Von AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel
Die einschneidenden Veränderungen der individuellen Mobilität werden auch das After Sales-Geschäft dramatisch beeinflussen. Mit der konsequenten Ausrichtung auf die Elektromobilität und dem Ziel bis 2050 bilanziell CO2-neutral zu sein, hat sich Volkswagen selbst unter Druck gesetzt. Gleichzeitig erfordert die Digitalisierung eine neue Ausrichtung auf den Kunden und kann damit für eine Steigerung der Loyalität sorgen. Während die E-Mobilität die Umsätze im Servicegeschäft aufgrund der einfacheren Technik um bis zu 30 Prozent reduziert, sollen digitalisierte Kundenprozesse zu einer stärkeren Bindung des Kunden an seine Vertragswerkstatt führen und höhere Umsätze generieren bzw. die Verluste bei E-Mobilen ausgleichen – sofern man das lukrative Ölgeschäft in der Werkstatt nicht berücksichtigt. Auch für den Hersteller sind die Erträge aus dem After Sales-Geschäft essentiell.
Wie der Konzern diesen Geschäftsbereich künftig weiter ausbauen will, zeigten Christian Dahlheim, Leiter Volkswagen Konzern Vertrieb, und Imelda Labbé, Leiterin Volkswagen Konzern After Sales, am Montag nicht in der Höhle des Löwen in Wolfsburg, sondern bei der Cashcow auf dem Land: im größten Original Teile Center (OTC) des Unternehmens in Baunatal. 40 Prozent der Lagerfläche des weltweit tätigen Autobauers befinden sich hier. 2.400 Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Teileversorgung.
VW-Original-Teile-Center (OTC ) in Baunatal
BildergalerieDer wesentliche Treiber im After Sales ist laut Dahlheim der kontinuierlich wachsende Konzernfahrzeugbestand und die Steigerung der Kundenloyalität durch digitale Services. Derzeit betreuen 25.000 Werkstätten auf dem Globus 100 Millionen Fahrzeuge. Bis 2050 geht der Manager von 150 Millionen Autos aus, die von den zwölf Marken dann gewartet und repariert werden. Um das Wachstum im Vertrieb muss man sich also keine Sorgen machen. Es geht definitiv um die Sicherung des Teileumsatzes. Hier hat Volkswagen 2018 15,9 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Den gilt es weiter zu steigern. Dahlheim stellte aber auch klar, dass Volkswagen nicht wie ein Online-Händler agieren könne, der bei Bedarf auch höhere Lieferzeiten seinen Kunden zumuten könne. "Bei uns im After Sales muss praktisch jedes Ersatzteil sehr kurzfristig beim Kunden sein. Gleichzeitig sichern wir unseren Kunden zu, dass Fahrbereitschaftsteile bis 15 Jahre nach dem Produktionsende des Modells verfügbar sind."
Big-Data-Experten für den künftigen Teilebedarf
Dahlheim weiter: "Die E-Mobilität wird die Komplexität der Logistik zunächst weiter erhöhen (bis 2030, Anm. der Redaktion). Zum Sortiment der konventionell angetriebenen Fahrzeuge mit durchschnittlich 4.000 Teilen kommen Plug-in Hybride mit 4.500 Teilen und E-Fahrzeuge mit weniger als 3.000 Teilen." Um exakte Prognosen über den künftigen Teilebedarf zu erstellen, werde mit Big-Data-Experten des konzerneigenen DataLabs in München zusammengearbeitet. Um Teile nicht einlagern zu müssen, werde es künftig auch möglich sein, diese am 3D-Drucker zu erstellen.
Die E-Mobile stellen aber auch neue Anforderungen an die OTC. So werde derzeit ein Pilotversuch durchgeführt, um die optimalen Lagerbedingungen für die Batterien zu testen, die dann im Bedarfsfall sofort zum Einsatz kommen müssten, erklärte der Chef des Konzernvertriebs.
Wie sich Volkwagen den digitalen Service in der Werkstatt in Zukunft, die sogenannten "moments of truth 4.0" oder Servicekernprozesse, vorstellt, lesen Sie morgen auf AUTOHAUS.de!