Ausgabe 01-02/2010: Akkutausch statt Ölwechsel

Akkutausch statt ÖlwechselElektroantriebe E Die Mobilität aus der Steckdose ist momentan in aller Munde. Setzen sich Elektrofahrzeuge in der Zukunft flächendeckend durch, kommen auf die Werkstätten beachtliche Veränderungen zu. von Manfred SchlegelSpätestens seit der letztjährigen IAA beherrscht ein neues Schlagwort die Branche: Elektromobilität. Während es mittlerweile zum guten Ton eines Herstellers gehört, ein mehr oder minder ausgereiftes Fahrzeug mit Elektroantrieb vorzeigen zu können, befasst sich kaum jemand mit den Folgen für Autohäuser und Werkstätten.Eines ist sicher: Einen Boom auf das Werkstattgeschäft lösen die Elektrofahrzeuge nicht aus. Ganz im Gegenteil: Reparaturen an den Motoren kennen die neuen E-Antriebe nicht mehr – und ein Getriebe brauchen Elektromotoren in der Regel auch nicht. Also werden Motor- und Getriebereparaturen bei Fahrzeugen der Elektrogeneration der Vergangenheit angehören. Der Diagnose und dem Austausch gehört die Zukunft. Ein Austausch des Triebwerks soll bei Elektrofahrzeugen nicht mehr als 30 Minuten in Anspruch nehmen.Ölertrag fehltAm schlimmsten trifft den After Sales allerdings die Tatsache, dass Elektroantriebe nie mehr einen Ölwechsel benötigen. Und hier liegt der Hund begraben. Denn der Ertrag aus dem Geschäftsfeld Teile und Zubehör wird heutzutage zu 53 Prozent mit dem hochlukrativen Ölverkauf erwirtschaftet. Viele Autohäuser wären ohne das Geschäft mit dem flüssigen Gold schlicht nicht überlebensfähig.Dennoch besteht kein Grund zur Hysterie. Denn so schnell kommen die Elektrofahrzeuge nicht. Nicht einmal 50 Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb wurden 2007 in Deutschland zum Verkehr zugelassen. Für das Jahr 2020 prognostiziert das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) einen weltweiten Absatz von 3 bis 6 Millionen Elektrofahrzeugen. Die wenigsten Fahrzeuge davon finden ihre Käufer in Europa. Die großen Märkte für Elektrofahrzeuge sind Nordamerika und vor allem Asien. Für Europa prognostiziert das IFA einen Marktanteil von 1,8 Prozent im Jahr 2020, was 400.000 Einheiten entspricht.Der Markt für Fahrzeuge mit kombiniertem Elektro-Verbrenner-Antrieb nimmt hingegen deutlicher zu. Auf 3,1 Millionen Fahrzeuge europaweit im Jahr 2025 schätzt ihn das Beratungsunternehmen Oliver Wyman. Dies entspricht einem Marktanteil von knapp 12 Prozent.Werkstatt oder Elektriker?Nun stellt sich die Frage, wer die Komponenten des elektrischen Antriebs künftig wartet und instand setzt. „Das sind Teile des Fahrzeuges und deshalb gehören sie in die Kfz-Werkstatt“, mag man selbstsicher behaupten. So selbstverständlich ist dies jedoch nicht. RWE beispielsweise vermarktet in Nordrhein-Westfalen derzeit per Internet auf www.rwe-mobility.com Elektrofahrzeuge inklusive Ladestation. Sie basieren auf dem beliebten Fiat 500 oder als Transporter auf dem Fiat Fiorino. Zum Thema Service schreibt RWE auf der Website: „Service Basis-Fahrzeug durch Fiat-Service bundesweit – Service Elektro-Antrieb in Spezial-Betrieben NRW“.Dass die Trennung von Fahrzeug und Komponenten auf der Seite des After Sales möglich ist, zeigen Spezialanbieter wie Reifenhändler schmerzhaft auf. Mehr als zwei Drittel des Reifenabsatzes laufen heute am Kfz-Gewerbe vorbei.Dies macht den Handlungsbedarf deutlich: Die Trennung von Fahrzeug und Antrieb darf nicht Schule machen. Heute sind die Weichen für morgen zu stellen. Um neue Märkte zu gewinnen, gibt es zwei Erfolgskriterien: Erster am Markt zu sein und zugleich Bester zu sein. Das Zeug dazu hat das Kfz-Gewerbe zweifellos.Ausbildung anpassenUm für die künftigen Herausforderungen gerüstet zu sein, bedarf es vor allem der Qualifikation. Hier hat der ZDK bereits Vorarbeit geleistet. Die Akademie Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TAK) bietet seit geraumer Zeit die „Ausbildung zur Elektrofachkraft für Hochvolt (HV)-Systeme in Kraftfahrzeugen“ an. Dieser Kurs qualifiziert zur Spannungsfreischaltung von HV-Systemen und dazu, selbst Arbeiten an spannungsfreien HV-Komponenten durchzuführen.Parallel dazu untersucht die Abteilung Berufsbildung um ZDK-Geschäftsführerin Birgit Behrens die neuen Anforderungen der Elektro-Antriebstechnologie an die Ausbildung. Sie bereitet derzeit eine Handlungsanleitung für Ausbildungsbetriebe vor. Diese soll die Qualifizierung in dieser Thematik sicherstellen, ohne die Ausbildungsordnungen aufwändig verändern zu müssen.Damit sind die organisatorischen Grundlagen geschaffen. Nun kommt es darauf an, dass es das Kfz-Gewerbe schafft, sich als kompetenter Anbieter für die Reparatur und Wartung von Elektrofahrzeugen deutlich zu platzieren. zLesen SIe hier...Auch wenn sich Elektroantriebe in den kommenden zehn Jahren noch nicht flächendeckend etablieren werden, zählen sie zu den technischen Konzepten der Zukunft, die das Kfz-Gewerbe nachhaltig verändern. Im After Sales wird statt des Ölwechsels der Akkutausch gefragt sein. Zudem muss eine adäquate Ausbildung der Servicemitarbeiter sicherstellen, dass die Kfz-Werkstatt ihre Reparaturkompetenz nicht an andere Anbieter verliert. Regionale Verteilung von ElektrofahrzeugenJahr 2020in Tsd. Einheitenprozentualer AnteilMarktanteil in ProzentEuropa40013,31,8Nordamerika85028,33,7Asien1.70056,75,6Rest der Welt501,73,1Summe3.0001003,9Vorsicht HochspannungWas ist beim Umgang mit Hochvoltfahrzeugen (Hybrid- und Elektrofahrzeuge) zu beachten?1. Welche Gefahren lauern?Hochvolt (HV)-Systeme arbeiten mit mehr als 60 Volt Gleichspannung oder 25 Volt Wechselspannung. Schon diese Spannungen können lebensbedrohlich wirken. Die HV-Netze in Hybrid-Fahrzeugen arbeiten sogar mit bis zu 650 Volt. Beim Berühren von spannungsführenden Teilen kann es zu hohen Körperströmen kommen, die zu schweren inneren Verbrennungen und Herzkammerflimmern führen können.2. Wie kann an den Fahrzeugen sicher gearbeitet werden?Ein Wartungs-/Servicestecker (Service Disconnect) hat die Funktion, den Stromkreis zwischen den einzelnen Modulen in der Batterie zu unterbrechen. Sobald dieser Stecker entfernt wird, ist der Stromkreis in der Batterie und somit im gesamten HV-System unterbrochen.3. Woran erkennt man Hochvoltleitungen?Der HV-Kabelstrang von der Batterie zum Konverter/Motorgenerator ist an der orangefarbenen Ummantelung zu erkennen.4. Wer darf an Elektrofahrzeugen arbeiten?Allgemeine Instandhaltungsarbeiten an HV-Fahrzeugen (z. B. Arbeiten an der Abgasanlage, Ölwechsel, Reifenwechsel) können nach einer entsprechenden Unterweisung vorgenommen werden, solange die Sicherheitssysteme der HV-Anlage in Ordnung sind (z. B. keine Beschädigungen an den HV-Komponenten). Mitarbeiter, die Arbeiten an den HV-Systemen durchführen, benötigen die Qualifikation zur „Elektrofachkraft für HV-Systeme an Kraftfahrzeugen“.

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Akkutausch statt Ölwechsel

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