Wärmemanagement Beim E-Mobil: Wer gut kühlt, der gut fährt!

AH: Herr Engheta, Herr Rotgeri, trifft der Spruch: "Wer besser schmiert, der besser fährt" künftig bei den Elektromobilen nicht mehr zu?F. Rotgeri: Mit Mobil EV gestaltet Mobil den Wandel vom Verbrenner zur Elektromobilität. Es geht weiterhin auch um die Schmierung, aber zusätzlich um die Kühlung des Elektromotors, der Batterie und der Leistungselektronik. Das funktioniert mit einem Produkt auf Ölbasis am besten.AH: Bei der Berichterstattung über die E-Mobilität denkt man vor allem an Reichweiten, Ladekapazität, Reifenverschleiß. Welche Rolle spielt künftig die Schmierung beim BEV?B. Engheta: Eine sehr große Rolle. Wir haben zwar ein BEV. Das heißt aber nicht, dass diese Fahrzeuge keine Schmierung benötigen. Ein E-Motor muss nicht geschmiert werden. Aber alles, was danach im Antriebsstrang kommt, benötigt weiterhin die richtige Schmierungstechnologie. Ein BEV könnte sich ohne diese Betriebsstoffe nicht fortbewegen. Die Komplexität eines Verbrennungsmotors entfällt, die Anforderungen an die Schmierung und Kühlung durch Öle bestehen allerdings weiter.Komplexe KühlungAH: Was ist jetzt die Herausforderung bei der Kühlung?B. Engheta: Die neue Komponente ist die Elektrifizierung und hier haben wir Lösungen entwickelt, abhängig von den Entwicklungszielen des Automobilherstellers, also unseres Kunden. Es geht um die Verbindung von elektrischen Komponenten und den Betriebsstoffen. Ein Wasser-Glykol-Gemisch kennt man als Kühlmedium in einer Mantelkühlung. Es darf nicht in Kontakt mit elektrischen Bauteilen kommen. Unsere Produkte können jetzt in direktem Kontakt mit der Hochvolttechnik und Leistungselektronik verbaut werden. Hier geht es um die Leitfähigkeit, die je nach Kundenanforderung eingestellt werden muss. Um zum Beispiel elektrostatische Aufladung zu verhindern, benötigt man eine entsprechende Leitfähigkeit. Eine weitere Anforderung kann die Selbstisolierung des Kühlmittels sein, um Entladungen der Batteriezellen zu verhindern. Das müssen wir mit den richtigen Formulierungen, also Additiven, ausbalancieren, um das passende Produkt zu kreieren. AH: Wie groß ist der Bedarf an dieser ausgefeilten Kühltechnologie?B. Engheta: Das hängt von den Prioritäten des OEM ab. Manche legen auf die Leitfähigkeit keinen großen Wert und setzen dann auf vorhandene Getriebeöle. Andere haben striktere Kriterien und dadurch steigen die Anforderungen an das Kühlmittel. Das hängt von der Leistungsklasse der Fahrzeuge ab. Wer viel elektrische Leistung abrufen und die Reichweite vergrößern möchte, hat (wie beispielsweise im Motorsport, Anm. der Redaktion) einen besonderen Kühlungsbedarf. Es muss also mehr gekühlt werden als bei einem Fahrzeug im A-Segment. Es ist eben ein Unterschied, ob Sie zum Einkaufen fahren oder auf die Rennstrecke gehen. Sofern die Kühlung fehlt, regeln die Fahrzeuge aufgrund des Bauteileschutzes ab. Die Spezifikation des OEM legt die Leistungsfähigkeit des Kühlmittels fest. Einsatz von AdditivenAH: Ist die Kühlung das einzige Kriterium?B. Engheta: Ein weiteres Kriterium ist der Einsatz von Additiven. Dabei geht es auch um die Themen Kriechströme, die dadurch hervorgerufen werden, oder um die Auflösung von Materialien und die Entstehung von Schwefelverbindungen, die Korrosion bewirken können. Die Fluide von "früher", also die konventionellen Getriebeöle, sind aufgrund der Bestandteile für die Elektromobilität in der Regel nicht anwendbar. Die Empfehlung lautet also, dass für die Kühlung von BEVs unbedingt neuentwickelte Produkte eingesetzt werden sollten. Das kann sonst schiefgehen. Es geht letztlich um die Entwicklung von langlebigen und effizienten Fahrzeugen. AH: Wie weit ist hier die Entwicklung fortgeschritten?B. Engheta: Man steht noch am Anfang. Da ist noch viel zu tun, und auch künftig wird es in diesem Bereich noch große Veränderungen geben. Dann wird das Thema auch salonfähig. Das Thema Sicherheit haben wir noch nicht angesprochen. Das steht aber an erster Stelle. Der Gesetzgeber stellt hier große Anforderungen. Es geht um die Verhinderung von Batteriebränden bzw. im Falle eines Falles um das Eindämmen des Brandes. Eine Batterie lässt sich direkt mit Fluid eben besser kühlen als per Luftkühlung oder mit einer Wasser-Glykol-Mantelkühlung. AH: Es geht um die Kühlung beim Laden und im Betrieb?B. Engheta: Ziel ist es bekanntlich, den Ladevorgang künftig nahezu so schnell wie einen Tankvorgang zu absolvieren. Wer innerhalb von fünf Minuten eine Batterie von 60 kWh oder größer laden möchte, benötigt sehr viel Leistung, also Stromstärke. Beim Laden, aber auch beim Entladen, entsteht Wärme, das kennt jeder von seinem Smartphone. Das richtige Thermomanagement ist hierfür besonders wichtig, auch um die Alterung der Batterie zu verringern. Kooperation mit PorscheAH: Wie sieht die Kooperation von Mobil1 mit Porsche aus? Ein elektrischer Sportwagen von Porsche stand auf der IAA Mobility.F. Rotgeri: Porsche hat vor zwei Jahren den Mission R vorgestellt. Bereits damals haben wir schon mit Porsche zusammengearbeitet. Dieses Konzept wurde auf den Prototyp GT-4 e-Performance übertragen. Es ging um die Entwicklung eines leistungsfähigen Kühlsystems, das für ca. 35 Minuten Renndauer stets die volle Leistung zur Verfügung stellt, aber auch die maximale Rekuperation, also das Wiederaufladen der Batterien während des Fahrens, ermöglicht. Die entstehende Wärme bei 800 kW bzw. über 1.000 PS ist dabei enorm. Dafür sorgt ein Kühlkreislauf, befüllt mit einem einzigen Mobil 1-Produkt und einem Volumen von ca. 30 Litern für die drei Bauteile: E-Motor, Batterie und Leistungselektronik. Unser Entwicklungsauftrag lautete: Wir benötigen ein Öl, das diese Kühlung bedient. Mit einem Elektrofahrzeug mit Wasser-Glykol-Kühlung können Sie vielleicht drei Mal per Kickdown beschleunigen; dann wird die Leistung aufgrund der konventionellen indirekten Kühlung abgeregelt, um das System zu schützen. Mit einer direkten Kühlung und unserem Fluid erreichen wir die volle Leistungsfähigkeit. B. Engheta: Die dynamische Spezifikation haben wir mit dem Kunden gemeinsam entwickelt. Es geht um Viskosität, Kühlfähigkeit und Langlebigkeit. Die thermische Haltbarkeit ist dabei auch ein wichtiges Kriterium. Es geht in der Serie um eine Füllung, die das gesamte Autoleben hält. Das ist im Motorsport natürlich anders. Hier geht es um die thermische Belastung. AH: Was fließt von den Erkenntnissen in die Serie?B. Engheta: In Sachen Elektrifizierung, kommen sich Motorsport und Serie sehr nahe. Man arbeitet enger zusammen bzw. die Wahrscheinlichkeit, dass Technologien vom Motorsport zur Serie etabliert werden, ist viel höher. Die mechanische Komplexität in der E-Mobilität ist geringer als bei der Verbrennertechnik. Es gibt viele Projekte, die unabhängig vom Motorsport ihren Weg zur Reife finden und wo der Fokus auf Themen wie Langlebigkeit und Sicherheit liegt. Wir lernen derzeit von beiden Seiten. Ob das Prinzip, über nur einen Kühlkreislauf zu verfügen, auch in der Serie umgesetzt wird, kann man derzeit allerdings nicht sagen. AH: Fakt ist allerdings, es wird keinen regelmäßigen Ölwechsel während des Betriebs mehr geben.B. Engheta: Davon können Sie ausgehen, jedoch wird es auch sicherlich Ausnahmen geben.AH: Klar ist auch, dass die Kühlmittel weiterhin fossiler Natur sind?B. Engheta: Hier macht der Kunde die Vorgabe. Wir erfüllen dann den Entwicklungsauftrag. AH: Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch!

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