Ausgabe 01-02/2014: Der beste Beifahrer

Aktuell liegt die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland so niedrig wie noch nie. Im Jahr 2012 kamen 3.600 Menschen auf den Straßen ums Leben. Täglich zehn Verkehrstote und 1.000 Schwerverletzte sind jedoch noch immer zu viel, nicht nur angesichts der Ziele der EU-Kommission, die Zahl der Getöteten im Straßenverkehr bis 2020 im Vergleich zu 2010 zu halbieren.Dieses Ziel wird sich nicht allein durch die Weiterentwicklung passiver Sicherheitssysteme wie Sicherheitsgurte, Knautschzonen und Airbags erreichen lassen. Großes Potenzial für die Unfallvermeidung schreiben Verkehrsexperten aktiven Sicherheitssystemen zu. Gerade im Hinblick auf Fußgänger, die überproportional häufig an Verkehrsunfällen beteiligt sind, aber durch passive Sicherheitssysteme nur begrenzt geschützt werden können, spielen moderne Fahrerassistenzsysteme eine wichtige Rolle. Sie dienen der Unfallvermeidung, indem sie den Fahrer dabei unterstützen, auf das Verkehrsgeschehen rechtzeitig und angemessen zu reagieren, und in Gefahrensituationen notfalls die Systeme des Fahrzeugs selbsttätig beeinflussen, um bspw. die Geschwindigkeit zu reduzieren.Kampagne pro AssistenzsystemeDa viele Fahrerassistenzsysteme wie Spurhalte-, Notbrems- oder Nachtsichtassistent aktuell beim Fahrzeugkauf nur gegen Aufpreis verfügbar sind, ist Aufklärungsarbeit gegenüber den Autokäufern besonders wichtig. Dieser Aufgabe nimmt sich die Kampagne "Bester Beifahrer" des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) und seiner Partner an. Die Kampagne liefert seit 2006 Informationen zu Nutzen, Funktionsweise und Verfügbarkeiten von Sicherheitstechnologien und Assistenzsystemen in Fahrzeugen. Ziel ist es, die Systeme klar und einfach zu erklären und ihr Sicherheits- und Komfortpotenzial herauszustellen."Fahrerassistenzsysteme gleichen Versicherungen", erklärt Jörg Ahlgrimm, Leiter Verkehrsunfallanalyse bei Dekra. "Man bezahlt für sie und hofft zugleich, sie nie zu benötigen." Dass die Systeme für den Fahrer kaum sichtbar und in normalen Verkehrssituationen auch nicht erlebbar sind, erschwert die Argumentation pro Fahrerassistent. Gemeinsam mit den Kampagnenpartnern, zu denen auch Dekra gehört, versucht der DVR, das Informationsdefizit abzubauen.Dekra ist seit 1925 der Verkehrssicherheit verpflichtet und engagiert sich über die Aktion "Bester Beifahrer" hinaus in weiteren Sicherheitsprojekten. So hat die Prüforganisation den Vorsitz des 2009 gegründeten Arbeitskreises "vFSS - vorausschauende Frontschutzsysteme" inne, dem alle deutschen, einige ausländische Automobilhersteller, die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und die Versicherungswirtschaft angehören. Sicherheitssysteme für den Fußgängerschutz zählen zu den Kernthemenfeldern des Arbeitskreises. Ziel ist es, international einheitliche Testverfahren für Sicherheitssysteme zu erarbeiten, um Entwicklungskosten auf Seiten der Automobilhersteller und -zulieferer zu reduzieren und die Marktdurchdringung zu erhöhen. Bei Tests von Fußgängerschutzsystemen unterstützt Dekra seit Sommer 2013 mit einer eigenen Testanlage, im Dekra Automobil Test Center, im brandenburgischen Klettwitz. Dort können die unterschiedlichsten Gefahrensituationen für Fußgänger simuliert werden.In Bedarfsanalyse integrierenMit Blick auf den Nutzen der Verkehrssicherheitsaktivitäten für Autohäuser und Werkstätten bringt Unfallanalytiker Ahlgrimm das Image des Autos ins Spiel: "Ob Prüfkonzerne wie Dekra, Automobilhersteller und Zulieferer oder der Handel - wir alle leben vom Automobil. Deshalb ist es in unserem ureigensten Interesse, Situationen zu vermeiden, die zu einer Verteufelung des Autos aufgrund seines möglichen Gefährdungspotenzials führen könnten." Mitarbeitern in Autohäusern und Werkstätten rät er, sich umfassend über den Entwicklungsstand bei Fahrerassistenzsystemen zu informieren, um Kunden entsprechend beraten zu können. "Sicherheit verkauft sich positiv, und viele Autokäufer sind heute bereit, Aufpreise für Assistenzsysteme zu bezahlen, wenn ihnen der Nutzen für Sicherheit und Komfort verständlich vermittelt wird", ergänzt Jens König, Experte aus der Unfallforschung im Dekra Technology Center.In die Bedarfsanalyse beim Neuwagenkauf fließen deshalb optimalerweise auch verstärkt Sicherheitsaspekte ein. Die Entscheidung für eines oder mehrere der für das jeweilige Fahrzeug erhältlichen Assistenzsysteme sollte auf Basis des individuellen Nutzungsverhaltens des Kunden getroffen werden. So bieten sich Nachtsichtassistenten und Müdigkeitswarner vor allem für Kunden an, die viel und häufig auch bei Dunkelheit im Auto unterwegs sind. Abstandsregler und Spurhalteassistent unterstützen bei häufigen oder längeren Fahrten auf der Autobahn, aber auch auf Landstraßen. Die Kampagne "Bester Beifahrer" gibt im Internet unter www.bester-beifahrer.de einen Überblick über die Fahrerassistenzsysteme. Zudem findet sich auf der Website eine Datenbank, über die sich die Verfügbarkeit dieser Systeme für die Modelle der meisten Marken abrufen lässt.Neues Handwerkszeug gefragtEine möglichst gute Marktdurchdringung von Fahrerassistenzsystemen trägt maßgeblich zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer bei. Dem Autohaus bietet sich darüber hinaus die Möglichkeit, höherpreisige Neuwagen zu verkaufen. Auch im Gebrauchtwagengeschäft werden Autos mit Assistenzsystemen zunehmend eine Rolle spielen, denn schon heute sind immer mehr junge Gebrauchte mit diesen Features ausgestattet, Tendenz steigend. Auch für GW-Verkäufer gehört das Wissen über aktive Sicherheitssysteme daher zum Handwerkszeug. Auch auf Werkstätten kommen neue Aufgaben zu. "Je mehr Elektronik im Fahrzeug verbaut ist, desto mehr Wartungsaufwand hat die Werkstatt. Hinzu kommen weitere Arbeiten an verunfallten Fahrzeugen, wie z. B. das Kalibrieren von Frontsensoren nach einem Auffahrunfall oder auch der Austausch ganzer Systeme", erläutert König.Die KampagneDie Kampagne "Bester Beifahrer" wurde 2006 vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) ins Leben gerufen. Unterstützt wird sie u. a. von Dekra, Bosch, Continental und den Unfallund Berufsgenossenschaften.Die Internetseite www.bester-beifahrer.de stellt Informationsmaterialien, eine Abfragedatenbank zur typengenauen Verfügbarkeit von Fahrerassistenzsystemen und einen Test zur Wahl des geeigneten Assistenzsystems bereit. Autohäuser und Werkstätten finden dort auch Flyer und Werbematerialien des DVR. Die Informationen sind auch über Apps für iOS und Android abrufbar.

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