HB ohne Filter: Die 1.000 besten Autohändler +++ Bundesbürokratierepublik +++ Bayerische Kabarettistenpolitik
Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!
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14.06.2019Die 1.000 besten Autohändler - laut "AutoBild" +++ Bundesbürokratierepublik +++ e.Go "Life" im Kommen! +++ Bayerische Kabarettistenpolitik +++ Barhocker im Autohaus
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Die 1.000 besten Autohändler - laut "AutoBild"
Zum 5. Mal führte AutoBild im Verbund mit Statista die Aktion "Die besten Autohändler Deutschlands" durch. Die Sieger werden dann nach Postleitzahlen geordnet in AutoBild über 13 Seiten verteilt kleingedruckt aufgelistet. Die Beratung, das Angebot, der Preis, der Gesamteindruck werden als Beurteilungskriterien genannt. 59 Prozent der Befragten finden die Verkäufer für kompetent. 64 Prozent loben die Freundlichkeit. 71 Prozent sind mit der Transparenz der Angebote einverstanden. Nur 63 Prozent konnten beim Händler problemlos kurzfristig eine Probefahrt vereinbaren. 62 Prozent meinen, die Preisgestaltung der Händler sei im Vergleich zur Konkurrenz sehr gut. 63 Prozent freuten sich über die Möglichkeit, mit dem Verkäufer über den Preis reden zu können. 49 Prozent werden ihren nächsten Kauf beim selbigen Händler tätigen! 61 Prozent sagen, dass Autohäuser auch nach Vertragsabschluss zuverlässige Ansprechpartner bleiben. Das sind doch respektable Ergebnisse!
Man muss allerdings hinter die Kulisse schauen, um das lukrative Geschäftsmodell von AutoBild zu durchschauen. Statista schreibt 12.000 Kunden an, die die letzten drei Jahre ein Auto kauften. Außerdem kann jeder Kunde und jeder Händler per online eine Bewertung abgeben. Man staune über die Methodik: AutoBild hat 20.000 Händler eingeladen, ihre Kollegen per online zu bewerten. Wettbewerber bewerten sich gegenseitig! Und das in unserem Gewerbe. In Sachen Objektivität eine höchst fragwürdige Befragungsmethode! Die sind sich doch untereinander nicht "grün"! Außerdem, die Autohändler wie die Leser erfahren nie die genaue Auswertung der Ergebnisse. Der einzelne Betrieb wird mit einer Note dargestellt, meinetwegen 1,3. Wie diese Beurteilung, über wie viele Meldungen zustande kam, erfährt das jeweilige Autohaus nicht. Nach Abschluss werden die Prämierten angeschrieben. Sie können sich dann für zwölf Monate die Nutzung des AutoBild-Siegels erwerben - siehe Abb. Kosten: 3.500 Euro. Wer diesen Betrag entrichtet, darf auch die früheren Siegel im Verbund damit nochmals nutzen. Toll! Wenn von den 1.000 prämierten Händlern 700 mitmachen, so spült das AutoBild/Statista sage und schreibe 2,45 Millionen Euro in die Tasche. Sauber gschafft!
Händler äußern sich im Klartext: Die Wirkung des Prämierung sei sehr gut. AutoBild kennt jeder. Wer AutoBild liest, schaut sofort nach, ob sein Händler gelistet ist. Da kommen auch positive Rückmeldungen aus dem Social-Media-Bereich. Bei einem Händler schlug sogar der Herr Bankdirektor persönlich mit Glückwünschen und einem Präsent auf. Empfehlung: Vielleicht warten sie beim nächsten Mal, bis die offizielle Aktionsofferte abgelaufen ist. Dann greifen die nochmals an und sie sind dann mit einem Sonderangebot von 2.900 Euro dabei. Ich darf ihnen das so offen sagen, nachdem wir in jeder Ausgabe von AutoBild lesen müssen, wo es für die Autofahrer was am billigsten gibt.
Das magische AutoBild-Siegel
Bundesbürokratierepublik
Demokratie will verwaltet sein. Das ist der Preis der Freiheit. Dennoch, das Hemmende gilt es zu eliminieren. Bürokratie! Beispielsweise das Ziel: die papierlose Verwaltung. Die Große Koalition hat versprochen, bis 2022 alle Verwaltungsleistungen online zu offerieren. In Deutschland gibt es allein 575 verschiedene Verwaltungsdienstleistungen. Als ich mit dem früheren Landesverbandspräsidenten des Kfz-Gewerbes Bayern, Klaus Dieter Breitschwert, persönlich in München im Innenministerium in Sachen digitaler Fahrzeugzulassung und Abmeldung vorstellig wurde, machte uns der leitende Beamte klar, warum und wie das alles im Detail mit Berlin abzustimmen ist. Unglaublich, welche Detailvorschriften als gesetzliche Hürden da bestehen. Es dreht einem vor lauter Regulierungswut die Luft ab. Oder anders: Geht denn nichts mehr? Da sollte uns das dritte Bürokratieentlastungsgesetz in den Verwaltungsabläufen zahlreiche Entlastungen bringen. Ein so zähes Unterfangen. Dafür wurden eigens zwei Milliarden Euro zur Digitalisierung der Verwaltung zur Verfügung gestellt.
Es wäre wünschenswert, die Sache zu priorisieren, um in gewichtigen Dingen nach vorne zu kommen. Die elektronische Bilanz, die elektronische Steuerklärung. Aber so, dass das klappt und für die Steuererklärer auch zu Einsparungen führt. Wie einfach, die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege auf fünf Jahre zu reduzieren und das mit zeitnaher Betriebsprüfung zu kombinieren. Umgekehrt archivieren 75 Prozent der Betriebe ihre ganzen Belege noch immer auf Papier? Warum nicht digital? Oder selbst Rechnungen, die per E-Mail ankommen, haben selten eine digitale Schnittstelle, um direkt ins Buchhaltungssystem übernommen werden zu können. Manuelle Tätigkeiten sollten auf ein Minimum reduziert sein. Also, das komplette Rechnungsmanagement ist zu digitalisieren. Warum können dazu nicht nationale wie internationale Rechnungsstandards gesetzt, sprich vereinheitlicht werden? Die meisten Kfz-Betriebe haben elf Beschäftigte. Sie mögen sich um ihre Kernkompetenz kümmern und die Steuerberater haben hier als Digitalisierungschoaches zu wirken. Der staatliche Bürokratieabbau, eben auch vor Ort in den Kommunen, man denke an Bauanträge, all die Verordnungen und Auflagen beim Bauen (Brandschutzverordnung!) sind das eine, die Produktivität der Büroorganisation im eigenen Autohaus das andere. Es gilt hier, digitale Helfer am Arbeitsplatz gewinnbringend einzusetzen. Vom modernen Zeitmanagement mit Outlook bis zum Wahnsinnszeitfresser E-Mails.
e.Go "Life" im Kommen!
Prof. Dr. Günther Schuh macht diese Woche von Aachen aus abermals Schlagzeilen. Er stellt ein neues Flugtaxi ("Silent Air") elektrisch angetrieben vor. Der E-Transporter Streetscooter sowie aktuell der E-Kleinwagen e.Go tragen seine Handschrift. Das Fahrzeug wird in Aachen Rothe Erde produziert. Am 9. Mai 2019 startete die Auslieferung. Zur Stunde liegen 3.300 Vorbestellungen vor. Sie sollen bis Anfang 2020 ausgeliefert sein. Bis zum Produktionsstart gab es auch über diverse Zulieferer Anlaufschwierigkeiten. 2020 sollen dann 15.000 Exemplare produziert werden. Die Preise schwanken je nach Batteriestärke zwischen 15.900 und 19.900 Euro. Die Reichweite liegt je nach Batteriestärke zwischen 100 und 145 Kilometer. Als Vertriebspartner werden die MVV Energie AG (Mannheim) und Priogo AG (Zülpich) genannt. Stromkonzerne! (Noch) Nicht der klassische Autohandel. Sicher sind da auch Seiteneinsteiger wie Carwow zugange. Die Probefahrt wird im Showroom in Aachen angeboten. Offiziell heißt es, dass man Fahrzeuge dafür vorbereite. Um auf dem Laufenden zu bleiben, empfiehlt man den Interessenten, den Newsletter zu ordern. Da wird es nach und nach noch manche Mucken geben, bis e.Go "rund läuft".
Die Stromkonzerne mischen aktiv im Vertrieb von E-Autos mit
Bayerische Kabarettistenpolitik
Über viele Jahre trafen sich Jahr um Jahr über 800 Automobilisten in München zum Neujahrsempfang des Bayerischen Kfz-Gewerbes. Mit dem Präsidentenwechsel im Landesverband war die erste Neuerung, den Neujahrsempfang in einen Sommerempfang umzuwidmen. Ergebnis: halbe Besuchsfrequenz! Bislang war es Usus, einen Minister aus dem Bayerischen Kabinett als Hauptredner zu verpflichten. Vom Ministerpräsidenten bis zum Innenminister waren über die Jahre verteilt viele auch präsent. Das Kfz-Gewerbe zeigte sich bei 800 Besuchern stets vor der Politik von seiner kraftvollen Seite, was ja auch Tore öffnet.
Man kann nachvollziehen, dass es nicht immer ein ministerialer CSUler sein muss. Jetzt wollte man für den Sommerempfang am 27. Juni 2019 den Stellv. Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger verpflichten. Zu mehr als zu einer Anfrage hat es offensichtlich im Ergebnis nicht gereicht. Man hat angefragt! Statt des Niederbayern Hubert Aiwanger erwartet man nun – so die Ankündigung – als "Exklusiven Stargast": Wolfgang Krebs. Der ersetzt – mit Künstlergage ausgestattet – gleich drei Politiker. Der kann wirklich gut den Stoiber, den Seehofer wie den Söder mimen. Gaudi als verbandspolitischer Sommer-Höhepunkt! Die eigentliche politische Wirkung der ursprünglichen Idee ist damit dahin, wie eben der Bayerische Kfz-Landesverband seit zwei Jahren politisch bedeutungslos ist und vor sich hin dümpelt.
Barhocker im Autohaus
Der Herdentrieb im Gewerbe ist von besonderer Eigenart. Da meint die eine Marke, sie brauche Citystores, obwohl diese nachweislich unter Ertragsaspekten nur Verluste einfahren. Und trotzdem, er wird weiter favorisiert. Dann meint die nächste Marke mit Bartresen und Barhockern brillieren zu können. Ford sei hier als markantes Beispiel hervorgehoben (siehe Abbildung). Wer als Kunde diese Billigplastik in Orange und dann deren dünne Stäbe sieht, wird sich erst ob seines Eigengewichtes hinterfragen, ob dieser lausige Schemel 60, 70 oder maximal 80 Kilogramm "Hinterteil" aushält? Im Klartext, ein gestandener Schwabe hockt da nicht drauf, um Ford zu entdecken. Schauen sie die Beispiele von Mini oder ganz neu von Daimler an. Sie mögen gewiss etwas teurer sein. Es geht aber um Stil, um Anmutung, um Atmosphäre. Gegenwärtig sind die Barhocker bei Nissan angesagt. Denkt daran, der durchschnittliche Neuwagenkäufer ist 54 Jahre alt. Ab diesem Alter sitzen viele lieber auf einem normalen Stuhl oder Sessel. Stil ist Stil! Praktisch und bequem darf es ruhig sein.
Das praktische Beispiel
Spruch der Woche:
"Ich sehe uns als Volkswagen, was den Dieselskandal betrifft, nach einem Herzinfarkt immer noch in einer kritischen Lage.“ (Hiltrud Werner, VW-Rechtsvorstand)
Mit meinen besten Grüßen auf ein freudiges Wochenende
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Der nächste HB ohne Filter erscheint am 21. Juni 2019!