HB ohne Filter: Agenturvertrieb - die wahre Zukunftsmusik? +++ Mercedes-Wandlungen +++ Tankrabatt
Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!
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Datum:
03.06.2022Lesezeit:
10 minDie Themen: Agenturvertrieb - die wahre Zukunftsmusik? - Musterkostenrechnung +++ "Das Luxuriöseste oder nichts!" - Mercedes-Wandlungen +++ Tankrabatt - Drei Monate Mobilitätssubventionierung! +++ Die CO2-Bilanz für das Autohaus +++ Warum engagieren Sie sich?
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Montag, 30. Mai 2022
Agenturvertrieb - die wahre Zukunftsmusik? - Musterkostenrechnung
53 Prozent der Händlerschaft lehnt das Agenturmodell ab. Es gibt durchaus gute Gründe für das Agenturgeschäft. In Österreich wird bei Mercedes die reine Agentur bereits gefahren. Nach anfänglichen Schwierigkeiten scheint es so zu laufen, dass die MB-Partner damit inzwischen Geld verdienen. Die Käufer müssen sich umgewöhnen, dass die Autopreise nun überall gleich sind. Wir sprechen in Österreich von einer Mercedes-Marge zwischen sechs und acht Prozent.
Es gibt ohne Frage Vorteile für das Agentursystem. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb das gleiche Auto, also die gleiche Ware, mit einem Preisunterschied von bis zu 40 Prozent auf dem Markt erhältlich ist. Das ist unsägliche Geldvernichtung pur. Der virtuelle Direktvertrieb wird über diverse Online-Neuwagenbörsen von auto.de bis zu sixt-neuwagen.de u.a. unter Beteiligung von Händlern als Lieferanten praktiziert. Also von Anbietern, die keine Standards an der Stirne kleben haben. Seitens der Hersteller Tesla, Mercedes, Polestar, Citroen, VW, Opel, Peugeot u.a. ist der Direktvertrieb ebenso bereits aufgenommen. Es gibt keine exakten Marktdaten darüber, doch Insider sagen, dass derzeit 80 Prozent der Neuwagenverkäufe noch über den stationären Handel, nicht virtuell abgeschlossen werden. Das wird sich sicher weiter im virtuellen Sinne ändern. Und wenn dann groß proklamiert wird, dass die junge, digital affine Generation eine Transformation zum digitalen Vertrieb notwendig macht, dann nehme man zur Kenntnis, dass diese Generation zur Stunde ganze fünf Prozent der jährlichen Neuwagenzulassungen ausmacht. An diesen Beispielen erkennt man, wie da einige gezielt einseitig Stimmung machen und das Autohaus-Verkaufsmodell als antiquiert abtun.
Die wahre Zielsetzung
Den Herstellern/Importeuren geht es aber ganz markant darum, die Vertriebskosten zu senken. Wenn beispielsweise Stellantis vier bis fünf Prozent unechte Agentur-Marge ankündigt, ist klar, dass das vielfach alles andere als für viele Autohäuser kostendeckend sein wird. Ergo: Man führt damit systematische Netzreduzierung herbei. Man schickt seine "Partner" in Tavares-Manier mit System und Zeitverzug in die Insolvenz. Das senkt dann auch die Vertriebskosten, da im Insolvenzfall keine Händlerabfindung zu bezahlen ist. Außerdem kann man dann von den 14 Konzernmarken wie bei Stellanits viel einfacher mehr Marken unter dem Dach eines größeren Händlers konzentrieren.
Ein weiteres Beispiel: Es stehen gut 400 gekündigte VW-/Audi-Vertragshändler zur Verfügung, deren Vertrag 2023 nicht verlängert wird und wo der Audi-Hangar einer neuen Nutzung lechzt. Sie werden zur Stunde schon mit System von anderen Marken akquiriert.
Musterkostenrechnung aufzeigen!
So die echte Agentur wirklich die heilbringende Königsdisziplin ist, sollten die Hersteller bzw. deren teure Zuträger wie Capgemini & Co eine Musterkostenrechnung vorlegen, die die Varianten von der Basisprovision bis zu den variablen Spezialkomponenten den Kostenersparnissen im Handel aufzeigt. Die Personalkosten machen im Autohaus zwischen 60 und 70 Prozent der Kosten aus. Eine Malaise ist die Tatsache, dass gerade Mechatroniker nicht durch die Konkurrenz, sondern durch die Industrie abgeworben wird und dort 1.000 Euro im Monat mehr verdienen. Oder anders, der Handel kann diese Dimension nicht bezahlen. Bei 1,5 Prozent Rendite! Mit der angemessenen Bezahlung ist auch das Image für ein Autohaus verbunden. Es arbeitet doch wirklich einer nur gerne im Autohaus, wenn auch die "Kohle" stimmt.
Die Machart, wie man die Agentureinführung über die Bühne bringen will, gleicht gegenwärtig mehr einer gezielten Schwindsuchtaktion für den Automobilhandel als einer mit Transparenz und Offenheit geführten Veranstaltung. Es fehlt an der ehrlichen Gesinnung für Ausgewogenheit und Solidität in der Betrachtung.
WEITERLESEN in AUTOHAUS 10/2022: Agenturvertrieb - was Hersteller und Importeure planen
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Dienstag, 31. Mai 2022
"Das Luxuriöseste oder nichts!" - Mercedes-Wandlungen
Da gibt es bei Mercedes-Benz den "Schwaben-Slogan" "Das Beste oder nichts!" Dieser erfährt gerade eine Transformation zu "Das Luxuriöseste oder nichts!" Wer das neue Buch von Prof. Willi Diez "Verlorene Größe - Neue Horizonte", Das Ende von Daimler? liest, stellt für jeden bisherigen Vorstandsvorsitzenden eine eigene Welt fest. Die Ära Reuter, der "integrierte Technologiekonzern". Man wollte zu den Sternen fliegen. Die Ära Werner mit Smart. Die Ära Schrempp, auf dem Weg zur Welt AG. Dieser Ausflug kostete Daimler unzählige Millionen. Zetsche, Chrysler-Abwicklung, dann ein Produktfeuerwerk und ein Abschied in Demut. Und Ola Källenius meint, die Lkw-Sparte verselbständigen zu müssen und eine Wendezeit zum Luxussegment aufrufen zu müssen. Ein riskantes Unterfangen. Man kombiniert das mit dem Trend zum sauberen Öko-Auto und einer Zielrendite von mindestens 14 Prozent. Dazu zieht Mercedes u.a. ab 2023 im Vertrieb in Deutschland die echte Agentur ein, um eine einheitliche Preisgestaltung herbeizuführen, die Vertriebskosten zu senken und über den digitalen Direktvertrieb am Kunden selber dran zu sein. Man wird dann sehen, wie das bei einer gegenwärtigen Lieferfrist von zwölf Monaten gelingt.
Ob die Luxusstrategie aufgehen wird? Da werden sich einige Daimlerfahrer verabschieden, denen die Preislandschaft über 100.000 Euro für ein Auto suspekt ist. Källenius schafft so für andere Marken kostenfrei eine neue Zielgruppe. Källenius verabschiedet sich ferner im unteren Modell-Segment. Interessant, die A-Klasse wurde ursprünglich als Auto für junge Familien konzipiert, um auch das Alter der durchschnittlichen Daimlerkäufer von 56 Jahren auf 54 zu senken! Der Werbeslogan war von den Marketingstrategen so aufgesetzt: "Double income, no kids!" Die Sitzhöhe wurde dann besonders von den Rentnern angenommen. Rentner, die sich die überdimensionierten Daimler-Schiffe nicht leisten konnten, aber dennoch einmal in ihrem Leben Daimler fahren wollten. Auch, weil Rentner in den Städten schon wegen der Einparkproblematik kleinere Fahrzeuge bevorzugten. Die A-Klasse kam 1997 auf den Markt und soll nun nach 25 Jahren mittelfristig aus dem Verkehr gezogen werden. Man wirft eine ganze Zielgruppe einfach weg. Wie peinlich! Und was soll aus dem Werk in Rastatt werden?
Luxuriöses Kostendasein
Über Nachstehendes spricht und schreibt keiner: A- und B-Klasse sind hervorragende Fahrzeuge und haben eine hohe Akzeptanz. Aber Mercedes verdient an den Kleinwagen nichts, obwohl beispielsweise bei der B-Klasse für den elektrischen Fahrersitz 3.000 Euro (!) abgegriffen werden! Bei den Koreanern ist gleich auch der elektrische Beifahrersitz im Preis in der Grundausstattung inkludiert und mit sieben Jahre Neuwagengarantie ausgestattet. Im Klartext, man flüchtet ins Luxussegment, weil man mit solider schwäbischer Gesinnung und Gestaltung vor lauter Überteuerung im Kleinwagensegment gar nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Und wann, Herr Källenius setzen endlich die intern notwendigen Strukturanpassungen ein?
Welch ein "überzogener Luxus" an Bürokratie wird hier gezüchtet, Kohorten an Mitarbeitern zur Selbstbeschäftigung unterhalten, wenn ein MB-Vertreter bei einem Neubau sage und schreibe 800 Seiten Standard-Vorgaben abarbeiten muss? Ja, man sollte die Zahl der MBVD-Mitarbeiter in Berlin halbieren und alles würde viel, viel einfacher werden. Inklusive dem Bürokratiemonster Garantieabwicklung. Oder man denke an den jeweils individuellen IT-Schnittstellenzuschnitt, gerade für den Mehrmarkenhandel usw. Wann erhalten die Mercedes-Niederlassungen einen tragbaren Kostenmantel, diese Luxusoasen! Ja, das sind in der Tat Luxusdimensionen. Mag sein, dass man das "Feilen" in den oberen Etagen für "untere Notwendigkeiten" nie gelernt hat. Da würden sich ja einige selbst überflüssig machen. Källenius setzt hier die falschen Akzente. Ob man da wirklich noch sagen kann, die besten Manager in Deutschland sitzen bei Mercedes? Im Homeoffice!
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Mittwoch, 1. Juni 2022
Tankrabatt - Drei Monate Mobilitätssubventionierung!
Der Benzinpreis wird ab heute pro Liter um 35,2 Cent abgesenkt, der Dieselpreis um 16,7 Cent. Für drei Monate. Die Reduzierung der Energiesteuer, früher Mineralölsteuer genannt, macht das möglich. Die Aktion kostet Bundesfinanzminister Christian Lindner, sprich uns Steuerzahler, rund drei Milliarden Euro. Für die Umweltaktivisten ist es eine untragbare Aktion. Sie sehen im Verbund mit dem 9-Euro-Ticket und der Förderung der Bahn ein weiterer Schritt von der Abkehr der unbegrenzten Freiheit namens Auto. Jetzt wird zu derem Entsetzen das Autofahren, das man gezielt reduzieren will - dank FDP - auch noch subventioniert. Wir rechnen: Es passen 50 Liter in den Benzintank eines Autos. Dann sprechen wir pro Benzinfüllung von einem subventionierten Preisvorteil von 17,60 Euro. Das ist ein Wort! Oder im Restaurant einmal "Schniposa", Schnitzel, Pommes und Salat.
Die Politik ist in ihrem Ansinnen nun darauf angewiesen, dass sich die Mineralölgiganten Aral, alias BP, Shell, Total, Avia, OMV, die derzeit Milliardengewinne einfahren, auch das politische Vorhaben nicht für die eigenen Taschen durchstellen, sondern den "Tankern" direkt durchrreichen. Kartellamtschef Andreas Mund wird da genau hinschauen müssen. Die eigentliche Kontrolle werden aber die Benzin-Vergleichs-Apps auflegen, die dem Autofahrer aktuelle Empfehlungen für die reelle Umsetzung der Steuersenkung vermitteln. Und das zum gebündelten Ausflug am anstehenden Pfingstwochenende. Auf den guten Geist! Wer braucht ihn nicht.
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Donnerstag, 2. Juni 2022
Die CO2-Bilanz für das Autohaus
Wer beim Einkaufen, beispielsweise bei Aldi oder Rossmann, bei bestimmten Produkten hinschaut, wird dort an relevanten "Consumer Touchpoints" gezielte Klimaneutralitäts-Kommunikation feststellen. Da ist dann zu lesen: "Alterra ist jetzt klimaneutral". Und morgen könnte es in ihrem Autohaus heißen: "Autohaus Kuhn & Witte ist klimaneutral". Im Klartext, man kann den "Corporate Carbon Footprint" für sein Autohaus individuell messen lassen. Die durchgeführte Analyse zeigt dann Reduzierungspotential auf. Oliver Bohn, Geschäftsführer bei Kuhn & Witte in Jesteburg, hat dies zusammen mit ClimatePartner durchgeführt (www.climatepartner.de). Nicole Gwenner, die Umweltbeauftragte im Hause Kuhn & Witte, gab mir dazu wichtige Hintergrundinformationen.
Die Methodik hinter der Analyse basiert auf den Verbrauchsdaten. Der individuelle Fußabdruck wird jeweils für ein Kalenderjahr berechnet. Es gibt von ClimatePartner ein fertiges Online-Tool, indem jedes Jahr die aktuellen Zahlen und Fakten eingetragen werden. Rechnungen geben für die Eingabe gute Informationen. Oder für die Mitarbeiteranfahrt wurde im Hause eine Umfrage gemacht. ClimatePartner nimmt dann die finale Berechnung vor. Es geht um verschiedene Schwerpunkte, die im Hause CO2 produzieren. Sie werden aufgeteilt in so genannte "SCOPES". Der eine Scope ist zuständig für die direkten Emissionen wie Wärme oder Fuhrpark, der andere bearbeitet die indirekten Emissionen wie Strom. Oder ein weiterer die Emissionen wie Geschäftsreisen und Mitarbeiteranfahrt. Interessant, dass im Hause Kuhn & Witte 56 Prozent der Emissionen aus dem Bereich der Mobilität stammen. Die Handlungsempfehlung: Anreize für emissionsärmere Mobilität zu schaffen. Nicole Gwenner will dann in der jährlichen Fortschreibung nachhaltige Justierungen vornehmen.
So man den "Footprint" für ein Unternehmen messen kann, gelingt das erst recht für den eigenen, privaten Fußabdruck. Gehen Sie dem klimaneutralen privaten Pfingstgeist nach. Sie werden Test-Freude haben unter: www.wwf.de/themen-projekte/klima-energie/wwf-klimarechner
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Freitag, 3. Juni 2022
Warum engagieren Sie sich?
Ob Vereine, Parteien, Verbände, Gewerkschaften, Kirchen u.a. - es mangelt an Nachwuchs, an beherztem Engagement. Wo bleiben die Generationen X Y und Z? Aktives Ehrenamt bedeutet gesellschaftliches, oft auch soziales Engagement. Für die Gemeinschaft. Auf die Solidarität!
Emnid hat bei denen nachgefragt, die sich engagieren, weshalb sie sich engagieren? Hier die Antworten:
- 50 Prozent, weil sie das Gefühl haben, dass sie etwas bewirken und verändern
- 27 Prozent möchten etwas lernen
- 26 Prozent, weil sie das Gefühl haben, gebraucht zu werden
- 15 Prozent möchten sich angesichts der vielen schrecklichen Nachrichten nicht so hilflos fühlen
- 16 Prozent möchten neue Leute kennenlernen
- 15 Prozent bekommen Lob und Dankbarkeit für ihr Engagement und
- 9 Prozent möchten prinzipiell kein Ehrenamt übernehmen.
Die 235 Kfz-Innungen in Deutschland, ebenso die Fabrikatsverbände sind aufgerufen, hier besondere Aktivitäten für den Nachwuchs zu entfalten und den Jungen Perspektiven aufzuzeigen.
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Spruch der Woche
"Die Presse muss die Freiheit haben, alles zu sagen, damit gewisse Leute nicht die Freiheit haben, alles zu tun."
Mit besonderen "Spritgrüßen" zum Fest des Geistes, des guten Geistes
Mit den besten Mai-Grüßen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Der nächste HB ohne Filter erscheint am 10. Juni 2022!