auch am Schluss der Veranstaltung beim geinsamen Singen der Bayernhymne unüberhörbar zur Geltung kam.
Ich kommentierte mit humoristischen Einlassungen u.a. die subtilen Margenkürzungen im Neufahrzeuggeschäft und empfahl, sich die Forderungen der chinesischen BMW-Händler zum Vorbild zu nehmen. Deren Solidarisierung bewirkte für 2014 eine BMW-Zahlung an die chinesische Handlerschaft von 700 Millionen Euro. 2014 schneidet die Branche mit einem Prozent Rendite ab. Dabei schreibt ein Drittel der Händlerschaft rot. Diese Feststellung hat nichts mit Jammern zu tun. Es geht um die Voraussetzungen aktiver Zukunftsgestaltung. Die Schere von (Standard-)Ansprüchen, gestiegenen Zufriedenheitswerten über neue, lichtschluckende, schwarze Fliesen und der monetären Gegenleistung geht immer weiter auseinander. Einseitig zu Lasten des Handels. Die Zitrone ist ausgedrückt. Hersteller/Importeure sind verantwortlich für Produkte, Marke und Vertrieb. Und das Thema Vertriebsgestaltung zeigt substanzielle Mängel.
Ich konnte es mir nicht nehmen lassen, mich bei den eigentlichen Schwaben aus Heilbronn, die eigens mit dem Bus angereist sind, von Herzen zu bedanken. Voran ging der Ehren-Obermeister Klaus Häberle, der Geschäftsführer Siegfried Heer. Den schwäbischen Schirm über alle hob der Landesverbandsgeschäftsführer Baden-Württemberg Carsten Beuss. Deutschland deine Schwaben. Deutschland deine Bayern.
Viele weitere Impressionen gibt es unter: www.autohaus.de/bilder-und-videos/automobiler-aschermittwoch-2015-1610439.html
Rückerstattung von Gewährleistungs- und Garantiearbeiten für Kfz- Reparaturen
Das Bundesgremium des Österreichischen Fahrzeughandels und die Kfz-Bundesinnung legen aktuell eine Studie zum Thema Garantievergütung vor, erstellt vom KMU Forschung Austria. Auf dem Perspektiv-Forum der AUTOHAUS akademie in Wien stellte der Vorsitzende Bundesgremium Fahrzeughandel, KommerzialR Ing. Josef Schirak die Ergebnisse der Analyse vor. Danach stiegen im Vergleich zur Vorstudie 2009 in Sachen Garantie und Gewährleistungen die Anforderungen an Equipment, Personal, Teileaufbewahrung und Administration, vor allem der Dokumentationsaufwand an. Ferner sind Mehrkosten für Ausrüstung und Ausbildung in den Werkstätten auszumachen. Natürlich darf man auch die Frage nach einem angemessenen Gewinnanteil stellen.
Die Detailanalysen ergaben, dass von der Annahme des Fahrzeuges bis hin zur Abrechnung mit dem Hersteller im Vergleich zum Kundenauftrag ein zusätzlicher Zeitaufwand von durchschnittlich einer Stunde 15 Minuten entsteht. Es werden aber zur Stunde ganze 75 Prozent des Kundenverrechnungssatzes bei Garantie- bzw. Gewährleistungen vergütet. Bei fehlender Kostenvergütung von 25 Prozent beim Lohn und 20 Prozent bei Teilen führt dies beim durchschnittlichen Kfz-Unternehmen in Österreich, das einen Netto-Jahresumsatz von rd. 2,9 Millionen Euro erwirtschaftet, zu einer (Voll-)Kostenunterdeckung von rd. 24.050 Euro. Statt 0,9 Prozent Umsatzrendite würden die österreichischen Betriebe 1,7 Prozent des Umsatzes erwirtschaften. Josef Schirak: "Wir sehen die Garantie- und Gewährleistungsvergütung als übergeordnetes Branchenthema an und werden das auf oberster Ebene mit den Importeuren zur Verhandlung bringen." Der ZDK möge sich an dieser politischen Einstellung als übergeordnete Instanz ein Beispiel nehmen!
Es gibt sie noch, die Sensation. Auf dem Perspektivforum der AUTOHAUS akademie in Wien trafen wir drei Generationen, die live zugegen waren und miteinander verschworen sind: Der Senior Josef Schirak (l.), Sohn Werner und Enkel Florian.
Josef Schirak Bundesvorsitzender des Österreichischen Automobilhandels
Drei Generationen im harmonischen Verbund, Josef, Werner und Florian Schirak aus St. Pölten
Die offene Meinung
Wir rufen in AUTOHAUS online stets zur offenen Kommentierung auf. Davon wird - wie zu lesen ist - auch Gebrauch gemacht. Es fällt allerdings auf, dass es oftmals von Woche zu Woche dieselben "Leserbriefschreiber" sind. Es fällt ebenso auf, dass die meisten unter Pseudonym schreiben. Warum? Gerne würde ich dem einen und anderen antworten. Aber nicht in die Anonymitas. Eigentlich sollte man alle "verborgenen Darstellungen" gar nicht veröffentlichen. Wer sich vor Repressalien schützen muss, der spricht das zuvor mit der Redaktion ab, dann lautet die Darstellung: Namen und Adresse sind der Redaktion bekannt.
Nachdem wir ja mit dem automobilpolitischen Aschermittwoch die Woche des offenen Wortes haben, erlaube ich mir an dieser Stelle obendrein eine grundsätzliche Anmerkung. Schließlich kommentiere ich nun seit 1998 Woche für Woche an dieser Stelle das Branchengeschehen. Bitte, wer trägt schon als Journalist die wertfreie Objektivität in sich? Das erhoffen sich einige, ist aber gar de facto nicht möglich. Es spielen bei allem Bemühen stets die Interessen und damit die Sichtweisen eine Rolle. Ja, ich vertrete mit Überzeugung die Interessen des Automobilhandels, des Mittelstandes. Das sehe ich nicht nur als meine Aufgabe an. Ich bin so frei und sage das für einige möglicherweise mit Anmaßung so offen: es ist meine Berufung.
Wie oft werden Zahlen vorgelegt, die oft übertrieben optimistisch und fortschrittsgläubig sind. Oder, kein Lebensweg kommt um Krisen herum. Krise als die entscheidende Zuspitzung einer schwierigen Entwicklung. Wie wird diese ausgehen? Hellseherei?! Wer sieht eine Geschäftsentwicklung nicht anders, wenn sie gut läuft als wenn sie kriselt? Dabei sind Entscheidungen oft mit einem Risiko behaftet. Tritt man dafür ein, den Internethandel in den Präsenzhandel des klassischen Autohauses zu integrieren, dann wird man von den Internetaktivisten als ewig Gestriger schubladisiert. Es wurde vor 15 Jahren schon vorausgesagt, dass der klassische Automobilhandel durch Internet weggefegt wird. Bislang hat die Branche die Veränderungsnotwendigkeiten gemeistert. Selbiges gilt auch für die automobiltechnischen Anforderungen. Ohne Frage, mancher ist dabei auf der Strecke geblieben. Das hat nicht einmal immer mit Selbstverschulden, sondern auch mit Schicksalsschlägen zu tun. Und vielfach mit Vertrauen.
Vertrauen ist nun mal die wichtigste Währung in alles. Das "System Vertrauen". Gefragt sind auf allen Ebenen Führungskräfte, die Vertrauen schaffen. Ich wünschte mir also in Kommentaren sehr wohl die Kritik an real existierenden Verhältnissen, zugleich aber auch den rationalen Aufweis nachvollziehbarer konstruktiver Alternativen, die konkrete Impulse zur Reform bieten.
Spruch der Woche:
"Wer deutlich spricht, risikiert, verstanden zu werden.“
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Kay Neidhardt
Michael Kühn